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Nokia kann seine Talfahrt nicht stoppen

| 5 Lesermeinungen

Der Handyhersteller Nokia steckt in der Klemme: In der Oberklasse kaufen die Menschen lieber Smartphones mit Systemen von Apple oder Google. Und im Billigsegment graben die Asiaten den Finnen das Wasser ab. Eine neue Strategie soll es jetzt richten.

Der finnische Handyhersteller Nokia hat auch im vierten Quartal 2010 die Wende nicht geschafft. Der Umsatz legte zwar um 6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf 12,7 Milliarden Euro zu, doch der Gewinn sank abermals kräftig um 23 Prozent auf 884 Millionen Euro. Die Zahlen waren zwar besser als von den meisten Analysten erwartet, doch der Ausblick war schon wieder düster. Nokia stehe „vor erheblichen Herausforderungen in der Konkurrenzfähigkeit. Es ist höchste Zeit, dass Nokia sich schneller umstellt”, sagte der neue Vorstandsvorsitzende Stephen Elop selbstkritisch, der von Microsoft gekommen war. Am 11. Februar will Elop die neue Strategie der Finnen vorstellen, um die Talfahrt zu stoppen. An der Börse sank der Aktienkurs zunächst kräftig um 8 Prozent, erholte sich im Laufe des Tages aber wieder.

Nokia verliert nicht nur im oberen Marktsegment der sogenannten Smartphones gegen Anbieter wie Apple an Boden, sondern inzwischen auch im Geschäft mit Billighandys. Dort nehmen meist asiatische Anbieter den Finnen die Marktanteile ab, vor allem in den großen Märkten China und Indien. Die Zahl der verkauften Geräte sank im Jahresvergleich um 3 Prozent auf 123,7 Millionen. Besonders stark war der Rückgang im für Nokia traditionell schwierigen Markt in Nordamerika, wo der Marktanteil der Finnen inzwischen auf 2,6 Prozent geschrumpft ist. „Die neue Strategie wird Nokia die Gelegenheit geben, den amerikanischen Markt wieder zu öffnen”, sagte Elop in einer Telefonkonferenz. Es sei nötig, ein wettbewerbsfähiges Ökosystem zu bilden oder daran teilzunehmen.

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Der neueste Hoffnungsträger von Nokia: E7

Die Ankündigung könnte einen radikalen Schritt bedeuten, urteilte Gartner-Analystin Carolina Milanesi auf Twitter. Als Möglichkeiten gelten Kooperationen mit Microsoft oder Google, deren Betriebssysteme für die Smartphones als besser gelten als das veraltete Symbian-System, an dem Nokia fest hält. Das neue Betriebssystem Meego, das Nokia gemeinsam mit dem Chiphersteller Intel entwickelt, ist auch ein Jahr nach der Vorstellung auf der Mobilfunkmesse in Barcelona im Februar 2010 noch nicht auf dem Markt. Vor allem wegen des Betriebssystems haben die Nokia-Smartphones gegen die Konkurrenz von Apple und den Herstellern wie HTC, Samsung, Motorola oder Sony-Ericsson, die auf Googles System Android setzen, kräftig an Boden verloren.

Dass Nokia aus eigener Kraft aus dieser Lage herauskommt, glauben immer weniger Beobachter. Auf das Android-System von Google zu setzen bedeutet zwar, von Anfang an in einem harten Wettbewerb mit anderen Herstellern zu stehen, die auf das gleiche System bauen. Aber Nokia hätte dann endlich wieder ein konkurrenzfähiges Betriebssystem, das – und auch das muss sich Nokia eingestehen – von Google einfach schneller vorangetrieben werden kann, als es die Nokia-Ingenieure zurzeit können. Die Entscheidung ist hart, aber Elop muss am 11. Februar, wenn er seine neue Strategie ankündigen will, einen überzeugenden Schritt tun, um Nokia zu retten.

Denn der Marktanteil von Nokia ist seit dem Erscheinen des ersten iPhones von Apple im Jahr 2007 von etwa 65 Prozent auf knapp 35 Prozent gefallen. Gerade in diesem Marktsegment der Smartphones werden aber mit Abstand die höchsten Gewinnmargen erzielt. Gerechnet auf alle verkauften Mobiltelefone ist Nokias Anteil am Weltmarkt im vergangenen Jahr von 35 auf 31 Prozent gefallen. Inzwischen hat das Unternehmen den Titel des weltgrößten Handyherstellers verloren. Zwar stellt Nokia noch die meisten Geräte her, doch den größten Umsatz mit Mobiltelefonen erzielt Apple.

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Kräftig zulegen konnte im Konzern nur die Tochtergesellschaft Navteq, deren Umsatz um 37 Prozent auf 309 Millionen Euro stieg. Navteq ist ein Kartendienst, der zum Beispiel Navigationsdienste anbietet. Das Gemeinschaftsunternehmen Nokia Siemens Networks, das Telekommunikationsnetze baut und betreibt, hat seinen Umsatz zwischen Oktober und Dezember um 9 Prozent auf 3,96 Milliarden Euro erhöht, allerdings dabei kein Geld verdient. Wegen des harten Wettbewerbs mit asiatischen Herstellern wie Huawei oder ZTE werde auch das aktuelle Quartal schwierig bleiben. In den Monaten Januar bis März werde mit einem Umsatz zwischen 2,8 und 3,1 Milliarden Euro gerechnet, verbunden mit einem Verlust von bis zu knapp 100 Millionen Euro. Im Gesamtjahr 2010 hat Nokia seinen Umsatz um 4 Prozent auf 42,4 Milliarden Euro erhöht und dabei 2 Milliarden Euro verdient. Das war zwar mehr als im Vorjahr, aber Apple verdient inzwischen fast das Dreifache – in einem Quartal.

 

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5 Lesermeinungen

  1. kurtrichard sagt:

    Ich wusste, dass Nokia eines...
    Ich wusste, dass Nokia eines Tages die Quittung dafür erhalten würde, weil sie Deutschland als Subventionensprungbrett verwendeten, Millionen von Subventionen ein sackten und zum nächsten Land tanzten, als dort weitere Millionen an Subventionen winkten. Die Quittung für eine solche Firma kommt zwar nicht prompt, aber sie kommt. kurtrichard

  2. Die Hardware von Nokia mag ja...
    Die Hardware von Nokia mag ja konkurrenzfähig sein, nur die Software ist es nicht. Symbian ist eine Qual, es ist unglaublich langsam und überhaupt nicht intuitiv zu bedienen.
    Was mich wundert, ist, dass Nokia das As im Ärmel nicht ausspielt. MeeGo könnte die Wende bringen, aber bisher ist nur das – mittlerweile veraltete – N900 überhaupt für das OS geeignet.
    Ich bin gespannt.

  3. Genderfan sagt:

    Ha,ha, lol,

    da sind zwei...
    Ha,ha, lol,
    da sind zwei Stichworte in den vorstehenden Kommentaren: “Subentionssprungbrett” und “gespannt”. Die “Erfolgsgeschichte” von Nokia.
    Das erinnert an eine Emanze die ihre erste Zweckheirart beendet hat, und -nach dem anfänglichen Triumpf über ihren profitablebn ‘Ausstieg’ aus erster (oder zweiter, oder…) Ehe überlegt, wie sie jetzt, wo es wirklich mal “unabhängig” zu sein, weiter vorgehen will. Die Welt und Realität so akzeptieren wie sie ist, kommt nicht in Frage. Wie in der Vergangenheit auch meint sie im Artikel: “Es sei nötig, ein wettbewerbsfähiges Ökosystem zu bilden ……..”. Die Umwelt wird geändert. Ich mich änderen???? Wo denken sie hin?! Außerdem: “haben andere Mütter auch noch proftitable Söhne” ( Google/MS).
    Ist wohl die “Erfolgsgeschichte” des skandinavischen “Gendermodell” (Gender-Moral-Gesetze). Liebäugeln, Abzocken und weiterziehen. Ein “nachhaltig” erfolgreiches Modell. Aber wie gut und nachhaltig für eine ganze Volkswirtschaft -ohne Bodenschätze oder Öl- wie Deutschland zum Beispiel????
    Mag jeder für sich beurteilen.

  4. nico sagt:

    "...einen entscheidenden...
    “…einen entscheidenden Schritt zu tun, um Nokia zu retten…”
    Diese Aussage sollte man in Stein meißeln, meine ich.
    Ich erinnere Kurse jenseits der 50€ – und Leute, die erst richtig lauften. ZumTelefonieren gibts gleichwohl nix besseres.

  5. Gegen alle Trends hatte ich...
    Gegen alle Trends hatte ich mich für ein Nokia E72 entschieden, weil ich das Handy meist für Email und SMS benutze. Die iPhone Benutzer unter meinen Freunden und Bekannten finden das ohnehin altmodisch und nicht schick! Aber seit 1992 bin ich Nokia treu geblieben.
    Ich bin sehr enttäuscht, dass Nokia nicht in der Lage ist, die Software für das Nokia E72 zum laufen zu bringen. Die Firmwareversion August 2010 hat viele Problem, u.a. bleibt das Handy mitten im Anruf hängen und wenn man die aktuellste Version von Oktober 2010 installiert hat, klingelt das Telefon nicht, die akustische Meldung für den Eingang einer SMS funktioniert nicht, Google und Yahoo eMail Konten lassen sich nicht einrichten und vieles mehr.
    Es gibt unendlich viele Meldungen und Beschwerden über diese und viele andere Probleme im Internet und Nokia nimmt noch nicht einmal Stellung dazu, von einer Lösung ganz zu schweigen.
    Mein nächstes Handy wir kein Nokia sein.

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