Ein Gespräch von Star zu Star. Links der Star als designierter Präsident, rechts der Star als emeritierter Anchorman. Zwischen ihnen auf dem runden Tisch, der eher nach Wohnzimmer als nach Konferenzsaal oder Fernsehstudio ausschaut, zwei Kaffeebecher. Die verströmen nun ausgesprochen wenig Starglamour. Im Laufe einer prall gefüllten Gesprächsstunde legen aber auch die beiden Stars einen von Starattitüden bemerkenswert freien, gänzlich uneitlen, ja geradezu beamtenhaften Auftritt hin.
Bei Tom Brokaw, der zum letzten Mal „Meet the Press“ moderiert, hat sich Barack Obama eingefunden. Himmelblauer Schlips. Am Revers das Sternenbanner. Alles tadellos amerikanisch und staatsmännisch korrekt. Das hochgeschätzte Charisma hat er zu Hause gelassen. Auf die Fragen des Sachkenners antwortet der Sachkenner. Und Sachkenner Obama hat die Sache sicher im Griff. Nie kommt er in Verlegenheit, ob Brokaw nach dem Einsatz bewaffneter Drohnen in Pakistan fragt oder nach der angepeilten Stärke der amerikanischen Streitkräfte, die bis auf weiteres im Irak verbleiben sollen.
Obama ist zwar Politiker genug, um sich im Bedarfsfall nicht festzulegen, aber noch beim zielbewussten Herumreden lässt er einen Überblick erkennen, der nach den Darbietungen, wie sie uns sein Vorgänger acht Jahre lang bescherte, eine reine Wohltat ist. Sogar als Brokaw sehr überraschenderweise wissen will, wie wohl demnächst das kulturelle Programm im Weißem Haus aussehen könnte, braucht sein Gesprächspartner nicht um Worte zu ringen. Ein offenes Haus will er führen, ein Haus, wo die Künste und Wissenschaften willkommen sind, wo es Vorträge und Lesungen geben und die ganze Vielfalt amerikanischer Musik, ob Jazz oder Klassik, zu ihrem Recht kommen soll. Wunderbar! Auch wenn er kaum etwas gesagt hat.
Mit Coolness hat das alles nichts zu tun. Von Brokaw befragt, gibt sich Obama eher bedächtig, scheut sich nicht einmal, trocken zu wirken. Auch in dieser Gelassenheit strahlt er eine beneidenswerte Souveränität aus. Bis kurz vor Schluss. Da kommt Brokaw auf Obamas Rauchgewohnheiten zu sprechen. Ja, antwortet der Nikotinpflasterträger, er hat aufgehört zu rauchen. Ab und zu ist es allerdings zu einem Rückfall gekommen. Was im neuen Domizil für Komplikationen sorgen könnte. Denn das Weiße Haus ist eine rauchfreie Zone. First Lady Hillary Clinton hatte das ehedem verordnet. Als Obamas Außenministerin müsste sie dafür sorgen, dass es auch so bleibt.
Das schöne an einem echten...
Das schöne an einem echten Charismatiker ist eben, dass er die Show wenig nötig hat. Er kann, muss aber nicht. Er dosiert seine Auftritte genau, neigt nicht zur Überinszenierung. Damit nimmt man ihm auch ab, dass es in erster Linie um die Sachthemen geht, nicht um die Selbstdarstellung. Obwohl er die natürlich auch perfekt beherrscht.
Das danken ihm Volk und Medien. Zu recht.