New Yorker Televisionen

Zwitschern mit Oprah

Bis in Oprahs Talkshow wirft der Eurovision Song Contest seine Schatten voraus. Live aus Hamburg schickten Oscar und Alex die Retronummer, mit der sie den Grand Prix gewinnen wollen, über den Atlantik. Oprah fand’s schon mal ziemlich gut. Aber nebenbei wollte sie auch wissen, wie ihr Landsmann, der Kalifornier Oscar Loya, überhaupt dazu kommt, für Deutschland in Moskau zu singen und swingen.

Also? Engagement für ein Musical in Europa. Globales Showbizgetingel. Partner in München. Wie so was eben passiert.

Oscar, Alex und das Eurovisionsevent mussten sich bei Oprah aber das Scheinwerferlicht mit anderen Talentwettbewerben teilen. Zwischen China und dem Irak, so erfuhren die amerikanischen Fernsehzuschauer, gibt es praktisch keinen talentwettbewerbsfreien Fleck. Versteht sich von selbst, dass auch die jüngste Sangessensation, die nicht mehr ganz junge schottische Hausfrau Susan Boyle, ihren Auftritt hatte.

Oprah war naturgemäß hin und weg. Ihr Lehrsatz des Tages: Da draußen, da gibt es eine große Welt, und die ist voller Talent!

Was schon so sein mag, und doch hatte ich nicht deswegen eingeschaltet. Beim Zeitungslesen, einer auch in Amerika gefährdeten, aber immer noch weitverbreiteten Tätigkeit, war ich auf eine verstörende Meldung gestoßen. Twitter, die Plattform für die Mikroblogger, denen hundertvierzig Anschläge für eine Botschaft reichen, soll zwar immer mehr Nutzer anziehen, sie aber nicht dauerhaft am Zwitschern halten können. Die Begeisterung nimmt schnell ab. Nach einmal Monat sollen von allen Neunutzern im letzten Jahr weniger als dreißig Prozent übrig geblieben sein. Dieses Jahr könnte das Ergebnis ein bisschen freundlicher aussehen.

Was das nun mit Oprah zu tun hat? Oprah zwitschert seit einem Monat. Und hat, soviel ich weiß, auch noch nicht damit aufgehört. Sie oder das Team, das für sie Beobachtungen und Bekenntnisse sparsam verströmt, gehört demnach zu den standhaften dreißig Prozent. Nicht auszudenken, wenn sie einen Rückzieher gemacht hätte. Denn seit dem Tag, an dem sie in ihrer Sendung zu zwitschern begann, stieg die Nutzerzahl um sensationelle dreiundvierzig Prozent. Eine Million Fans waren Oprah sofort in die Twittersphäre gefolgt.

Wie es jetzt weitergeht, weiß niemand. Gewiss ist nur, dass Oprah die Mikrobloggerei, die auch noch das Zähneputzen als mitteilungswürdige Aktivität versteht, kräftig popularisiert hat. Das ist gut fürs Geschäft und schlecht für den Ruf. Eben war Twitter noch in, jetzt ist es schon wieder out. Zumindest bei der Digitalavantgarde.

Feeling really 21st Century, bekannte Oprah in ihrem ersten Tweet. Wenn sie da nur das 21. Jahrhundert nicht unterschätzt hat.

Die mobile Version verlassen