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Von Mark Zuckerberg stammt das Zitat „Facebook will weniger eine Website als vielmehr eine Plattform im Web sein”. Wie weit ist Facebook auf diesem Weg gekommen?
Rose: Heute haben 2,5 Millionen Internetseiten eine Integration mit Facebook oder haben Anwendungen entwickelt, die unsere Schnittstelle nutzen. Jeden Tag kommen 10.000 Internetseiten hinzu, die sich mit Facebook verbinden. Viele davon sind Medienunternehmen oder Spielehersteller wie Wooga, die extrem schnell wachsen.
Facebook ist schon groß und wächst weiter. Wollen Sie eines Tages auf jeder Internetseite der Welt präsent sein?
Rose: Wir glauben, dass „Social” das zentrale Design-Prinzip für jede Anwendung im Web werden kann. Wir arbeiten mit Partnern und Entwicklern daran, jede Industrie aufzureißen. In zehn Jahren werden wir Anbieter wie Zynga oder Playfish, die den Spielemarkt auf den Kopf gestellt haben, in jeder Industrie sehen – egal ob es sich im Inhalte, Medien, Handel, Reise oder jede andere Industrie handelt, die es heute mit Netz gibt. Wir wollen jede Branche im Netz umkrempeln – oder Partnern helfen, das zu tun.
Kritiker wie Web-Erfinder Tim Berners-Lee werfen Facebook vor, eine geschlossene Insel im Web werden zu wollen.
Rose: Facebook bemüht sich seit Jahren, die Plattform im Web präsent zu machen und nicht nur unsere eigene Seite zu verbessern. Aber was interessant ist: Viele Entwickler wollen ihre Applikationen auf der Facebook-Seite bauen. Die Spiele-Entwickler sind ein gutes Beispiel dafür. Sie fordern uns auf, die Seite besser zu machen anstatt unsere Ressourcen auf das Web zu lenken. Daher richten wir unsere Arbeit heute gleichmäßig auf Web und unsere Plattform aus.
Ist das Wachstum eigentlich größer auf der Facebook-Seite oder auf der eigenen Seite?
Rose: Medienseiten wie Bild.de haben einen großen Nutzerzuwachs auf ihren eigenen Seiten; Spieleentwickler haben großen Erfolg auf der Facebook-Seiten. Für viele Entwickler ist die Facebook-Seite ein ideales Experimentierfeld, um etwas ganz Neues zu probieren. Dabei müssen sie die Menschen ins Zentrum rücken. Das zu verstehen ist für viele Unternehmen nicht leicht, weil sie die Facebook-Seite wie eine normale Website designen wollen. Aber auf Facebook ist soziales Design gefragt.
In Deutschland haben schon einige Unternehmen ihre eigene Internetseite dicht gemacht und sind nur noch auf Facebook präsent. Ist das eine gute Strategie?
Rose: Ganz ehrlich: Auf lange Frist – und da spreche ich von Jahrzehnten – wird jedes Unternehmen eine Präsenz auf Facebook und eine eigene Website haben. Solange aber die Ressourcen begrenzt sind, müssen sich die Unternehmen für das eine oder das andere entscheiden. Und für viele Unternehmen ist Facebook ein kraftvollerer Kanal, zum Beispiel für den Vertrieb oder das Engagement mit ihrer Zielgruppe, als ihre eigene Website.
Inzwischen verbinden auch Online-Händler wie Amazon oder Ebay ihre Seiten mit Facebook. Dort bekommen Kunden angezeigt, welche Produkte ihre Freunde gut finden. Was bringt das?
Rose: Beim Social Commerce stecken wir noch ganz in den Anfängen. Ein Ansatzpunkt sind Geschenke. Man kann sehen, welche Freunde bald Geburtstag haben und welche Interessen sie haben, um dann gleich ein passendes Geschenk auszusuchen. Aus der Zahl der „Likes” lassen sich auch die populären Produkte ermitteln, um auf eine steigende Nachfrage vorbereitet zu sein. Es gibt einige Ideen, aber keine davon ist bisher richtig groß geworden. Dafür ist es noch zu früh. Aber in fünf Jahren könnte diese Art des Social Commerce richtig populär sein. Da stecken viele Möglichkeiten für Innovationen drin. Zum Beispiel kann ein Händler Rabatte anbieten, wenn eine Mindestzahl an Käufern sich für ein Produkt entscheidet.
Welche Daten werden ausgetauscht, wenn ich auf einer Amazon-Seite auf den Facebook-Button klicke?
Rose: Wenn ich auf Connect klicke, zeigt mir Amazon, welche meiner Facebook-Freunde bald Geburstag haben und schlägt mir Geschenke vor, die auf ihren Interessen und „Likes” auf Facebook beruhen. Dabei werden keine Informationen zurück zu Facebook übermittelt. Das ist anders als beim „Like”-Button, den zum Beispiel Medienseiten einbauen. Wenn ich als Nutzer darauf klicke, wird dies meinen Freunden mitgeteilt. Die sehen dann, welche Artikel ich mag und klicken vielleicht auf den Link und kommen auch auf die Nachrichtenseiten. Im Durchschnitt haben die Nachrichtenseiten ihren Traffic damit um mehr als 100 Prozent erhöht.
Viele Unternehmen wissen noch nicht so genau, wie sie Facebook nutzen wollen und experimentieren wild herum. Was raten Sie?
Rose: Viele Seiten stellen die Inhalte in den Vordergrund. Einfaches Beispiel: Das Fernsehprogramme zeigt, welche Filme wann laufen. Unsere Vision: Wir drehen das Prinzip auf den Kopf, stellen die Menschen in den Vordergrund. Die Menschen stehen an erster Stelle, der Inhalt an zweiter Stelle. In meinem echten Leben werde ich doch stärker beeinflusst, was meine Freunde im Fernsehen schauen als was der Redakteur der Fernsehzeitschrift gut findet.
Welche Bedeutung hat Facebook, zum Beispiel in Amerika?
Rose: Zuletzt fand 27 Prozent der Internetnutzung auf Facebook statt. Diese Zahl reflektiert den Übergang vom Informations-Internet zum sozialen Internet. Acht der zehn schnellstwachsenden Seiten im Internet sind soziale Seiten. Das Zynga-Spiel Cityville hat auf Facebook 100 Millionen Nutzer in weniger als zwei Monaten erreicht. Unser Dienst „Groups” hat ebenfalls mehr als 100 Millionen Nutzer in dieser Zeit bekommen
Gibt es überhaupt eine Grenze für Facebook?
Rose: Die Seite reflektiert, wie wir unser Leben leben. Den Großteil unseres Lebens interagieren wir mit anderen Menschen. Das spiegelt sich auf Facebook wider.
Foto: Holger Schmidt
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