Mark Zuckerberg wirft in diesen Tagen hemmungslos mit Geld um sich. Während der Countdown für den im Mai erwarteten Börsengang von Facebook läuft, demonstriert das von Zuckerberg geführte amerikanische Internetunternehmen ausgeprägte Investitionslaune: Erst eine Milliarde Dollar für den Fotodienst Instagram, dann 550 Millionen Dollar für Patente von Microsoft, und nun kamen im aktualisierten Börsenprospekt Quartalszahlen, aus denen eine wahre Kostenexplosion in Bereichen wie Marketing oder Forschung und Entwicklung hervorgeht. Facebook präsentiert sich damit als Internetaufsteiger auf Angriffskurs, allerdings ist das nur die halbe Wahrheit. Denn einige der Manöver wie der Patentkauf und die Instagram-Transaktion haben ein großes Stück weit defensiven Charakter, und Facebook kontert damit Bedrohungen von Wettbewerbern. Die Quartalszahlen wiederum werfen die Frage auf, inwiefern sich die Investitionswut von Facebook auszahlt, denn das Umsatzwachstum hat sich abgeschwächt. Das gibt den Skeptikern unter den Facebook-Beobachtern Munition, und es ist ein Dämpfer so kurz vor dem Börsengang.
Debra Williamson vom Marktforschungsinstitut Emarketer wertete die Zahlen als Enttäuschung: „Facebook hat eine ziemlich steile Anhöhe zu erklimmen, um die von uns gesetzten Erwartungen zu treffen”, sagte sie der Nachrichtenagentur Bloomberg. Emarketer hatte Facebook bisher für dieses Jahr einen Umsatz von 6,1 Milliarden Dollar zugetraut – was ein Wachstum von 64 Prozent im Vergleich zu 2011 wäre.
In seinem neuen Börsenprospekt meldete Facebook für das erste Quartal einen Umsatz von 1,06 Milliarden Dollar. Das war zwar 45 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Im Vergleich zum Schlussquartal 2011 (1,11 Milliarden Dollar) war es aber ein Rückgang. Facebook führte „saisonale Trends” als Grund an, da das Werbegeschäft im vierten Quartal traditionell besonders stark sei. Die künftigen Facebook-Aktionäre können sich darauf einstellen, dass sie diese Begründung noch öfter hören werden: „Das rapide Wachstum in unserem Geschäft hat diese saisonalen Trends bisher verdeckt, und in der Zukunft könnten die saisonalen Einflüsse stärker sein”, hieß es in dem Prospekt. Außerdem bringen die Regionen der Welt, wo Facebook derzeit am stärksten expandiert, bislang vergleichsweise geringe Umsätze mit Werbung ein. Aus diesem Grund stagnierten auch die durchschnittlichen Einnahmen, die Facebook bei jeder Anzeige kassiert, im Vergleich zum Vorjahr. Seine Nutzergemeinde hat Facebook rasant ausgeweitet: Das Unternehmen hat nun 901 Millionen monatliche Nutzer, ein Quartal zuvor waren es 845 Millionen.
Noch viel stärker als der Umsatz stiegen im ersten Quartal die Kosten, daher schrumpfte der Nettogewinn um 12 Prozent auf 205 Millionen Dollar. Allein die Marketingaufwendungen haben sich auf 159 Millionen Dollar mehr als verdoppelt, die Kosten für Forschung & Entwicklung haben sich auf 153 Millionen Dollar fast verdreifacht.
Facebook hatte Ende des ersten Quartals liquide Mittel von 3,9 Milliarden Dollar und lag damit fast genau auf dem Stand von drei Monaten zuvor. Im vergangenen Jahr waren die Barbestände noch deutlich gewachsen. Die Einkaufstour im laufenden Quartal dürfte ebenfalls Spuren im Liquiditätspolster hinterlassen. Aus dem aktualisierten Börsenprospekt geht hervor, dass Facebook vom gesamten Kaufpreis für Instagram von einer Milliarde Dollar 300 Millionen Dollar in bar bezahlen will. Der Preis für die Microsoft-Patente von 550 Millionen Dollar soll komplett in bar fließen.
Die vor zwei Wochen angekündigte Instagram-Akquisition hat in der Branche für einigen Wirbel gesorgt – nicht zuletzt wegen des hohen Kaufpreises, den Facebook für ein Unternehmen zahlt, das bisher keine Umsätze macht. Facebook verspricht sich von Instagram, eine attraktivere Plattform zum Austausch von Fotos zu werden, denn hier hat das Unternehmen Defizite. Ein mindestens ebenso wichtiges Motiv dürfte es gewesen sein, die Konkurrenz in Schach zu halten. Instagram ist selbst mehr und mehr zu einem Wettbewerber für Facebook geworden und wäre außerdem auch für Rivalen wie den Kurznachrichtendienst Twitter oder den Internetkonzern Google ein attraktiver Übernahmekandidat gewesen.
Auch der Kauf von Patenten ist ein Defensivmanöver: Facebook rüstet sich damit für Auseinandersetzungen wie den momentanen Rechtsstreit mit dem Internetkonzern Yahoo. Im März hat Yahoo Facebook wegen Verletzung von Patenten verklagt und fordert Schadenersatz. Facebook hat seither mit einer Gegenklage reagiert und rüstet außerdem sein eigenes Arsenal an Patenten auf. So kaufte das Unternehmen kürzlich dem Technologiekonzern IBM 750 Patente für einen nicht bezifferten Betrag ab, nun folgte die Vereinbarung mit Microsoft zum Kauf von 650 Patenten. Diese Schutzrechte sind Teil eines Pakets von 925 Patenten, die Microsoft selbst erst vor zwei Wochen vom Internetkonzern AOL gekauft hat.
Der Facebook-Rivale Google empfahl sich im Jahr 2004 mit höheren Wachstumsraten für seinen Börsengang, auch wenn Umsatz und Gewinn niedriger waren. So wies Google in seinem letzten Quartal vor dem Börsengang ein Umsatzplus von 125 Prozent auf 700,2 Millionen Dollar aus, der Nettogewinn sprang um 146 Prozent auf 79,0 Millionen Dollar.
Auch wenn die von Facebook vorgelegten Zahlen durchwachsen waren, hat das Unternehmen eine Reihe möglicher Katalysatoren für das Geschäft. So steht Facebook zum Beispiel noch am Anfang dabei, Werbemodelle für seine Seite auf mobilen Plattformen wie internetfähigen Handys (Smartphones) oder Tablets zu entwickeln. Viele Nutzer greifen auf Facebook über solche Geräte zu, aber das Unternehmen macht damit noch kaum nennenswerte Umsätze. Facebook wird eine Börsenbewertung von 100 Milliarden Dollar zugetraut.
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