Andrew Mason war schon immer ein Entertainer. Als er noch Vorstandsvorsitzender beim amerikanischen Rabattportal Groupon war, fiel er in Interviews oft mit seinem staubtrockenen Humor oder unsinnigen Antworten auf. In der Groupon-Zentrale in Chicago war er berühmt für Spaßaktionen, etwa als er einmal einen Künstler anheuerte, der eine Woche schweigend durchs Büro lief und dabei ein Ballettröckchen anhatte. Mason gefällt sich in der Rolle des schrägen Vogels: „Das Leben ist zu kurz, um ein langweiliges Unternehmen zu sein“, schrieb er im Jahr 2011 in einem Brief an die künftigen Aktionäre, bevor Groupon an die Börse ging. Dumm nur, dass der einstige Internet-Überflieger Groupon nach dem Börsengang tief gefallen ist. Verheerende Geschäftsergebnisse und Patzer in der Bilanzierung ließen den Aktienkurs abstürzen. Im Februar wurde Mason entlassen. Die Abschiedsnotiz an die Mitarbeiter war klassisches Mason-Material: „Nach viereinhalb heftigen und wunderbaren Jahren an der Spitze habe ich entschieden, dass ich gerne mehr Zeit mit meiner Familie verbringen würde. Ist nur ein Witz – ich bin heute gefeuert worden.“
Es lag auch nahe, es für einen Witz zu halten, als Mason im Mai auf seinem Blog eine bizarr klingende Ankündigung machte. Er habe gerade in Los Angeles sieben Lieder für ein Album aufgenommen, das in den kommenden Wochen herauskommen soll. „Hardly workin’“ („Kaum arbeiten“) solle es heißen. Es handle sich um Motivationsmusik für den Beruf. Junge Leute könnten heutzutage nichts mit den üblichen Karrierebüchern anfangen, sondern bräuchten ein anderes Format.
Es war kein Jux: Das Album kam jetzt tatsächlich heraus. Es ist ein bisschen Rock und ein bisschen Country, Masons Stimme ist dünn, aber die Produktion klingt professionell. Mason hat Don Gehman als Produzenten angeheuert, der schon mit John Mellencamp und Pat Benatar zusammengearbeitet hat. Tatsächlich ist „Hardly workin’“ eine Ansammlung von Ratschlägen für Karriere. Allzu viel Selbstreflektion zum eigenen Scheitern bei Groupon ist nicht zu hören, dafür gibt es reichlich Gemeinplätze. „Bring’ den Leuten keine Probleme, bring’ ihnen Lösungen“, singt Mason etwa in „Risin’ above the Pack“, einem Lied darüber, wie man sich im Job von anderen Mitarbeitern abhebt. Ein anderer Tip: „Wenn Du bereit bist, dafür zu arbeiten, dann ist der Rest einfacher, als Du denkst.“
Mason verneigt sich auf dem Album auch vor legendären Namen aus der amerikanischen Wirtschaft. In „K.I.S.S.“ preist er den verstorbenen Apple-Mitgründer Steve Jobs und dessen berühmten Hang zur Schlichtheit. „Weißt Du nicht, oh mein Darling, Komplexität wird Dich umbringen.“ In „Stretch“, einem Plädoyer, sich ehrgeizige Ziele zu setzen, lässt Mason einen Gastrapper mit einem haarsträubenden Reim auf Charlie Munger zu Wort kommen, den Geschäftspartner der amerikanischen Investorenlegende Warren Buffett: „Retain that hunger, or you’ll never ever be the next Charlie Munger“ – „Behalte Dir diesen Hunger, sonst wird Du niemals der nächste Charlie Munger.“
Auf seinem Blog schwärmte der 32 Jahre alte Mason nun, dass ihn seine Musik selbst inspiriere: „Ich habe mir das Album jetzt wahrscheinlich mehr als ein Dutzend mal angehört, und mit jedem Mal habe ich das Gefühl, dass ich etwas lerne.“ Der frühere Groupon-Chef macht auch gleich Vorschläge, wie sein Album im Berufsalltag zur Anwendung kommen könnte. Warum zum Beispiel nicht einmal bei der nächsten Mitarbeiterversammlung den Titel „It’s up to us“ („Es ist an uns“) spielen, wo es in einer Zeile heißt „No pain, no gain“ („Keine Schmerzen, kein Gewinn“)? Oder vielleicht einem Mitarbeiter, der Sorgen macht, einen Speicherstick auf den Schreibtisch legen, auf dem der Albumtitel „My Door is always open“ („Meine Tür ist immer offen“) ist?
Masons musikalische Ambitionen kommen nicht ganz aus dem Nirgendwo. Er hat Musik studiert und war als Schüler in einer Rockband. Er ist außerdem mit einer Sängerin verheiratet. Aber man muss nicht befürchten, dass Mason sich jetzt ganz auf die Musik konzentriert. So deutete er in dem Blogeintrag im Mai an, dass er bald wieder als Unternehmer von sich reden machen will: „Ich habe den vergangenen Jahren einen ganzen Bestand an Ideen angesammelt, und aus meiner Lieblingsidee will ich in diesem Herbst ein Unternehmen machen.“ Um nahe an der kalifornischen Technologiehochburg Silicon Valley zu sein, will Mason mit seiner Frau in diesem Sommer von Chicago nach San Francisco umziehen. Einen Tag in der Woche will er außerdem Jungunternehmern in der Start-Up-Organisation „Y Combinator“ mit Rat und Tat zur Seite stehen – „damit mein Gehirn nicht verkümmert.“
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