Fünfzig Tage noch. Auch George W. Bush zählt offenbar mit. Denn genau fünfzig Tage vor seinem Eintritt ins postpräsidiale Pensionärsleben hat der noch amtierende Präsident eine Fernsehoffensive gestartet, um schon mal den Historikern den Weg durch seine Präsidentschaft und ihre Folgen zu weisen. Exit interviews, Abschiedsvorstellungen, wie sie jede Primadonna gibt, stehen für die nächsten Wochen an.
Charles Gibson, nicht unpompöser Anchorman bei „ABC World News“, durfte als erster Interviewer im Weißen Haus antanzen und sogar in Marine One, dem für den Präsidenten dauerreservierten Hubschrauber, mit in die frische Luft von Camp David fliegen, wo er vor heimelig loderndem Kaminfeuer einem alles in allem gut gelaunten Präsidenten einige mäßig kecke Fragen stellte.
Bush bleibt Bush. Offenbar auch nach der Wahlniederlage seiner Partei. Ob er die etwa mit verursacht haben könnte? Da will er sich doch nur in sein schulterbebendes Schüttellachen flüchten, heh, heh, heh, und sagen: Ich hoffe doch nicht! Also wer hat Schuld laut Bush? Erstens seine Landsleute, die nur selten ein und derselben Partei drei Amtszeiten hintereinander im Weißen Haus gönnen. (Für seinen Vater machten sie eine Ausnahme, aber das sagt der Sohn jetzt nicht.) Zweitens die vermaledeite Wirtschaftskrise. Und drittens Obama mit seinem disziplinierten, wirklich guten Wahlkampf. Es gab starken Gegenwind, sagt der Präsident, durchaus anerkennend.
Die Finanzkatastrophe? Na, da soll zunächst die Wall Street ihr Mea culpa abliefern, denn mit ihren Unsitten begann sie nicht erst nach Ablegung seines Amtseids.
Gibson gibt sich noch nicht geschlagen. Worauf, fragt er, waren Sie unvorbereitet? Auf Krieg, antwortet der Präsident. Krieg aber, und jetzt wird’s einigermaßen surreal, hat ihm die Freude am Regieren nicht verdorben. Joyful, freudvoll nennt er mehrmals seine Erfahrung als Chef der Nation. Nicht nur Geschichtsschreiber, sondern auch Psychologen sind gefordert.
Dennoch war heute kein guter Starttag für des Präsidenten bitter notwendige Imagepolitur. Offiziell wurde die Rezession ausgerufen, die Wall Street hatte einen neuen Ohnmachtsanfall, und obendrein machte dem jetzigen Präsidenten auch noch der nächste das Scheinwerferlicht streitig. Obama stellte die Mannschaft vor, die alle sein Sicherheitsteam nennen.
Beeindruckend schon, wie Hillary Clinton im sehr seriösen schwarzen Outfit ihr Außenenministerinnenlächeln ausprobierte. Larry King hatte seine himmelblauen Hosenträger angelegt, um vom Watergate-Enthüller Bob Woodward und dem von Republikanern wie Demokraten geschätzten David Gergen zu erfahren, ob das eine gute Entscheidung war. Ja, eine mutige Entscheidung, so Woodward, der sie sich nur mit Obamas großem Selbstvertrauen erklären mochte. Auf Kings besorgten Einwand, ob denn das auch wirklich den versprochenen „change“, den Wandel, garantiere, wartete Gergen mit der wahrlich unanfechtbaren Antwort auf: Obama selbst stellt den Wandel dar.
Fast war da zu hören, wie die ganze Nation aufatmete. Und noch eine gute Nachricht erreichte sie aus der Sachkundigenversammlung bei Larry King: Die Rezession ist nun zwar amtlich, aber zu einer Depression wird es nicht kommen. Noch mal Glück gehabt. Vielleicht.