Wer Christopher Muhrs Abschiedsbotschaft vom Donnerstag liest, der würde nicht auf die Idee kommen, dass der Europa-Chef von Groupon Anlass hätte, das Schnäppchenportal zu verlassen. Mit geradezu euphorischen Worten würdigt Muhr in einer Mail an seine rund 5000 Untergebenen die harte Arbeit, mit denen sie zusammen Groupon in den vergangenen Monaten in Europa, dem Nahen Osten und Afrika umgekrempelt hätten. Groupon sei für diese Märkte nun „perfekt positioniert“, um schnell zu wachsen und zu expandieren. Das Unternehmen verfüge jetzt über die Mittel, um eine „strahlende und erfolgreiche Zukunft“ zu gestalten. Die wird allerdings ohne Muhr stattfinden: Mitte Mai wird er seinen Posten bei Groupon räumen und für Tamer Tamar Platz machen, der bisher für das internationale operative Geschäft verantwortlich zeichnete.
Für den 32 Jahre alten Muhr endet damit fast ein halbes Jahrzehnt bei Groupon, in dem er mehr oder weniger die gesamte wechselvolle Geschichte des 2008 gegründeten Unternehmens miterlebte: vom rasanten Aufstieg mit dem Börsengang 2011 über den Rückzug des Gründers Andrew Mason bis zum Wandel des Unternehmens. Gestartet als reiner Rabattangeboteanbieter hat sich Groupon inzwischen zu einer Suchmaschine für Sonderangebote entwickelt. Außerdem verkauft das Unternehmen heute auch direkt Produkte. Das Gutscheingeschäft verliert dabei zunehmend an Bedeutung, was zumindest im vergangenen Jahr auch an der schwachen Entwicklung außerhalb der Vereinigten Staaten lag. In den ersten neun Monaten 2013 sank der Umsatz in Europa, dem Nahen Osten und Afrika stetig. Erst im vierten Quartal verzeichnete das Unternehmen hier wieder einen Erlösanstieg.
Vorbei scheinen die ganz großen Zeiten der Schnäppchenportale, die auch Christopher Muhr zu Groupon brachten. Ende 2009 gründete der gebürtige Rheinländer das Gutscheinportal Citydeal und verkaufte es nach nicht einmal sechs Monaten an Groupon. Seitdem gehörte er dort zur obersten Management-Ebene und übernahm im Herbst 2012 das Europageschäft. Nun will er sich eigenen Projekten widmen. „Es würde mich sehr verwundern, wenn wir nicht auf Dauer auch in Europa gute Ergebnisse erzielen können“, hatte er dieser Zeitung kurz nach der Beförderung vor anderthalb Jahren gesagt. Zuversichtlich gibt sich Muhr zum Abschied aber auch noch einmal in seiner E-Mail an die Groupon-Kollegen: In Europa, Afrika und dem Nahem Osten stünden dem Unternehmen die besten Tage erst noch bevor. Christopher Muhr wird nur noch aus der Ferne beobachten, ob das tatsächlich so ist.