Frohes Fest!
Schon falsch. Schon bin ich rekrutiert. Schon könnte es scheinen, als hätte ich im amerikanischen Kulturkampf Partei ergriffen.
Also noch ein Versuch: Frohe Weihnacht!
Auch wieder falsch. Auch wieder ein scheinbares Geständnis. Was soll der ohnehin vorfesttäglich/vorweihnachtlich geplagte Mensch bloß tun, wenn er nur ein paar höfliche Wünsche loswerden will? Der Kulturkampf verschont niemanden, lässt keinen von uns entkommen. Dabei ging es dieses Jahr in Amerika noch relativ friedlich zu. Zwischen Merry Christmas und Happy Holidays entbrannten nur hier und da ein paar Scharmützel.
Bill O’Reilly allerdings, der rechte Scharfmacher, ließ in seiner Fernsehtalkshow, Radiosendung und im Internet keine Chance aus, den Kulturkampf ums Fest des Friedens wieder in eine neue Phase zu befördern. Diesmal legte sich der Star von Fox News mit Christine Gregoire an. Die Gouverneurin des Bundesstaats Washington hatte Atheisten erlaubt, im Regierungsgebäude von Olympia neben der Krippenszene einen Hinweis anzubringen, der nun aber auch wirklich nicht darauf abzielte, weihnachtlich herzerwärmende Gefühle hervorzurufen.
Hier der Text: Es gibt keine Götter, keinen Teufel, keine Engel, keinen Himmel und keine Hölle. Es gibt nur unsere natürliche Welt. Religion ist nichts als Mythos und Aberglaube, welche die Herzen verhärten und den Geist versklaven.
Gregoire konnte sich aufs Oberste Gericht der Vereinigten Staaten berufen. Gestützt auf den ersten Verfassungszusatz waren die Washingtoner Superrichter der Meinung, dass auf öffentlichem Boden jeder Manifestation religiöser Natur ein Auftritt der Gegenseite nicht erspart werden könne.
Niemand in Amerika regte sich mehr groß darüber auf. Außer O’Reilly. Was nicht weiter verwunderlich ist. O’Reilly, der ein Buch geschrieben hat, auf dessen Titel er sich schon als Kulturkämpfer offenbart, muss allein aus geschäftlichen Gründen dafür sorgen, dass die Kulturkämpfe munter weitergehen. Heutzutage ein schwieriges Unterfangen. Die Leute haben mit der Finanzkrise, dem Regierungswechsel, korrupten Politikern und noch korrupteren, inzwischen entzauberten Wall-Street-Koryphäen genug Abwechslung und Sorgen.
Aber O’Reilly wollte die weiße Fahne nicht hissen. Prompt erzählten seine Gegner wieder die Geschichte von den Christbaumkugeln, die, verziert mit dem Logo seiner Show, er einst auf seiner Website zum Verkauf anbot, und zwar als: Holiday Ornament. Bill, please…
Zum Glück ist er jetzt in Urlaub gegangen. Weihnachtsurlaub, wie anzunehmen. Gestern Abend hat seine Vertretung, der emeritierte republikanische Abgeordnete John Kasich, sich darauf beschränkt, aus der Mottenkiste ein altes Segment hervorzuholen, in dem sich Bill O’Reilly von einer kessen Blondine etymologisch auf Weihnachten einstimmen lässt. Doch wie wurde die Konserve angekündigt? Als: Holiday Goodies. Und: It’s Holiday Time.
Darum an dieser Stelle nur: Gutes Neues Jahr!