Netzwirtschaft

Netzwirtschaft

Die Digitalisierung erfasst immer mehr Lebensbereiche. Wie sie sich auf Menschen und Märkte auswirkt, beleuchtet das Netzwirtschaft-Blog auf FAZ.NET.

Deutschlands Internet-Industrie ist schlecht gerüstet

| 5 Lesermeinungen

Das Internet steuert durchschnittlich 3,4 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt der Länder bei, sorgt für neue Jobs und beschleunigt das Wachstum. Allerdings liegt die deutsche Internet-Industrie im internationalen Vergleich nur auf einem hinteren Platz. Die Vereinigten Staaten, Schweden, Großbritannien, aber auch China und Indien sind besser positioniert als Deutschland, hat McKinsey errechnet.

„Es ist offensichtlich, dass das Internet unser Leben ändert – die Art wie wir arbeiten, einkaufen, nach Informationen suchen, kommunizieren und Leute treffen. Zwei Milliarden Menschen sind nun mit dem Internet verbunden und jedes Jahr kommen 200 Millionen Menschen hinzu. Aber das Ausmaß des ökonomischen Effektes der internet-bezogenen Handlungen ist nicht offensichtlich. Es gibt nur wenige Analysen des globalen Effektes des Internet auf Wachstum, Jobs und Wohlstand”. Dieser Forschungslücke hat sich McKinsey angenommen und für den G8-Gipfel die makroökonomischen Effekte des Internet in 13 hochentwickelten Ländern untersucht. Das Ergebnis fällt aus deutscher Sicht eher schlecht aus: Der Internet-Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt liegt mit 3,2 Prozent leicht unter dem Durchschnitt und in der Rangliste der Leistungsfähigkeit landet Deutschland im unteren Teil.

Bild zu: Deutschlands Internet-Industrie ist schlecht gerüstet

Die leistungsfähigste Internet-Industrie haben nach dieser Untersuchung die Vereinigten Staaten. Auf die amerikanischen Unternehmen entfallen 35 Prozent der globalen Internet-Umsätze, bestehend aus Hardware, Software, Dienstleistungen und Telekommunikationsdiensten. Japan als zweitplaziertes Land erreicht einen Anteil von 20 Prozent. Werden auch Aspekte wie das Wachstum und die Zukunftsfähigkeit mit eingerechnet, bleiben die Amerikaner zwar an der Spitze, aber der Vorsprung auf die zweitplazierten Schweden schrumpft kräftig zusammen. Neben der schwedischen zeige die britische Internet-Industrie die beste Leistung, meinen die McKinsey-Volkswirte. Europäische Länder profitieren stark von der Leistung ihrer großen Telekommunikationsunternehmen. Indien und China haben die schnellstwachsenden Unternehmen und holen in der globalen Internet-Rangliste schnell auf. Japan und Schweden gehören zu den innovativsten Ländern mit den meisten Patentanmeldungen. Die deutsche Internet-Industrie landet in dieser Rangliste (Internet Leadership Supply Index) nur auf dem neunten Rang – noch hinter China, Südkorea und Frankreich. Deutsche Internet-Unternehmen von Weltrang gibt es ebensowenig wie nationale Champions in zentralen Marktsegmenten: Die relavanten Suchmaschinen (Google, Bing), die großen E-Commerce-Unternehmen (Amazon, Ebay) und die beherrschenden Online-Werber (Google, Yahoo) in Deutschland sind durchweg in amerikanischer Hand. (-> Deutsche Unternehmen fallen im Internet zurück)

Im Durchschnitt aller betrachteten Länder steuert das Internet 3,4 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei. „Wäre das Internet ein Sektor, wäre sein Gewicht größer als das der Landwirtschaft oder der Energiebranche”, lautet ein Ergebnis. Allerdings fallen drei Viertel der ökonomischen Effekte nicht direkt in der Internetbranche an, sondern in den traditionellen Branchen, meist in Form von Produktivitätszuwächsen. Der Anteil am BIP schwankt jedoch erheblich zwischen den Ländern: In Großbritannien und Schweden steuert das Internet schon mehr als 5 Prozent zur inländischen Wertschöpfung bei,  während es in den Vereinigten Staaten 3,8 Pozent und in Deutschland 3,2 Prozent sind, haben die McKinsey-Volkswirte errechnet. Am Ende der Skala liegt Russland mit einem Beitrag von 0,8 Prozent.

Bild zu: Deutschlands Internet-Industrie ist schlecht gerüstet

Wichtiger ist der Beitrag des Netzes zum Wachstum der Volkswirtschaften. In den Jahren 2004 bis 2009 hat das Internet in hochentwickelten Volkswirtschaften wie Deutschland, Großbritannien oder Frankreich durchschnittlich 21 Prozent des BIP-Wachstums ausgemacht, haben die Berechnungen ergeben.  Dagegen liegt dieser Wert in Schwellenländern wie Indien, China oder Brasilien nur bei 3 Prozent. Spitzenreiter ist Schweden mit einem Wachstumsanteil von 33 Prozent. Kleine und mittlere Unternehmen mit einem intensiven Web-Einsatz sind im Durchschnitt doppelt so schnell gewachsen wie die Unternehmen, die weitgehend auf das Web verzichteten. Diese web-affinen Unternehmen haben auch doppelt so viele Arbeitsplätze geschaffen wie die Abstinenzler, hat die Untersuchung ergeben. Für jeden zerstörten Arbeitsplatz hat das Netz 2,6 neue Stellen geschaffen. Den größten Einfluss hat das Internet in der produzierenden Industrie entwickelt.

Werden der Internet-Beitrag zum BIP und der Internet Ecosystem Supply Index in einer Grafik vereint, zeigt sich, welche Länder für die Web-Zukunft besonders gut gerüstet sind: Schweden, Großbritannien und die Vereinigten haben sich die besten Positionen erarbeitet, während sich Deutschland in einer hinteren Gruppe mit Frankreich und Kanada wiederfindet.    

Bild zu: Deutschlands Internet-Industrie ist schlecht gerüstet

 

_________________________________________________________________

Autor:  Bild zu: Deutschlands Internet-Industrie ist schlecht gerüstet   Bild zu: Deutschlands Internet-Industrie ist schlecht gerüstet   Bild zu: Deutschlands Internet-Industrie ist schlecht gerüstet   Bild zu: Deutschlands Internet-Industrie ist schlecht gerüstet  Bild zu: Deutschlands Internet-Industrie ist schlecht gerüstet   Bild zu: Deutschlands Internet-Industrie ist schlecht gerüstet    

Blog:    Bild zu: Deutschlands Internet-Industrie ist schlecht gerüstet   Bild zu: Deutschlands Internet-Industrie ist schlecht gerüstet   Bild zu: Deutschlands Internet-Industrie ist schlecht gerüstet   Bild zu: Deutschlands Internet-Industrie ist schlecht gerüstet Bild zu: Deutschlands Internet-Industrie ist schlecht gerüstet

 


5 Lesermeinungen

  1. klaus_zinser sagt:

    Ein Lob. Herr Schmidt, ein...
    Ein Lob. Herr Schmidt, ein äußerst interessanter Bericht. Auch wenn McKinsey einen großteil der Arbeit gemacht hat !
    Klaus Zinser

  2. cromagnon sagt:

    "Kleine und mittlere...
    “Kleine und mittlere Unternehmen mit einem intensiven Web-Einsatz sind im Durchschnitt doppelt so schnell gewachsen wie die Unternehmen, die weitgehend auf das Web verzichteten.”
    .
    Und was heißt das jetzt? Setze das Internet ein und du wächst? Genauso gut könnte es heißen, Unternehmen bei denen es gut läuft setzen mehr Internet ein.

  3. markise sagt:

    Eine sehr interessante...
    Eine sehr interessante Analyse! Vielen Dank Herr Schmidt.
    Die Global Player in der Internet Industrie fehlen Deutschland wirklich. Traurigerweise wird sich dies allerdings vermutlich nicht mehr ändern. Die USA und auch China und Indien haben dort natürlich aufgrund der Menge an Menschen einen strategischen Vorteil

  4. Anhand der Spitzenposition von...
    Anhand der Spitzenposition von Schweden zeichnet sich sehr deutlich der hiesige Innovationsbedarf ab. Das bezieht sich nicht unbedingt auf die Unternehmen und deren Produkte selbst, sondern vielmehr auf die Marketingstrategien, die die Unternehmen wählen.

  5. Alexander sagt:

    Hallo Holger, interessanter...
    Hallo Holger, interessanter Artikel zum Status-quo. Doch was sind – aus deiner Sicht – die möglichen Ursachen dafür, dass Deutschlands Internet-Industrie so weit hinten liegt? Was können wir in Zukunft besser machen? Haben wir überhaupt noch eine Chance, mit den USA, Indien, China und Co. Schritt zu halten? Besten Dank im Voraus!

Kommentare sind deaktiviert.