Sebastian Thrun kramt in seiner Tasche und holt „Google Glass“ hervor. Selbstverständlich hat der Deutsche die Datenbrille dabei, schließlich war er eine Zeit lang bei dem amerikanischen Internetkonzern für das Projekt federführend zuständig. Thrun sagt, er benutze den auf der Nase getragenen Minicomputer nicht ständig, aber zwei bis drei Mal die Woche schon. Das ganze öffentliche Herummäkeln an dem Produkt kann er nicht verstehen: „Wer die Brille wirklich getragen hat, findet sie gut. Ich bin sicher, das wird ein Erfolg,“ sagt er im Gespräch mit der F.A.Z. Das Produkt ist noch nicht auf dem Markt, bisher hat nur ein ausgewählter Nutzerkreis ein Exemplar bekommen. Aber schon jetzt schlägt der Google-Brille Argwohn entgegen, dass sie die Privatsphäre von Menschen noch mehr untergraben und die Sitten im persönlichen Umgang weiter verrohen lassen könnte, etwa weil sie unauffälligeres Fotografieren als ein Smartphone erlaubt.
Allerdings ist Google für Thrun heute ohnehin nur noch ein Nebenjob. Er verbringt noch einen Tag in der Woche bei „Google X“, der von ihm mit ins Leben gerufenen Forschungseinheit, in der Google-Projekte wie die Datenbrille und das selbstfahrende Auto entstanden sind. Ansonsten ist er mittlerweile selbst unter die Unternehmer gegangen und verfolgt eine Idee, die kaum weniger abenteuerlich erscheint wie die futuristischen Google-Initiativen. Vor etwas mehr als einem Jahr gründete der gebürtige Solinger im kalifornischen Silicon Valley das Unternehmen Udacity, einen Anbieter von Online-Kursen. Udacity stellt die Lehrinhalte gratis oder zumindest sehr billig zur Verfügung und liefert damit ein Kontrastprogramm zu den horrenden Studiengebühren, für die Amerika bekannt ist.
Thrun nimmt sich vor, mit Udacity den amerikanischen Universtitätsbetrieb aufzumischen, der nach seiner Auffassung reif für eine Auslese ist. Er meint, in fünfzig Jahren wird es vielleicht nur noch zehn bedeutende Institutionen in der amerikanischen Hochschulausbildung geben, und er hofft, dass sein Unternehmen dann dazugehört. Nach Thruns Überzeugung wird sich das ganze Verständnis von Ausbildung radikal wandeln. „Universitätsabschlüsse werden verschwinden. Vielleicht nicht morgen oder übermorgen, aber langfristig.“ Es sei überholt, die Ausbildung auf einen begrenzten Lebensabschnitt in jungen Jahren zu konzentrieren und mit einem Titel im wesentlichen abzuhaken. Lernen werde ein permanenter Prozess, da sich die Anforderungen im Arbeitsleben rasanter verändern. Thrun verweist auf Schätzungen, wonach 65 Prozent der Kinder, die heute in die Schule kommen, einmal Berufe ausüben werden, die es gegenwärtig noch gar nicht gebe. „Wir müssen die Ausbildung in Amerika ins einundzwanzigste Jahrhundert bringen“, sagt Thrun, der früher selbst an der berühmten Stanford-Universität im Silicon Valley gelehrt hat
Udacity gehört zu einer Gruppe aufstrebender Anbieter von sogenannten „Massive Open Online Courses“ (MOOC), also Kursen und Vorlesungen, die für einen riesigen Teilnehmerkreis zumeist gratis im Netz verfügbar sind. Neben Udacity zählen Coursera und EdX zu den bekanntesten Vertretern. Die Organisationen sind teils gemeinnützig und teils, wie Udacity, gewinnorientiert. Manche sind Initiativen von Universitäten und bieten existierende Vorlesungen in aufbereiteter Form an. Udacity setzt in seinen mittlerweile 25 Kursen mehr auf eigenes Material und praxisbezogene Themen, etwa: „Wir baue ich eine Internetsuchmaschine?“ oder „Wie programmiere ich ein selbstfahrendes Auto?“ Zu beidem sollten Kursteilnehmer nach jeweils sieben Wochen in der Lage sein, verspricht Udacity. Die Videolektionen sind gespickt mit Tests und Übungen, Thrun hält einige der Kurse selbst.
So großartig aus Sicht von Lernwilligen der Gratiszugang zu qualitativ hochwertigen Lehrinhalten sein mag: Für die etablierten Universitäten, die zum Teil selbst mit MOOC-Anbietern kooperieren und ihnen Inhalte zuliefern, stellt sich die Frage, ob damit das traditionelle Studium entwertet wird. Die neuen Online-Universitäten haben derweil ihre eigenen Herausforderungen. Die oft riesigen Teilnehmerzahlen erschweren persönliche Betreuung und Überprüfung des Lernfortschritts. Auch anerkannte Leistungsnachweise sind bislang eine Mangelware. Über all dem schwebt die Frage nach dem Geschäftsmodell: Wie können MOOC-Anbieter Geld verdienen, wenn sie ihre Kurse kostenlos ins Netz stellen?
Udacity hat bislang nach den Worten von Thrun zwei Umsatzquellen: Zum einen konzipiert Udacity maßgeschneiderte Kurse für Unternehmen, zu den bisherigen Kunden gehörten Google und Microsoft. Die Kunden zahlen um die 200000 Dollar für eine solche Auftragsproduktion, die dann auch für die Allgemeinheit gratis verfügbar gemacht wird. Daneben bietet Udacity für einige seiner Kurse auch gebührenpflichtige Varianten an, die einen anerkannten Leistungsnachweis einer Universität bringen und außerdem mehr direkte Betreuung versprechen. Dazu hat das Unternehmen zu Jahresbeginn eine Partnerschaft mit der kalifornischen San Jose State University geschlossen. Diese mit offiziellen Zeugnissen verbundenen Kurse kosten 150 Dollar. Insgesamt erwartet Thrun in diesem Jahr einen Umsatz im einstelligen Millionenbereich. Er will nicht ausschließen, dass langfristig auch Werbung oder Gebühren für die Vermittlung von Studenten an Arbeitgeber zu Einnahmequellen werden könnten. Entsprechende Pläne gebe es aber bisher nicht.
Auch wenn Thrun einerseits das Hochschulsystem aufrütteln will, sucht er doch auf der anderen Seite mehr und mehr die Nähe der etablierten Institutionen. Und obwohl er Universitätsabschlüsse langfristig zum Auslaufmodell erklärt, sieht er an deren heutiger Relevanz offenbar kein Vorbeikommen. Das jedenfalls lässt die bisher wohl weitreichendste Allianz vermuten, die Udacity erst vor wenigen Wochen mit einer Hochschule geschlossen hat. Zusammen mit dem Georgia Institute of Technology in Atlanta bietet Udacity zum ersten Mal einen kompletten Studiengang an, der am Ende auch einen „Masters“-Titel bringen soll. Es wird sich um ein Informatik-Studium handeln, und die Studiengebühr soll bei 7000 Dollar liegen – deutlich weniger als die 40000 Dollar, die der nicht virtuelle Informatik-Studiengang vor Ort mindestens kostet, wobei Thrun sagt, er wollte den Preis ursprünglich sogar auf 4000 Dollar begrenzen. Zu dem Projekt steuert der Telekommunikationskonzern AT&T zwei Millionen Dollar bei. Das geschehe nicht zu reinen Sponsoring-Zwecken, sondern auch, weil der Konzern hofft, mit dem Online-Studium sein eigenes Personal weiterzubilden. Entstehende Gewinne aus dem Programm werden zwischen der Universität und Udacity aufgeteilt.
Thrun sagt, der Partner in Atlanta müsse nicht fürchten, dass das reguläre Studium vom billigeren Online-Kurs verdrängt wird. „Es wird immer noch Studenten geben, die vor Ort auf dem Campus sein wollen.“ Allgemein sieht er Online-Kurse noch nicht als das Ende für das Studentendasein an der Universität. Viele der Teilnehmer an Udacity-Kursen seien keine Studenten, sondern Schüler oder auch Berufstätige.
Thruns Ambitionen reichen weit über Amerika hinaus. „Ich will Bildung in die ganze Welt bringen.“ In Deutschland haben Hochschulen in Freiburg, München und Berlin Udacity-Kurse mit Scheinen anerkannt. Das sind aber bislang nach Darstellung von Thrun nur informelle Allianzen, für die kein Vertrag geschlossen wurde. Allgemein hält er sein Konzept auf Deutschland übertragbar, auch wenn hierzulande angesichts niedrigerer Studiengebühren die Ausgangsposition anders ist als in Amerika. „Die Notwendigkeit, immer weiter dazuzulernen, gibt es überall auf der Welt.“
Bei seinem Karrierewechsel vom realen zum virtuellen Professor hat Thrun auch eine überraschende Erkenntnis über sich selbst gewonnen: „Durch die Online-Kurse habe ich meine Meinung über meine pädagogischen Fähigkeiten nach unten revidiert. Ich habe festgestellt, dass ich eigentlich kein guter Lehrer bin.“ Zwar sei es ihm in Stanford leicht gefallen, seine Studenten mit den Vorlesungen zu interessieren und zu unterhalten. Aber die Online-Lektionen hätten bessere Ergebnisse bei den Studenten gebracht. „Das ist offenbar im Vergleich zu meinen Vorlesungen eine bessere Lernmethode, um Aufgaben lösen zu können.“
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Thruns Abbrecherquote beträgt 90%.
Es ist nicht das erste Mal, dass man glaubt, E-Learning würde das Lernen revolutionieren. Bereits B. F. Skinner träumte von einer Lehrmaschine, mit der man -zumindest dem Ideal seiner behvioristischen Lerntheorie folgend- den Lernerfolg optimieren könne. Während in den 70er/80er-Jahren Computer Based Trainings dieser Idee erstaunlich nah kamen und das Lernen zum ersten mal “revolutionieren” sollten, gab es Ende der 90er/Anfang der 2000er Jahre mit dem Aufkommen der Web Based Trainings einen regelrechten E-Learning-Hype, der schon wieder das Lernen “revolutionieren” sollte. Schließlich war Mitte der 2000er Jahre das Blended Learning der große Heilsbringer, zur Zeit sind es neben MOOCs vor allem so genannte Serious Games sowie das Mobile Learning.
Gemeinsam haben all diese (ziemlich rasant und unübersichtlich verlaufenden) Entwicklung nur eines: Die erwartete Revolution blieb regelmäßig aus. Und das ist kein Wunder:
Der Prozess des Lernens selbst ist höchst komplex und von vielen äußerst instabilen intra- und interindividuellen Faktoren abhängig. Nicht jedes Medium ist für jedes Lernziel, jede Gruppe, jeden Lerntyp, jede Vorwissen, jeden Zeitpunkt, jedes Thema oder jede Situation gleichermaßen geeignet. Hier fängt die pädagogische Profession an, hier hört die technische auf.
Keine Form von E-Learning bringt eine eigene Didaktik mit, ohne ein vernünftiges didaktisches Konzept funktioniert es nicht. UdaCity hat eine Abbrecherquote von 90%, Thrun hat daraufhin den Hamburger Erziehungswissenschaftler Rolf Schulmeister per Skype um Rat gebeten. Der nimmt eine recht kritische Haltung zu MOOCs ein, wie man hier https://log.joeran.de/schulmeister-as-undercover-students-in-moocs/ in der Zusammenfassung lesen und hier https://wiklin.blogspot.de/2012/12/massive-open-online-courses.html als Vorlesungsvideo sehen kann.
Eine etwas abwägender Haltung von Peter Baumgartner ist hier https://peter.baumgartner.name/2013/02/25/moocs-ueberzogene-kritik-und-ueberzogene-erwartungen/ zu lesen.
Wer sich für MOOCs über die schlichte Teilnahme an einem der Kurse hinaus interessiert, sollte sich in jedem Fall mit beiden Positionen vertraut machen, fest steht: Die geschürten Erwartungen sind (mal wieder) völlig unrealistisch, die Geschäftsmodelle dahinter teilweise fragwürdig. Statt sich allzu sehr von der Eigendarstellung der Anbieter blenden zu lassen und in den Lobgesang einzustimmen, sind Zweifel angebracht.
Abbrecherquote
90 % sind sicherlich sehr hoch, aber 40-50 % ist auch nicht gerade ein “Pappenstil” für viele Studiengänge an der Uni…
Online-Kurse haben für Interessierte Testcharakter
Besser 90% Abbrecherquote bei einem Online-Kurs als 40-50% bei einer Präsenzveranstaltung, allein schon wegen der Kosten. Zudem haben Online-Kurse der bisher verbreiteten Art für viele Interessierte Testcharakter. Viele möchten einfach nur mal sehen, was ggf. auf sie zukommt oder ob sie das Thema wirklich interessiert.
Da kann man...
…von halten was man will. Aber eines ist klar, sollte das Konzept aufgehen, kristallisiert sich erneut die Wichtigkeit der Sprache heraus. Es wird immer schwieriger qualitativ hochwertige Informationen auf Deutsch zu erhalten.
Das "öffentliche Herummäkeln" an Google Glass kann er nicht verstehen?
Google Glass war gestern. Selbst Insider der amerikanischen Computerwelt geben Google Glass nur geringe Chancen. Hingegen halten sie die in Vorbereitung befindlichen, wie eine Armbanduhr getragenen Computer für die kommenden Renner.
Wie verhält es sich denn
mit der persönlichen Betreuung und der Überprüfung Lernfortschritts bei Massenveranstaltungen an der Uni? De facto läuft das nach dem gleichen Schema ab wie die elektronische Alternative.
Eine Uni ist mit der Betreuung der meisten Studierenden doch gänzlich überfordert, Hausarbeiten werden nach dem Würfelprinzip bewertet, Klausuren danach gestellt und benotet wie hoch die Quote sein muss die durchfällt damit die Raumkapazitäten in den späteren Seminaren genügen… Soviel zum persönlichen Touch der Unis…
Vorlesung versus MOOC
Die Frage, wie viel Studenten ueber blosse Unterhaltung hinaus von Vorlesungen profitieren, stellt sich wohl jeder Professor. Meiner Meinung nach liegt ihr zum Teil ein Missverstaendnis dessen zugrunde, was Vorlesungen leisten. Das eigentliche Lernen findet nicht dort statt, sondern in Uebungen, Praktika und im Selbststudium. Wenn das in Stanford nicht funktioniert hat, so funktioniert es doch offenbar an anderen Universitaeten. Anderenfalls waere ja kaum zu erklaeren, wie es mit der traditionellen Universitaetsausbildung zum gegenwaertigen Stand von Wissenschaft und Technik kommen konnte.
Vorlesungen haben dennoch einen Sinn. Sie koennen einen Ueberblick ueber ein Gebiet vermitteln, aufzeigen, was zu lernen ist und welche Konzepte besonders wichtig (weil allgemein anwendbar) sind und sie koennen zum Lernen motivieren. Nicht zuletzt ist es fuer die Studenten hilfreich, jemanden zu sehen, der das offenbar beherrscht, was sie gerade lernen wollen oder fuer einen Abschluss lernen sollen.
Dem Vergleich Thruns am Ende des Artikels liegt noch in einer weiteren Hinsicht unsaueberes wissenschaftliches Denken zugrunde. Was genau bedeutet es, dass die Studenten im Udacity-Kurs besser Aufgaben loesen koennen? War das Niveau der Studenten vor dem Kurs das Gleiche wie in Stanford? War das Interesse der Studenten an dem Kurs das Gleiche? Falls bei Udacity tatsaechlich 90% abbrechen, sind die Studenten vielleicht nur deshalb besser, weil es die 10% mit der groessten Begabung oder dem groessten Interesse sind? Es ist bekannt, dass bei den etwa 10% der Besten die Lehrmethode wenig Einfluss hat- diese Studenten “holen” sich im Selbstsstudium, was sie brauchen.
Ein weiteres methodisches Problem des Vergleichs ist die Beschraenktheit der Kurse auf kleine Spezialgebiete. Man muss annehmen, dass die meisten Teilnehmer (wenigstens unter den 10%, die durchhalten) schon mit einem guten allgemeinen Grundwissen des breiteren Fachgebiets (z.B. Software Engineering) beginnen, in das das Spezialgebiet eingebettet ist. Die meisten werden dieses Grundwissen aus einem klassischen Studium haben. Selbst wenn MOOC fuer ein kleines, modisches Spezialgebiet wirklich besser waere, koennte man daraus nicht schliessen, dass auch die Grundlagenausbildung mit MOOC gut funktioniert.
Selbst bei direkten und kontrollierten Vergleichsstudien muss man sehr vorsichtig sein. Wenn man auf dem Gebiet der Lehrmethodik etwas Neues einfuehrt, das die Schueler oder Studenten noch nicht kennen, fuehrt das zunaechst zu hoeherem Interesse und groesserem Engagement. Daraus kann man nicht schliessen, dass die neue Methodik auch dann noch hoeheres Interesse und Engagement erzeugen wird, wenn sie zur Standardmethodik gemacht worden ist, mit der die Schueler und Studenten nun staendig konfrontiert werden.
Dieser Trugschluss (neuen Formen wuerden dauerhaft bessere Beteiligung erzeugen als die alten) liegt vielen Reformen der letzten Jahrzehnte im Bildungswesen, insbesondere im Schulwesen, zugrunde. Das diese Reformen wirklich zu einer besseren Bildung gefuehrt haetten, kann nicht ernsthaft behauptet werden.
Cooles Konzept, aber differenziert zu sehen
An sich ist das eine tolle Sache. Und in gewisser Weise auch eine revolution. ob es allerdings das Lernen grundlegende verändert, in Richtung des Online Lernens, dass kann ich mir nicht vorstellen. zu grundlegend verschieden sind halt die Lerntypen, Lernstile und vor allem Lernziele.
Langfristig wird es das Studium in seiner heutigen Form nicht mehr geben
Didaktisch sind heute manche Lehrinhalte, die online angeboten werden, heute schon 99% der Vorlesungen zum selben Thema überlegen. Das hängt zu einem damit zusammen, dass ein Online-Kurs mehr Möglichkeiten in der Aufbereitung und Darstellung der Inhalte bietet. Neben das Wort, tritt das Bild. Das Bild kann authentische Quellen aufzeigen und unmittelbar einflechten. Statt immer dieselbe Vorlesung runterzuspülen, werden Professoren eben an der laufenden Verbesserung der Inhalte arbeiten. Der Student kann Inhalte jederzeit nochmals anschauen und kann sie dann anschauen, wenn er sich darauf konzentrieren kann. Multimedial lässt viel mehr in kürzerer Zeit vermitteln, da man nicht nur hört, sondern auch sieht. Der Student kann bereits am Ende der Vorlesung überprüfen, ob er auch alles verstanden hat etc.
Mooc ist nur ein weiterer Schritt in die Richtung neuer Formen der Wissensvermittlung, die sich zwangsläufig dann durchsetzen wird, wenn sie schneller und besser zum Ziel führt. Es ist absolut illusorisch zu glauben, dass es das Studium in seiner heutigen Form auch noch in dreißig Jahren geben wird.
Der letzte Klassenkampf wird ein Bildungskampf sein
Das aktuelle Bildungssystem ist an die aktuelle Gesellschaftsform gebunden. An die Klassengesellschaft. An die sog. „ökonomische Gesellschaft“ (https://blog.herold-binsack.eu/die-nahe-zur-offenen-diktatur-des-kapitals/). An die Warenwelt. An den Kampf zwischen Lohnarbeit und Kapital. Die Wissensvermittlung in einer solchen Gesellschaft ist nicht zu trennen, von der Macht, die sie vermittelt, und von der Ohnmacht derer, die dieses Privileg nicht erhalten. Dementsprechend die Formen der Wissensvermittlung. Analog der Akkumulation von Kapital wird es ebenfalls akkumuliert. Konzentriert. Verwaltet. Die Abschlüsse zementieren die Klassengesellschaft, hilft die Menschen einzuteilen in Arbeitende und Kapitalhortende/Wissensverwaltende. Im Gehirn wird das Wissen gespeichert, weniger die Methode der Wissensverarbeitung. Denn diese Methode wäre dem Prinzip nach gefährlich, u. U. revolutionär. Sie läuft der Akkumulation in privilegierten Gehirnen zuwider. Sie wirkt ansteckend. Sie bringt die Klassenstrukturen durcheinander. Deswegen wird der letzte Klassenkampf ein Bildungskampf sein. Und dieser Kampf hat bereits begonnen.
Sie scheinen sich zu irren...
…wir kaufen gerne Produkte, die mit Automaten hergestellt wurden. Aber das Denken und das Handwerk, lassen wir uns nicht von gefühlskalten Robotermenschen abtrainieren. Da scheint im Herzen mehr als ein Herzfehler zu sein! Nämlich nur noch Ratio, Gier, aber gar kein Gedanke, wem das Nutzen soll. ein langweiliges Leben, wenn man selbst nichts mehr zu tun hat. Sie sind diejenigen, welche die Faulheit erst richtig kreieren. Denn im Gegenzug zu ihren klugen worten, empfehlen selbst Ärzten ihren Patienten Bewegung. Und nicht Fernsteuerung.
Nicht wirklich neu
Der Fokus auf hippe technologiegetriebene Geschäftsmodelle lässt außer acht, dass auch hierzulande die Zeit nicht in vermieften Hörsälen stehengeblieben ist. MOOCs, die per Gießkannenprinzip in unstrukturierter Weise an hunderttausende ausgeschüttet werden, haben sicher auch ihre Berechtigung; das wahre Zauberwort heißt aber schon seit geraumer Zeit “Blended Learning”, eine Verbindung unterschiedlicher Lernformate und Lernorte, die sowohl real als auch virtuell sein können. Noch wichtiger ist die Anerkennung und Wertschätzung der ganzen Bandbreite des nicht-formalen und informellen Lernens.