Am vergangenen Mittwoch hat die Icann, die internationale Adressverwaltungsorganisation des Internets, bekannt gegeben, wer sich auf welche neuen generischen Top Level Domains beworben hat. Das sind Internetadressendungen wie etwa “.love”, “.hotel” oder , “.inc”. Die neuen Endungen sollen den Adressraum im Internet einerseits erweitern, weil sinnvolle Adressen mit herkömmlichen Endungen wie “.de” oder “.com” langsam knapp werden. Andererseits will die Icann es Institutionen oder Unternehmen ermöglichen, durch eine neue Adressendung besser auf ihre Angebote aufmerksam zu machen.
Eco, der Verband der deutschen Internetwirtschaft e.V., hat in einem Dossier die 1930 Bewerbungen ausgewertet und ein paar interessante Fakten herausgefiltert. Beworben haben sich Unternehmen oder Institutionen, die nach Abschluss der Vergabe der Adressen diese zugewiesen bekommen, um sie dann zu verwalten. Ihnen gehört dann buchstäblich ein Teil des Internets, da sie die jeweiligen Adressen mit den neuen Endungen einrichten, selbst verwenden oder wiederum an Dritte weitergeben.
Laut dem Dossier hat sich auf 230 Endungen mehr als ein Bewerber beworben. Die beliebtesten neuen Top Level Domains sind “.app” mit 13 Anträgen, “.home” und “.inc” mit jeweils elf Bewerbern sowie “.art” mit zehn. Laut der Auswertung des Eco zeigt die Anzahl der Anträge auf künftige Adressen mit der Endung “.app”, dass “Anbieter dem Trend folgen, dass mehr und mehr Angebote in Apps erfolgen und Unternehmen in geschlossenen Systemen statt über Webseiten auf ihre Angebote aufmerksam machen möchten”. Die “Domain zur App” könne die Relevanz der kleinen Anwendungsprogramme weiter steigern.
Was die Herkunft der Bewerber betrifft, ergibt sich folgende regionale Verteilung:
Allerdings merkt der Eco in seiner Auswertung an, dass einige sogenannte Portfolio-Bewerber, die sich um eine größere Zahl von Top Level Domains beworben haben, ihre Anträge über europäische Stellvertreterfirmen eingereicht haben. Berücksichtige man dies, würde die regionale Verteilung noch stärker Richtung Nordamerika tendieren.
Mit der Einführung der neuen Endungen ist es auch erstmals möglich, Internetadressen zu vergeben, die andere Schriftsätze als den sogenannten American Standard Code for Information Exchange (ASCII) verwenden . Dieser basiert auf dem lateinischen Alphabet, erlaubt aber auch eine Handvoll Sonderzeichen sowie Ziffern. 116 Bewerbungen um die “Internationalized Domain Names” lauten auf Adressendungen, die auf anderen Zeichensätzen fußen – also etwa dem chinesischen oder dem kyrillischen. Laut Eco ist der überwiegende Teil davon in Chinesisch, gefolgt von Arabisch und Japanisch. Außerdem finden sich in den Unterlagen der Icann acht Anträge auf kyrillische Endungen, die unter anderem die bekannten Anhängsel “.com” und “.org” ins Russische übertragen. Dazu kommt eine Organisation, die sich für das Anhängsel “.mockba” beworben hat – den russischen Namen der Hauptstadt Moskau.
Interessant ist auch noch ein weiterer Aspekt, der aus der Icann-Liste hervorgeht. So haben sich Unternehmen wie der Versandhändler Amazon oder der Computerhersteller Apple jeweils auf die Adressräume beworben, die auf ihre Unternehmensnamen enden. Ähnlich hat es das Softwarehaus Cisco gemacht. Die Deutsche Post versucht, das lange Kürzel „.deutschepost” zu ergattern, und der Konsumgüterhersteller L’Oreal will sich zum Beispiel “.garnier” für seine gleichnamige Haarpflege-Marke sichern. Gleichzeitig konkurrieren aber auch mehrere Unternehmen um generische Oberbegriffe wie “.cloud” oder “.game”. Amazon etwa will sich neben dem eigenen Unternehmensnamen auch diese Begriffe sichern. Für die Autoren der Eco-Studie könnten diese Doppelstrategien dazu führen, dass “interessante Diskussionen über die geplanten Nutzungsarten nicht nur dieser Top Level Domains erfolgen”. Es bleibe auch abzuwarten, ob nicht auch beantragte Endungen wie “.catholic”, “.islam” oder “.church” noch Kontroversen auslösen. Für .catholic ist beispielsweise derzeit der “Päpstliche Rat für Soziale Kommunikation” aus dem Vatikan der einzige Bewerber, auf .church schielen allerdings gleich zwei amerikanische Bewerber, die Holly Fileds LLC sowie die Life Covenant Church Inc.
Nach der Bekanntgabe der Bewerbungen vor einer Woche prüft die Icann diese nun. Sollte für Adressendungen, die die Begierde mehrerer Bewerber geweckt haben, kein eindeutiger Sieger festgestellt werden, könnten diese dann in einer Auktion versteigert werden, heißt es im Eco-Dossier. Dies alles wird voraussichtlich noch eine Weile dauern: Es ist wohl nicht damit zu rechnen, dass vor dem ersten Quartal 2013 Adressen mit den neuen Endungen freigeschaltet werden.
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Grafikquelle: Eco, Verband der Deutschen Internetwirtschaft
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Zur Ergänzung:
Die Zahl der deutschen Firmen, die ihren Firmennamen als TLD reserviert haben, ist mit 27 recht gering. Recht gut vertreten ist die Pharmabranche mit Boehringer, Fresenius, Merck und Stada. Der Handel ist mit Edeka und Lidl, Obi und Bauhaus dabei, es fehlen aber z. B. Rewe und Aldi. Aus dem Kfz-Sektor sind Audi, BMW, Bosch, MAN, SEW und Schaeffler am Start. BMW gehört zu den wenigen Firmen, die auch einen Markennamen reserviert haben, nämlich „Mini“.
Weitere bekannte Namen: SAP, Deutsche Post, Linde, RWE, TUI, Rexroth, GEA und KSB, ferner ADAC und Spiegel. Drei Mittelständler, die außerhalb der Branche kaum jemand kennt, ergänzen die Liste: ACO aus Rendsburg, ifm Elektronik aus Berlin und BLANCO aus Oberderdingen.
Zu den prominenten Firmen, die auf eine eigene TLD verzichten, gehören Bayer, BASF, Daimler, Adidas, Siemens und die Lufthansa. Auch die Allianz und die Banken sind nicht dabei. Den Rekord schießt mit sieben TLD sowieso die Deutsche Vermögensberatung AG ab, darunter auch die TLD „Pohl“. Reinfried Pohl, der Gründer der Deutschen Vermögensberatung ist damit der einzige Deutsche, der seinen Nachnamen als TLD reserviert hat. Auf diese Idee ist selbst ein begnadetet Selbstdarsteller wie Larry Ellison nicht gekommen.
Vielen Dank für diese...
Vielen Dank für diese interessante Erweiterung. Viele Grüße, Martin Gropp