Netzwirtschaft

Google greift nach deutschen Fernsehern

Es war eine Präsentation in bester Steve-Jobs-Manier, die der Google-Manager Mario Queiroz im vergangenen Juli bot. Der  2011 verstorbene Apple-Chef Jobs war bekannt dafür, am Ende der Hausmessen seines Unternehmens mit den lapidaren Worten  “one more thing” neue Geräte aus der Hosentasche zu ziehen, zum Beispiel im Jahre 2007 den Musikspieler iPod Touch. Auch Queiroz kramte im Juli etwas aus der Gesäßtasche seiner Hose hervor, ein daumengroßes schwarzes Ding, einem USB-Stick nicht unähnlich (ab Minute 42:50). Das Chromecast genannte Steckgerät soll über die Schnittstelle HDMI zum Beispiel Smartphones und Tablets mit Flachbildfernsehern verbinden. So können Nutzer Daten oder Dienste, die sie bisher auf den kleinen Bildschirmen verwenden, auch auf größeren Bildschirmen abspielen.  Bisher war Chromecast nur in den Vereinigten Staaten auf dem Markt. Seit diesem Dienstag ist das Gerät nun auch in Deutschland verfügbar. In insgesamt elf Ländern bringt Google Chromecast nun raus, unter anderem auch in Großbritannien, den Niederlanden, in Frankreich und Spanien. In Deutschland kostet der Stick 35 Euro.

Egal wo, das Internetunternehmen Google mischt damit nun auch auf einer Gerätegattung mit, die ihm bisher vorenthalten war: den Fernsehern. Mit Chromecast ist es nicht nur möglich, zum Beispiel Inhalte der Google-Tochter Youtube auf Großbildschirmen abzuspielen. Auch die kostenpflichtigen Inhalte der hauseigenen Mediathek Play sind nun dort konsumierbar. Gleichzeitig ist Chromecast aber offen für Drittanbieter. Zum Marktstart in Deutschland ist etwa der Videostreamingdienst Watchever chromecast-fähig. Das heißt, wer über das Pauschal-Abonnement von Watchever jetzt schon Filme oder Serienepisoden anschaut, kann sie über das Gerät auch auf den Fernsehbildschirm übertragen. Auch der Watchever-Konkurrent Maxdome werde bald über das Gerät verfügbar sein, sagte Christian Witt, der bei Google unter anderem die Geschäftsentwicklung von Chromecast in Deutschland, Österreich und der Schweiz leitet. Weitere Anwendungen wie etwa Musikstreamingdienste sollen folgen. “Wir sprechen mit vielen Spielern”, sagte Witt. Dazu beitragen soll auch die Offenheit der Systems. Vor vier Wochen habe Google Entwicklern auf einer Plattform Softwareinstrumente zur Verfügung gestellt, mit denen sie ihre Anwendungen für Chromecast aufbereiten können. Nach Angaben von Witt haben sich bisher 3000 Entwickler auf dieser Plattform angemeldet. Zudem sei es aber schon jetzt möglich über Googles Browser Chrome auch jede beliebige Internetseite auf den Fernsehbildschirme zu überspielen, darunter auch zum Beispiel die Internet-Mediatheken von Fernsehsendern.

Google will mit dem Chromecast die Verbindung zwischen Geräten wie dem Handy oder dem Tabletcomputer und dem Fernseher herstellen. Das amerikanische Unternehmen ist nicht das einzige, das diesen Schritt gerade zu gehen versucht. Auch Apple hat mit dem Apple TV eine sogenannte Set-Top-Box auf dem Markt. Allerdings kostet sie ein Mehrfaches des Preises von Chromecast und verbindet anders als die Google-Lösung nur hauseigene Geräte mit dem Fernseher. Chromecast ist dagegen auch offen für Geräte anderer Hersteller, darunter auch zum Beispiel die iPad-Tablets von Apple. Erst in der vergangenen Woche hatte schließlich das stets gut informierte amerikanische Technikblog Techcrunch Gerüchte gestreut, dass auch der Onlinehändler Amazon an einer Verbindung der kleinen mit den großen Bildschirmen tüftelt, die dem Google-Produkt sehr ähnlich sieht. Alle diese Lösungen wollen den Fernseher intelligenter machen. Und das obwohl inzwischen auch viele internetfähige Fernseher in den Wohnzimmern stehen. Nach Angaben der Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik (GfU) wird in diesem Jahr mehr als die Hälfte der verkauften Fernseher in Deutschland internetfähig sein. Allerdings sagten in einer Befragung 41 Prozent der deutschen Smart-TV-Besitzern, dass sie ihr Gerät gar nicht mit dem Internet verbunden haben. Rund 62 Prozent davon wünschen sich keine Internetdienste auf dem TV-Gerät. Für 16 Prozent ist der Anschluss zu kompliziert, 10 Prozent hegen Sicherheitsbedenken.

Google verfolgt trotz der Offenheit des Systems mit Chromecast auch eigene Interessen: Zum einen ist es dem Unternehmen so besser möglich, Musik und Filme besser zu vermarkten, die es im eigenen Play-Store anbietet. Zudem könnte sich die Verfügbarkeit auf den größeren Bildschirmen auch die Nutzung des zu Google gehörenden Videoportal Youtube beeinflussen. Und wenn dadurch Nutzer mehr Filme abrufen, lässt sich dort auch mehr Werbung schalten, die immer noch die wichtigste Einnahmequelle von Google ist. Zuletzt stehen dem Unternehmen über die Verbindung zwischen Chromecast und dem hauseigenen Browser Chrome womöglich in Zukunft auch mehr Daten über die Surf- und Sehgewohnheiten der künftigen Chromecast-Nutzer zur Verfügung.

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