New Yorker Televisionen

Madoffs Milliardenklau

Nie soll es einen größeren Finanzschwindel gegeben haben. Es wird vermutet, dass Bernard Lawrence Madoff, von seinen ehemals zahllosen Fans nur Bernie genannt, fünfzig Milliarden Dollar verschwinden ließ. Vielleicht waren es auch mehr, viel mehr. Madoff hielt Investoren Jahr für Jahr mit Zinsen um die zwölf Prozent bei Laune, und weil es bei ihm einfach keine schlechten Jahre gab, fanden sich immer mehr Anleger, die bei ihm ihr Vermögen in fabelhaft lukrative Sicherheit bringen wollten.

Steven Spielberg vertraute ihm Stiftungsgelder ebenso an wie Elie Wiesel, aber noch weitaus schlimmer dran sind jetzt nicht ganz so reiche Pensionäre, die ihr gesamtes Vermögen verloren haben und vor dem Nichts stehen.

Niemand ahnte, dass die Firma alte Verpflichtungen nur erfüllen konnte, solange immer mehr neues Geld in die Kassen kam. Madoffs Magie war nichts anders als ein ins Monumentale gesteigertes Pyramiden- oder Schneeballsystem.

Ahnte es wirklich niemand? Die investigativen Virtuosen des Fernsehmagazins „60 Minutes“ haben es geschafft, den Mann, der seit neun Jahren Zweifel an Madoffs traumhaften Erträgen hegte und immer wieder auch die Bundesaufsichtsbehörde, die offenbar selig dahinschlummernde U.S. Securities and Exchange Commission, auf die seltsamen Vorgänge aufmerksam machte, zum ersten Interview vor die Kameras zu bringen.

Aber erst einmal sind sie im Archiv fündig geworden und führen einen Madoff vor, der kühl lächelnd erklärte: Unmöglich, dass heutzutage noch Regeln verletzt werden könnten! Unmöglich, dass Regelverstöße unentdeckt blieben!

 

Da bleibt einem die Spucke weg. Aber was ist soviel Chuzpe schon gegen das himmelschreiende Versagen der SEC?

Harry Markopolos, ein Bostoner Finanzanalyst, war von seinem Unternehmen beauftragt, das Geheimnis um Madoffs sagenhafte Gewinne zu lüften und aufzuzeigen, wie sie nachzuahmen wären.

 

Jährlich zwölf Prozent, ohne jegliche Rückschläge? So gut ist keiner, dachte Markopolos. Entweder stützt dieser Madoff sich auf Insiderinformationen, oder er ist ein Betrüger.

Wie lange brauchte Markopolos, um herauszufinden, dass da etwas nicht mit rechten Dingen zuging?

Fünf Minuten.

Und nach vier Stunden konnte er die Beweise vorlegen, dass Madoff ein Betrüger war.

So geschehen im Jahre des Herrn 2000.

Markopolos informierte umgehend die SEC. Ohne Erfolg. Dennoch ließ er nicht locker und schrieb weiter an die Washingtoner Aufseher: 2001, 2005, 2007, 2008. Einmal gab es sogar eine Antwort: Keinerlei Anzeichen von Betrug.

Wie lässt sich ein solches Debakel erklären? Markopolos meint, den Grund zu kennen: Weil bei der SEC nur Bürokraten arbeiten, die nichts vom Finanzwesen verstehen.

Sehr sonderbar findet er zudem, dass bei Madoff, trotz seiner märchenhaften Ergebnisse, kein einziges bedeutendes Finanzhaus investierte. Warum nicht? Makropolos: Weil sie wussten, was vorging. Und weil niemand, der im Glashaus sitzt, mit Steinen wirft.

Keiner wollte Madoff auf die Schliche kommen. Von der Wirtschaftskrise schwer lädiert, musste seine Firma erst unter ihrer eigenen Last zusammenbrechen. Makropolos, The Man Who Knew, wie er in  „60 Minutes“ heißt, schürt einen ungeheuerlichen Verdacht. Danach ginge die Katastrophe weniger auf ein unvollkommenes System zurück als auf die Gauner, aus denen es besteht. Wall Street wäre, so gesehen, nichts anderes als ein Club großer und kleiner Madoffs.

Die mobile Version verlassen