Netzwirtschaft

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Schluss mit ausufernden Freundeskreisen: Mini-Netzwerke machen Facebook Konkurrenz

| 4 Lesermeinungen

Eine neue Generation von sozialen Netzwerken wie Path oder Pair setzt einen Kontrapunkt zu ausufernden Freundeskreisen auf Facebook. Sie begrenzen den Aufbau von Kontakten auf eine bestimmte Zahl oder ein bestimmtes Umfeld. Das soll die Kommunikation persönlicher machen - und verhindern, dass Dinge in die Welt hinausposaunt werden, die nur für einen kleinen Kreis gedacht waren.

In den Vereinigten Staaten hat jeder Facebook-Nutzer im Schnitt 245 „Freunde” auf der Seite, und jeden Monat kommen im Schnitt sieben neue Kontakte hinzu. Das war das Ergebnis einer im Februar veröffentlichten Studie des Pew Research Center. Nun dürfte der Durchschnittsnutzer nicht lauter gleichermaßen gute Freunde in seinem sozialen Netzwerk haben. Nach Auffassung des britischen Anthropologen Robin Dunbar haben Menschen gar nicht die geistige Kapazität für mehr als 150 Beziehungen, die über bloße oberflächliche Bekanntschaften hinausgehen. Und so ist das Netzwerk vieler Facebook-Mitglieder eine Ansammlung von Kontakten mit sehr verschiedener Intensität, von besten Freunden bis zu flüchtigen Bekanntschaften, von Familienangehörigen bis Kollegen. Das wirft für den Facebook-Nutzer Fragen auf: Eignen sich die Fotos, Einträge oder sonstigen Inhalte, die er auf die Seite stellen will, für sein gesamtes Netz an Kontakten? Gibt er Dinge an ein größeres Publikum preis als ihm eigentlich recht ist?

Facebook hat diese Problematik auch erkannt und darauf reagiert, wobei der Rivale Google nachgeholfen hat. Traditionell hat Facebook seine Nutzer zu einem möglichst offenen Austausch von Informationen animiert – je freier die Daten fließen, umso leichter wird es für Facebook, auf seiner Seite maßgeschneiderte Werbung zu zeigen. Als Google vor knapp einem Jahr sein neues soziales Netzwerk Google Plus startete, war dagegen der selektive Datenaustausch ein zentraler Teil des Konzepts. Nutzer von Google Plus teilen ihre Kontakte von Anfang an verschiedenen Gruppen zu und können dann ohne große Mühe entscheiden, wer was zu sehen bekommt. Facebook erlaubte solche Kategorisierungen zwar auch, aber es war viel komplizierter. Bald nach dem Start von Google Plus hat Facebook seinen Kurs geändert und macht es den Nutzern seither leichter, den Austausch ihrer Informationen zu filtern.

Eine neue Generation von sozialen Netzwerken geht nun noch einen Schritt weiter und lässt gar nicht erst zu, dass die Freundeskreise ausufern. Es sind Mini-Facebooks, deren Nutzer sich ihr Netz an Kontakten von vorne herein nur mit einem begrenzten Personenkreis aufbauen können. Diese Netzwerke wollen eine persönlichere, intimere Kommunikationsplattform bieten als Facebook, und sie wollen Nutzern die Sorge nehmen, dass sie versehentlich Dinge in die Welt hinausposaunen, die sie nur einem kleinen Kreis von Personen sagen wollten.

Eines der bekanntesten unter diesen neuen Netzwerken ist Path, das seinen Nutzern ein Limit von 150 Kontakten setzt – also auf Höhe der Dunbar-Zahl. „Wenn Facebook Städte gebaut hat, dann bauen wir die Häuser. Wir wollen dabei helfen, die Menschen mit weniger statt mit mehr Leuten in Kontakt zu bringen”, sagte Vorstandschef und Mitgründer Dave Morin, selbst ein früherer Facebook-Mitarbeiter, kürzlich dem „Wall Street Journal”. Path wurde Ende 2010 ins Leben gerufen, zu den anderen Mitgründern gehört Shawn Fanning, der einst als Entwickler der Online-Musiktauschbörse Napster berühmt wurde. Path hat mittlerweile fast drei Millionen Nutzer. Anders als Facebook ist Path eine reine mobile Applikation für das iPhone und Smartphones mit dem Google-Betriebssystem Android.

Andere Netzwerke beschränken ihre Nutzer auf ein bestimmtes Umfeld: Ein Beispiel ist Familyleaf, eine Kommunikationsplattform nur für Angehörige einer Familie. Die Extremversion eines Nischennetzwerks ist der vor wenigen Monaten gegründete Dienst Pair, ebenfalls eine mobile Applikation. Pair erlaubt seinen Mitgliedern Kommunikation und Datenaustausch nur mit jeweils einer anderen Person. Impulsgeber für den Dienst waren Fernbeziehungen: Pair wurde in Kalifornien von einer Gruppe von Kanadiern gegründet, und einige von ihnen hatten Freundinnen in ihrer Heimat. Daraus entstand die Idee, eine Plattform zum Austausch von Nachrichten oder Fotos für Paare zu entwickeln, die jeweils den Rest der Welt außen vor lässt. Es ist keine Voraussetzung, ein Paar zu sein. Auch zwei Freunde oder zwei Familienmitglieder können ein Mini-Netzwerk auf Pair bilden.

Pair-Wettbewerber Path hat in seiner kurzen Geschichte auch schon für Kontroversen gesorgt: So kam vor einigen Monaten ans Licht, dass die Applikation automatisch und ohne Einwilligung der Nutzer Kontaktinformationen von deren Smartphones kopiert hat. Path sah sich zu einer Entschuldigung gezwungen und änderte seine Software. Der Begeisterung im Silicon Valley für das Unternehmen hat die Aufregung keinen Abbruch getan. Erst zu Beginn dieser Woche hat Path in einer neuen Finanzierungsrunde 30 Millionen Dollar von einigen prominenten Investoren eingesammelt und wurde dabei mit 250 Millionen Dollar bewertet. Das ist immerhin die Hälfte des Betrages, der vor wenigen Wochen bei einer Finanzierungsrunde für den Fotodienst Instagram angesetzt wurde – der dann wiederum wenige Tage später für die doppelte Summe von einer Milliarde Dollar an Facebook verkauft wurde.

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4 Lesermeinungen

  1. Martin sagt:

    Klingt für mich verdammt nach...
    Klingt für mich verdammt nach Chat oder Forum, retro retro retro…

  2. Torsten sagt:

    Die Zahl der Netzwerke wird...
    Die Zahl der Netzwerke wird immer unüberschaubarer. Welches braucht man jetzt wirklich? Nutzt man dann ein Netzwerk wie Path oder Pair? Letzlich könnte man ja auch auf google+ einen circle anlegen, in dem man nur einen Nutzer ablegt. Oder?

  3. Ronny sagt:

    Wer Facebook macht, ist selber...
    Wer Facebook macht, ist selber Schuld. 245 Freunde… Das wird ein teures Weihnachten.

  4. Micha sagt:

    Ich halte mich aus diesen...
    Ich halte mich aus diesen ganzen sozialen Netzwerken komplett raus. Ich bin auch der Meinung, dass man dort viel zu viel über sich preis gibt. Es wird alles gespeichert. Viele Nutzer sind sich wahrscheinlich über die Negativfolgen solcher sozialen Netzwerke gar nicht bewusst.

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