Schnell, schnell, was waren noch einmal die wichtigsten Themen, die John Updike behandelte? In ihren Nachrufen auf den Schriftsteller sind sich die Nachrichtenabteilungen der Fernsehgesellschaften NBC und CBS einig: Sex! Ehebruch! Scheidung!
Hot!
Aber bevor jetzt die literarische Welt aufseufzt und zu bedenken gibt, dass Updike deswegen doch irgendwie nicht mit Jackie Collins zu verwechseln ist, sei NBC und CBS und ihren beiden Anchorstars herzlich gedankt. Katie Couric und Brian Willams, die gerade mal zwanzig Minuten haben, um die Ereignisse des Tages für die Nation auszupacken, hätten den Tod des Schriftstellers ja auch verschweigen können. Und dafür mehr Zeit gehabt, über eine gerade neu entdeckte sexuelle Dysfunktion berichten können. Zum Beispiel. Aber sie erzählten ihren Zuschauern von einem Mann, der mehr als fünfzig Bücher auf dem Gewissen und die Vorlage für den Film „Die Hexen von Eastwick“ geliefert hatte.
Cool!
Bei CBS kam er postum gar mit der Einsicht zu Wort: Was du auf die Buchseite bringst, das bist du. Nochmals: Cool! Thanx, Katie!
PBS, der nichtkommerzielle Sender, der trotzdem nicht mit den öffentlich-rechtlichen Luxuseinrichtungen deutscher Provenienz zu vergleichen ist, braucht sich da doch nicht ganz so kurz zu fassen. In der „News Hour“ kramt Jim Lehrer aus dem Archiv ein Interview hervor, das Updike 2003 gab. Er hatte damals einen Sammelband mit Short Stories herausgebracht.
Was war er doch perfekt als WASP. Schon perfekt, wie er, ohne die Zähne auch nur einen Spalt weit auseinander zu bringen, lächeln und sogar reden konnte.
Er erzählte also, wie er früh erkannte, dass es eigentlich reiche, das gewöhnliche Leben der amerikanischen Mittelschicht in Suburbia zu beschreiben, um das ganze Leben einzufangen. Im Übrigen habe er sich mit seinem Versuch, die Wirklichkeit darzustellen, nur geistig gesund gehalten. Und glücklich.
Happiness, ja, das sagt er wirklich. Von wegen freudloser Schriftsteller!
Der Kollege Nicholas Delbanco, ein alter Freund, bezeichnet ihn anschließend live als Zeuge Amerikas. Der beste, den es in den letzten fünfzig Jahren gegeben habe. Vor nichts sei er zurückgeschreckt.
Aber, will Jim Lehrer wissen, war er denn auch ein netter Mensch?
Er war heikel, verrät Delbanco nach einigem Nachdenken. Umgänglich, höflich, aber durchaus nicht unkämpferisch.
Dann liest er ein Gedicht Updikes vor. Es handelt von einem Goldfink, der sich in einem Schuppen verirrt hat. Am Ende aber kann er wieder in die Freiheit fliegen.