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Acer: “Microsoft dachte, Windows 8 verkauft sich von selbst“

| 6 Lesermeinungen

Das schwache PC-Geschäft hat Acer zwei Jahre Verluste beschert. Präsident Jim Wong setzt nun stärker auf Tablets und Kombinationsgeräte. Er hält auch die Wettbewerber für verwundbar – inklusive Apple.

© AcerJim Wong, Corporate President von Acer

Jim Wong ist in diesen Tagen wieder etwas besser auf den Softwarekonzern Microsoft zu sprechen. Der Präsident des taiwanischen Computerherstellers Acer sagt, er bekomme endlich etwas Unterstützung von Microsoft bei der Vermarktung von Geräten mit dem neuen Betriebssystem Windows 8. So stemme Microsoft einen Teil des Marketingaufwands für einen neuen Acer-Rechner, der am Freitag in New York vorgestellt wurde. Bei der Einführung von Windows 8 im vergangenen Herbst habe Microsoft Acer dagegen kaum unter die Arme gegriffen. Der Grund für den Sinneswandel? „Wir haben alle gemerkt, dass das nicht funktioniert“, sagt Wong im Gespräch mit der F.A.Z. Statt eines erhofften Schubes hat es im Markt für Personalcomputer zuletzt dramatische Absatzrückgänge gegeben, und Acer hat dabei besonders schwach abgeschnitten.

Wong hält Windows 8 keineswegs für schlecht, vielmehr haperte es nach seiner Meinung an der Kommunikation. Microsoft habe für sein erklärungsbedürftiges neues Produkt, das sich radikal von der Vorgängerversion Windows 7 unterscheidet, keine überzeugende Botschaft gehabt: „Im Prinzip hat Microsoft nur gesagt: Hier ist Windows 8. Und weil 8 größer als 7 ist, werden die Leute schon kommen, und es verkauft sich von selbst.“ Stattdessen habe das neue Betriebssystem die Kunden verwirrt. Tatsächlich ist Windows 8 in vielerlei Hinsicht ein Mischprodukt: Die Software hat zwar einerseits ein völlig verändertes Erscheinungsbild, andererseits ist aber ein Wechsel zur gewohnten Oberfläche möglich. Sie erlaubt die Bedienung sowohl mit Berühren des Bildschirms (Touchscreen) als auch mit der Maus. Und sie ist zum Einsatz sowohl auf klassischen PCs wie Laptops und Desktops als auch auf Tabletcomputern konzipiert.

Der Acer-Präsident hat Windows 8 noch nicht aufgegeben, zumal Microsoft sich nach seiner Beobachtung nun mit der Vermarktung mehr anstrengt. So präsentierte Wong in New York unter anderem ein mit Windows 8 betriebenes Laptop mit dem Namen Aspire R7, das sowohl Touchscreen als auch traditionelle Tastatur hat. Dabei kann der Bildschirm über ein spezielles Scharnier nach vorne gezogen oder in der Schwebe gehalten werden, um das Arbeiten mit der Touchscreen weniger umständlich zu machen als bei einem gewöhnlichen Laptop. Das Gerät, das einen Startpreis von 999 Euro hat, kann auch in ein – wenngleich recht klobiges – Tablet verwandelt werden. Wong meint, dass immer mehr Menschen Computer wollen, die sie sowohl durch Bildschirmberührung als auch mit physischer Tastatur bedienen können. „Wir haben in Marktforschungsstudien gesehen, dass die Nutzer heute ganz automatisch den Bildschirm anfassen, wenn sie einen Computer vor sich haben.“ Wong grenzt sich vom Wettbewerber Apple ab, der die Touchscreens bisher nur auf seinem Tabletcomputer iPad und dem iPhone-Handy hat, aber nicht auf PCs: „Ich finde, Apple unterschätzt die Nachfrage nach solchen Geräten.“

Der Acer-Präsient zeigt sich überzeugt, dass der jüngste Abwärtstrend im PC-Geschäft wieder gebremst werden kann. Diese Marktschwäche trifft sein Unternehmen besonders hart, da es mehr als 80 Prozent des Umsatzes mit Laptops und Desktops erzielt. In den weitaus wachstumsträchtigeren Segmenten der Tablets und Smartphones hat Acer dagegen noch Rückstand. Erschwerend kommt hinzu, dass Acer Marktanteile verloren hat, nicht zuletzt weil die zwischenzeitlich so populären Billig-Laptops oder Netbooks, auf die das Unternehmen gesetzt hat, zu Ladenhütern geworden sind. Acer war vor wenigen Jahren noch gemessen an den Verkaufszahlen der zweitgrößte PC-Hersteller der Welt, ist mittlerweile aber auf den vierten Rang zurückgefallen. Im ersten Quartal stürzte der PC-Absatz von Acer nach Angaben der Marktforschungsgruppe IDC im Vergleich zum Vorjahr um 31 Prozent ab. Das Minus auf dem Gesamtmarkt lag bei 14 Prozent.

Allerdings beteuert Wong, dass Acer auf dem Wege der Stabilisierung sei. So habe sich die Lage im Vergleich zum Schlussquartal 2012 schon wieder etwas aufgehellt. Und wenn man den Verkauf von Tablets berücksichtige, habe das Minus statt bei 31 nur bei 10 Prozent gelegen. Im zweiten Quartal werde es für PCs und Tablets zusammengerechnet sogar einen Zuwachs geben. Das Tabletgeschäft treibt Acer erst seit diesem Jahr mit mehr Nachdruck voran und setzt dabei vor allem auf das Billigsegment. Ein Modell mit einem Startpreis von 119 Euro ist schon auf dem Markt, ein zweites (169 Euro) wurde jetzt in New York vorgestellt. Acer hat damit einen ganz anderen preislichen Schwerpunkt als Premiumanbieter Apple, dessen billigstes iPad 329 Euro kostet. „Wir sehen das größte Wachstum bei den Geräten, die weniger als 200 Euro kosten.“ 70 Prozent aller Tablets, die Acer in diesem Jahr verkauft, werden nach Einschätzung von Wong unter dieser Schwelle liegen. Der Acer-Präsident nimmt sich vor, in diesem Jahr mindestens fünf Millionen Tablets auszuliefern. „Aber es gibt auch eine 50-Prozent-Chance, dass es zehn Millionen werden.“ Zum Vergleich: Apple hat allein im vergangenen Quartal fast 20 Millionen iPads verkauft.

Noch schwächer ist Acer derzeit bei Smartphones. Wong führt dies darauf zurück, dass Acer sich mit zu vielen verschiedenen Modellen verzettelt habe. Das Unternehmen will es nun mit einer gestrafften Produkpalette versuchen. Wong hofft, in diesem Jahr bis zu 1,5 Millionen Smartphones zu verkaufen, 2012 waren es weniger als 500000. Die Offensiven bei Tablets und Smartphones werden nach seiner Einschätzung dafür sorgen, dass der Anteil von PCs am Gesamtumsatz von heute 80 Prozent bis 2015 auf 50 Prozent oder weniger sinkt.

Acer wird in diesem Jahr nach Wongs Worten wieder profitabel sein. Das Unternehmen hat in den vergangenen beiden Jahren Nettoverluste erwirtschaftet. Schon für das erste Quartal 2013 werde Acer aber wieder einen kleinen Gewinn ausweisen, und im folgenden Quartal werde sich das Ergebnis weiter verbessern. Auf längere Sicht verfolgt Wong viel größere Ambitionen: „Wir wollen noch immer die Nummer eins im PC-Markt werden.“

Seine Zuversicht schöpft Wong auch daraus, dass Wettbewerber Schwächen zeigen. Selbst ein Unternehmen wie Apple, das bis vor nicht allzu langer Zeit im Smartphone- und Tabletmarkt den Wettbewerb überstrahlte, sei anfällig. „Apple ist nicht mehr so cool wie früher,“ sagt Wong. Das Fehlen des 2011 verstorbenen Mitgründers Steve Jobs mache sich bemerkbar, zumal Apple die Messlatte selbst immens hoch gelegt habe.

Was Microsoft betrifft, ist Wong noch immer nicht ganz versöhnt – allen verstärkten gemeinsamen Anstrengungen für das PC-Geschäft zum Trotz. Er verübelt dem Softwarekonzern, dass er mit der Einführung seines Tabletcomputers Surface nun selbst mehr auf eigene Hardware setzt. Damit ist der langjährige Partner aus Sicht von Wong auf einmal auch ein Wettbewerber. „Das ist, wie wenn man gleichzeitig Spieler und Schiedsrichter ist.“

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6 Lesermeinungen

  1. Jeeves3 sagt:

    ... Gebabbel ...
    “hält Windows 8 keineswegs für schlecht, vielmehr haperte es nach seiner Meinung an der Kommunikation.”
    Übersetzt heißt das wohl: Win 8 ist zwar Mist und noch schlimmer war die Reklame dafür.

  2. tylerdurdenvolland sagt:

    Gut gesagt Klaus Müller....
    „Wong hält Windows 8 keineswegs für schlecht, vielmehr haperte es nach seiner Meinung an der Kommunikation.“

    Woran es hapert ist eine einleuchtende Erklärung warum Win 8 eine Verbesserung sein soll. Etwas für das man Geld ausgeben soll um dann Zeit mit dem Neu-Erlernen der Bedienung zu verschwenden ohne, dass sich letztlich irgendein Unterschied im Ergebnis zeigen kann.

    „Der Acer-Präsient zeigt sich überzeugt, dass der jüngste Abwärtstrend im PC-Geschäft wieder gebremst werden kann.“

    Natürlich sagt er das… denn genau dafür wird er ja bezahlt.
    Die banale Wahrheit ist, dass die grosse Mehrheit der Computer Nutzer keineswegs in Wikipedia etwas erklärt haben will, man will twittern und in Facebook seine Freunde zählen. Und dazu reicht ein Smartphone. man kann zu Starbucks zur Not noch ein apple notebook mitschleppen, aber allzu viel Eindruck kann man damit nicht mehr schinden. Ein gutes “smart”phone tut es da auch, und man hat wesentlich weniger zu schleppen.

    Es ist ja nach wie vor dasselbe Volk das die BILD zur meistgelesenen Zeitung macht….

  3. tylerdurdenvolland sagt:

    Na also... wer sagts denn...
    Ein paar Srunden nach meinem kommentar gibt Micvrosoft die meldung heraus man werde Win 8 “überarbeiten”

    Das wird weder etwas daran ändern, dass weder Microsoft noch Apple je wieder das Prestige ihr eigen nennen können, das sie vor langer, langer Zeit mal hatten, als wir alle noch sehr viel dümmer waren als heute.

    Noch wird es dem Computer Markt einen neuen Aufschwung bescheren.

    NICHTS kann das, all diese Neuereungen sind lächerlich und selbstverständlich keinen Euro wert.

  4. mslilie sagt:

    Neues Produkt, doch keine Käufer
    Nur weil das Produkt die Zahl 8 beinhaltet, heisst es nicht, dass Käufer direkt aus Ihren Löchern kommen. Windows 8 ist bei weitem nicht so ein Kassenschlager, aber die notwendigsten Tools habe ich gefunden: https://www.inar.de/usability-studie-wie-benutzerfreundlich-ist-das-neue-windows-8/

  5. matthias.boehme sagt:

    Sorry, aber allmählich muss ...
    … man sich fragen, ob die FAZ zum Werbeträger von Microsoft geworden ist. Der grundlegende Fehler an Win 8 ist, dass er einfach alles in einen Topf schmeißen will: Desk- und Laptop, Tablet, ggf. auch noch künftig Smartphones. Für den Desk- und Laptop bietet Win 8 keinerlei Vorteile im Verhältnis zu Win7. Die wenigen Verbesserungen hätte man auch einfach im Wege eines Updates einfließen lassen können.

    Ansonsten korrespondieren die Win8-Probleme mit den Hardwareproblemen: Lange waren Rechner langsam, konnten viele Aufgaben nicht erledigen. Seit über 7 Jahren ist das anders. Im Grunde genommen werden 2005 bis 2007 durch die Hardware über 90 % der User voll befriedigt. Die Leute wollen eine überschaubare Textverarbeitung, E-Mail-Programm, ggf. verbunden mit einem Programm für die eigenen Kontakte und Termine, ein bisschen Bildverarbeitung, ggf. Anschauen von DVD und Blue-Ray, Musikhören und rippen, vielleicht noch Mal ein Zeichen- und Malprogramm. All das verarbeitet seit Jahren die am Markt befindliche Hardware. Und eben auch die am Markt gängige Software. Kaum einer kauft sich noch einen neuen Computer, weil er schnellere und bessere Technik benötigt. Allenfalls wird ein neues Gerät gekauft, weil das alte kaputt ist. Und mit der alten Hardware genügt eben auch die alte Software. Neue Software kann kaum etwas elementar Neues, dass die Neuanschaffung von Software rechtfertigen könnte. Und das Kachelsystem mag originell sein, eine wesentliche Verbesserung für den Desktop- und Laptop bringt das Betriebssystem nicht. Und auf Tablet & Co. sind andere Anbieter am Werk, die mindestens (!) ebenbürtiges seit Jahren etabliert haben.

    Das Problem, das MS mit Win8 hat, wird sukzessive die gesamte Softwareindustrie ergreifen. Für die Masse der User wird keinerlei Software wesentliche Verbesserungen bringen. Nicht umsonst gibt es noch genügend User, die selbst heute noch mit WinXP arbeiten. Und das ist ja der Grund, dass mehr und mehr Anbieter – so auch MS, aber z. B. aktuell auch Adobe – verstärkt vom Kaufmodell zum Mietmodell wechseln wollen. Weil immer weniger Software verkauft werden wird, will man den jährlichen Obolus vom Kunden. Künftig wird lebenslang jedes Jahr an den Softwareanbieter abgedrückt. Nicht im Interesse des Kunden, sondern ausnahmlos im Interesse des Unternehmens.

    Und deswegen habe ich diesen Beitrag unter Linux geschrieben. Spätestens das Mietmodell wird verdientermaßen den offenen Betriebssystemen die User zutreiben.

  6. shorafix sagt:

    Hhm, Touchscreen statt Trackpad also?
    Ich bin nicht überzeugt! Im Bereich Customer Relationship (aka Beratung von Kunden am Arbeitsplatz) verfügen wir über Touchscreen Bildschirme oder auch all-in-one von MSI. Unsere Warenwirtschaftssoftware ist entsprechend angepasst. Allerdings sehe ich im Büro Bereich keinerlei Vorteile. Im Gegenteil: die PC Anwender sind schlicht verwirrt. Die Geschäftsleitung – meine Frau und ich – verwenden dagegen lieber einerseits ihr Macbook (im Büro je in Verbindung mit einem Cinema Display 23″) oder ein iPad. Die Bedienung mit Gesten gelingt dabei auf einem externen oder internen Trackpad auf dem Mac mindestens so gut oder besser wie auf einem All-In-One PC mit Touchscreen. Bei letzterem ist Ergonomie (mit oder ohne Ständer) ein allgegenwärtiges Thema. Manchen ist der Arm doch zu schwer.

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