Es ist eine der Fragen, die den künftigen Börsenkurs von Facebook mitbestimmen werden, wenn das Unternehmen wie gemutmaßt nächste Woche an der Nasdaq gelistet wird: Wie häufig klicken Nutzer auf die Anzeigen, die ihnen das soziale Netzwerk anbietet? Zwar hat Facebook laut dem eingereichten Börsenprospekt die Abhängigkeit von Anzeigenkunden kontinuierlich reduziert, wie ein Blick auf die Umsatzanteile verrät: 2009 betrug der Anteil der Anzeigenerlöse am Umsatz 98 Prozent, ein Jahr später belief er sich auf 95 Prozent. Im vergangenen Jahr der Anteil schließlich auf 85 Prozent. Im Vergleich zwischen dem ersten Quartal 2011 und dem ersten Quartal 2012 fand dann offensichtlich noch einmal eine Reduzierung statt: So erlöste Facebook mit Anzeigen im ersten Vierteljahr 2011 noch 87 Prozent seines Umsatzes. Ein Jahr später waren es dann im selben Zeitraum 82 Prozent. Trotzdem generiert Werbung immer noch eine „substanzielle Mehrheit unseres Umsatzes”, wie es im Börsenprospekt heißt.
Der Wert der Anzeigen aber bestimmt sich auch danach, wie viele Nutzer sie erreichen. Ein Weg das zu messen, sind die sogenannten Click-Through-Rates: Sie geben an, wie viele Nutzer auf eine Anzeige reagieren, darauf klicken und damit von Facebook zu seinen Werbekunden durchgeschleust werden.
Was das betrifft, hat Facebook in der jüngeren Vergangenheit unterschiedliche Signale an den Markt gesendet. Besser gesagt: Dritte haben diese Signale gesendet, weil Facebook die Durchklickraten nicht veröffentlicht und auch nicht kommentiert. Generell gelte im Unternehmenshauptquartier die Meinung, so hieß es schon mehrfach, dass Durchklickraten gar kein adäquates Maß seien, um den Erfolg von Anzeigen zu messen. So muss man sich also auf Erhebungen verlassen von Softwareanbietern wie Marin Software oder Werbeagenturen wie Webtrends und TBG Digital, die sich auf soziales Marketing und damit auch auf die Facebook-Werbung spezialisiert haben.
So hat etwa die Agentur Webtrends einen Vergleich zwischen den Jahren 2009 und 2010 angestellt. Dafür analysierten die Werber 4,5 Milliarden Anzeigenaufrufe (Ad Impressions), die 2,2 Millionen Klicks auf 11.200 Anzeigen innerhalb von 1.500 Anzeigenkampagnen generierten. Das Ergebnis der Studie von Anfang des vergangenen Jahres: Die Durchklickraten sind gesunken, und zwar im Durchschnitt von 0,063 Prozent auf 0,051 Prozent. In absoluten Zahlen bedeutet das, dass 2009 von 10.000 Nutzern etwa sechs auf eine Anzeige geklickt hatten, im Jahr danach waren es dann fünf. Dies sei aber ein typischer Verlauf, wenn das Publikum, an das sich die Anzeige richtet, im Umgang mit dem Netzwerk an Erfahrung gewinne – und so möglicherweise den versehentlichen Klick auf eine Anzeige vermeidet.
Die Agentur TBG Digital hat zuletzt die Durchklickraten für mehrere Märkte erhoben. Grundlage war nach Angaben der Werber eine größere Menge an Daten als bei Webtrends. In den Bericht flossen 372 Milliarden Anzeigenaufrufe in mehr als 190 Ländern ein. Der Erhebungszeitraum erstreckte sich von Januar 2011 bis zum Januar 2012.
Auf verschiedene Länder aufgeteilt lieferte die Studie folgende Ergebnisse: In den Vereinigten Staaten sank die Durchklickrate im Zeitraum um acht Prozent, in Frankreich war das Minus noch größer und betrug 13 Prozent, in Deutschland blieb sie dagegen in etwa konstant.
Die Agentur hat dafür in ihrem Bericht folgende Erklärung: Einerseits sei die Rate abhängig von der Kreativität der Werber und der Qualität des Targetings, also wie passgenau die Werbung auf den jeweiligen Nutzer zugeschnitten ist. „Der Rückgang erklärt sich aber auch dadurch, dass Facebook die Anzahl der Werbemittel auf teilweise bis zu sieben pro Seite erhöht hat.” Mehr Werbemittel gleich weniger Klicks auf die einzelne Werbung. Für den Börsenwert bedeutet das aber im Umkehrschluss, dass Facebook nun zwei Wege offen stehen: Entweder erhöht das Netzwerk die Anzahl der Anzeigen auf der Seite, um einen höheren Gesamtumsatz mit Werbung zu erlösen. Oder aber es verknappt das Angebot an Anzeigen und wartet darauf, dass sich die konkurrierenden Werbekunden die Preise gegenseitig nach oben treiben. Angesichts der Tatsache, dass Facebook auf seinen mobilen Anwendungen derzeit noch gar keine Anzeigen schaltet, wird aber eher das Angebot an Werbeplätzen zunehmen. Wie sich das dann auf die Umsätze auswirkt, wird sich zeigen.
Zuletzt veröffentlichte nun am Mittwoch nun das Softwarehaus Marin Software Zahlen. Und diese weisen in eine andere Richtung: Demnach hat die Reaktion der Nutzer auf die Facebook-Anzeigen in den vergangenen zwölf Monaten zugenommen, und zwar um 50 Prozent. Allerdings liegen die berichteten Durchklickraten (siehe Bild) je nach Markt zuwischen 0,03 Prozent in Singapur und 0,13 Prozent in Indien. In der Eurozone beträgt die CTR demnach zurzeit 0,06 Prozent: Von 10.000 Menschen klicken also 6 auf die Anzeige.
Wichtiger sei aber ein anderer Punkt, berichtet Marin Software: Soziale Anzeigenformate, etwa die sogenannten „gesponserten Geschichten”, gewinnen an Bedeutung. Das sind Anzeigen von Unternehmen, mit denen sich die Freunde eines Nutzers verbunden haben, zum Beispiel indem sie den Gefällt-Mir-Button für ein Produkt gedrückt haben. Dort stieg die CTR zuletzt ebenfalls, und zwar um 20 Prozent. Marin Software hat ebenfalls errechnet, dass der Anteil der „Social Ads” bis zum Ende dieses Jahres 50 Prozent der Werbeeinnahmen von Facebook ausmachen könnten. Für das Unternehmen bleibt allerdings gleichzeitig zu hoffen, dass nicht der von Webtrends festgestellte Trend zur Gewöhnung eintritt, und die Nutzer sich auch bei den sozialen Anzeigen weiter mehr engagieren.
Bei allen Anstrengungen und allen unterschiedlichen Angaben zu den Durchklickraten steht eins allerdings fest: Nach Angaben aus der Werbewirtschaft sind CTRs von Anzeigen auf Nachrichtenseiten durchweg höher als die auf Facebook.
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Hinweis: In einer früheren Version dieses Eintrags wurde Marin Software als “Werbeagentur” bezeichnet. Das war falsch: Marin Software ist Anbieter einer SaaS-basierten Management-Plattform für Online-Werbung.
(Bildquelle: Marin Software)
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