Netzwirtschaft

Banken haben Facebook und Twitter für sich entdeckt

„Nutzer wollen zählbare Vorteile, keine Freundschaften.” Mit dieser Überschrift hat die Deutsche Bank einen Forschungsbericht (PDF) über das Engagement der Banken in den sozialen Medien überschrieben. Danach wünschen sich Social-Media-Nutzer vor allem Informationen über Finanzprodukte, aber nur noch selten Besuche in einer Filiale. Wenn also immer mehr Menschen in den sozialen Medien unterwegs sind, aber weniger häufig Filialen aufsuchen, dann „müssen Banken auf den neuen Kommunikationskanälen relevante Informationen liefern”, lautet eine Schlussfolgerung der Bankforscher.

Genau das tun die meisten Finanzinstitute bisher offenbar nicht. Zwar sind inzwischen viele Banken auf Facebook, Twitter oder Youtube aktiv, doch die Dialogintensität mit den Nutzern sei noch „dramatisch niedrig”, hat das Beratungsunternehmen Keylens herausgefunden. „Durchschnittlich entfallen auf 100 Fans je Monat nur etwa 2 Kommentare auf Facebook, und nur jeder fünfundzwanzigste Follower auf Twitter hat seine Bank jemals in einem Retweet erwähnt”, sagt Keylens-Partner Archibald von Keyserlingk. Nach seiner Einschätzung gibt es in Deutschland noch kein Finanzinstitut, das in den sozialen Medien gleichzeitig eine hohe Reichweite erzielt und diese in einen nachhaltigen Dialog überführt. „Für eine Bank ist es deutlich schwieriger als zum Beispiel für Autobauer oder Modefirmen, rege Diskussionen anzustoßen. Der Social-Media-Nutzer ist nicht daran interessiert, die Bank als Freund zu haben. Vielmehr sucht er Hilfe und Rat bei Finanzthemen”, sagte Keyserlingk.

Diese Strategie haben bisher meist kleinere Institute verfolgt. „Eine gute Balance zwischen Reichweite und Dialog erzielen nur die beiden ,Social Banking‘-Institute Fidor und GLS Bank. Die Sparkasse ist klare Benchmark in puncto Reichweite. Die meisten deutschen Banken erzielen über Social Media jedoch noch keinen großen Effekt”, sagt Keyserlingk.

Dabei wäre die Zeit passend. „In der Finanzkrise wurde das zuletzt bestehende Vertrauen der Bevölkerung in die Banken bis auf einen marginalen Rest aufgebraucht. Social Media und die Kern-Wirkmechanismen des Web 2.0 bieten für die Banken die Chance, sich dieses Vertrauen wieder erarbeiten zu können”, sagte Matthias Kröner, Chef der Fidor Bank, die ganz auf das Social Banking setzt.

Noch stecken die meisten Institute in der Aufbauphase, experimentieren inzwischen aber fleißig in den sozialen Medien. Der Fokus der Banken liegt – wie bei Unternehmen mit Endkundengeschäft üblich – auf dem sozialen Netzwerk Facebook, das mit inzwischen 20 Millionen Nutzern in Deutschland klar die größte Reichweite erzielt. An zweiter Stelle liegt der Kurznachrichtendienst Twitter, gefolgt von Youtube. Ein eigenes Blog für die Kommunikation mit Kunden oder Interessenten betreiben nur ganz wenige Finanzinstitute. Eine kritische Masse können die Banken in den sozialen Medien aber meist nur aufbauen, wenn sie in anderen Kanälen gezielte Verweise auf den eigenen Social-Media-Auftritt plazieren.

Auch einige größere Institute investieren jetzt mehr. Die Deutsche Bank hat gerade ein Social-Media-Team aufgebaut. „2008 haben wir mit Flickr und Youtube begonnen, 2009 kam Twitter hinzu und 2010 schließlich Facebook. Generell haben wir die Erfahrung gemacht, dass Kommunikation in Social Media ein langfristiger Prozess ist. Am Anfang dieses Prozesses sollte man zuerst einmal der Community, den Blogs und den Medien zuhören”, sagte Uli Pecher, der für die Deutsche Bank das Thema aufbaut, in einem Interview. Das Team habe unter anderem die Aufgabe, Themen aufzubereiten und über die jeweils am besten geeigneten Kanäle zu veröffentlichen – und bei Interesse auch zu diskutieren. „Das ist Corporate Publishing 2.0. Wir wollen Bankenthemen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen. Und wir wollen auch neue Erzählformen einsetzen. So haben kurze Filmreportagen über Projekte unseres gesellschaftlichen Engagements auf dem iPad oder auf Youtube natürlich eine ganz andere Tonalität als ein gedruckter Bericht. Wir wollen zudem den Dialog mit Kunden, Aktionären, Medien oder Bloggern intensivieren”, sagte Pecher.

Für Kröner ist Social Media aber mehr als ein zusätzlicher Vertriebskanal. „Die Mehrheit der Bankprodukte ist langweilig und unemotional. Nutzt man die Möglichkeiten richtig, kann rund um ein nüchternes Produkt eine positive Emotion entstehen. Banken haben so beispielsweise erstmals die Chance, aus der Falle von Preisvergleichs-Websites entwischen zu können. Eine Bank, die nun ihr durchschnittliches Girokonto über ein Facebook Profil bewirbt, ist nicht im Social Web angekommen”, sagte Kröner, der seine Kunden zur Diskussion über Bankprodukte animiert. Für ihn sind die meisten großen Banken mit ihren traditionellen Strukturen nicht auf das soziale Internet vorbereitet: „Wer im Social Web ankommen will, der muss verstehen, welche kulturellen und organisatorischen Konsequenzen dies für die eigene Organisation hat. Social Media ist nicht Bestandteil einer Kanal-Management-Überlegung, Social Media ist eine grundstrategische Überlegung des Unternehmens, die alle mittragen müssen, egal ob Aktionäre, Vorstand oder Mitarbeiter.”

Link: Finanzen auf Twitter

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