Auf dem Technologiefestival „South by Southwest“ in Austin war viel über „Wearables“ zu hören, also am Körper tragbare elektronische Geräte wie Fitnessbänder oder die Computerbrille Google Glass. Und gerade die Google-Brille sorgte für kontroverse Diskussionen, selbst beim technologiefreundlichen Publikum, das sich üblicherweise in der texanischen Stadt versammelt. Eine Veranstaltung hatte sogar den Titel „Glassholes“ – ein in Amerika mittlerweile recht gängiges Schimpfwort für Träger der Brille, die von Google bisher nur an einen kleinen Nutzerkreis abgegeben worden ist und die in diesem Jahr für die Allgemeinheit auf den Markt kommen soll. Bei der Diskussion sollte es auch um die Schattenseiten von Produkten wie Google Glass gehen wie etwa die Sorgen um den Datenschutz, weil die Brille unauffälligeres Fotografieren erlaubt als ein Smartphone.
Diejenigen Diskutanten auf dem Podium, die selbst die Google-Brille aufhatten, konnten nicht allzu viel Bedenkliches an dem Gerät finden. Der Vertreter von Google, Timothy Jordan, sagte lapidar: „Privatsphäre hat für verschiedene Leute eine unterschiedliche Bedeutung“, wobei er pflichtschuldig hinzufügte, dass eine Diskussion über Privatsphäre natürlich geführt werden müsse. Jordan erzählte, er habe sich anfangs erst einmal selbst eine Meinung bilden müssen, ob es in Ordnung sei, Google Glass bei einer Verabredung zu tragen. Und er verriet, wann er die Brille besonders gerne aufhabe („Ich werde nie wieder ohne Google Glass Fahrrad fahren“). Perry Fair von der Werbeagentur JWT machte sich unterdessen während der Diskussion einen Spaß daraus, ins Publikum zu blicken und zu sagen: „Ich mache gerade Fotos.“
Das kam nicht bei jedem gut an. Einer sagte bei der Fragerunde, ihm drehe sich der Magen um, wenn er einfach ungefragt fotografiert werde. Allgemein kamen kritische Worte zu Google Glass vor allem aus dem Publikum. „Ich hoffe ja, dass ihr eure Brillen abgenommen habt, als ihr auf der Toilette wart“, sagte ein Besucher. Eine Frau fragte, ob Google denn nicht ein Marketing-Problem habe, wenn man die Träger seines Produkts „Glassholes“ nenne. Und jemand warf die Frage auf, ob Google Glass denn wirklich mit der Ambition entwickelt worden sei, das Leben der Menschen zu verbessern, oder vielleicht einfach nur ein Projekt technologieverliebter Ingenieure sei, denen es an Empathie mangele.
Google hat unlängst selbst Benimmregeln für die Besitzer der Datenbrille veröffentlicht. So wird den Nutzern nahegelegt, Fotos oder Videos nicht ohne Erlaubnis zu machen. Und mit etwas Selbstironie stellte Google die Grundregel auf: „Sei kein Glasshole.“ Einer der Besucher der „Glasshole“-Veranstaltung meinte indessen, es reiche nicht aus, sich darauf zu verlassen, dass die Glass-Träger sich schon richtig verhalten werden. Vielmehr müsse die Gesellschaft Regeln entwickeln. Google-Mitarbeiter Jordan beteuerte, dass sich Menschen in seiner Gegenwart üblicherweise nicht anders verhielten, wenn er die Brille aufhabe. Einmal habe ihn auf einer Fähre in San Francisco eine Person gebeten, die Brille abzunehmen. Ansonsten seien die Reaktionen positiv: „Die Leute sind begeistert und wollen es ausprobieren.“
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