Fremde Städte zu erkunden bedeutet für viele, im Strom der Touristen einzutauchen oder mit Bus oder Bahn zur nächsten Attraktion gekarrt zu werden. Schluss damit – es ist Zeit für einen Stadtrundlauf.
Von der anderen Seite der Stadt, von oben, dort wo die Seilbahn hält, sieht Porto aus wie an den Douro geschüttet. Dicht stehen die roten Ziegeldächer bis ans Ufer des grünen Flusses, auf dem früher die Boote mit dem Wein hielten. Die Fässer rollten die Arbeiter in die Schuppen, in denen der Portwein gemacht wurde.
Schön ist, das alles aus dem Munde eines Einheimischen zu erfahren, der zudem ein Sportkamerad ist. Rui erzählt das alles etwas außer Atem, denn wir laufen. Ja richtig, wir laufen durch die Gassen Portos und er erzählt, was in seiner Stadt zu sehen ist. Denn Rui ist Läufer und kommt aus Porto. Besser gesagt aus Vila Nova de Gaia. Dort, wo wir nun stehen, wo namhafte Portweinmacher Tawny, LBV oder Ruby reifen lassen. Ein toller Ausblick, den viele Touristen scheuen, weil es bis hierhin, noch ein Stück steil nach oben geht. Aber nur hier hat man das gesamte Panorama mit der Ponte Louis des Ersten und den Portweinschuppen, in deren Hinterhöfen wir gerade waren.
“Da unten sieht man renovierte Häuser, direkt neben den verfallenen. Das werden bestimmt mal alles Hotels werden”, sagt Rui. Er hofft für Porto, dass es authentisch bleibt, denn viele alte Häuser sind schon Hotels geworden.
Rui weiß auch, dass man das ehemals schlimmste Quartier der Stadt, das Bairo Sé (unterhalb der Kathedrale), durchlaufen kann. Also laufen wir durch. Ein schriller Pfiff und am anderen Ende der Gasse nimmt eine Gruppe junger Männer Reißaus. Anscheinend wollten ein paar Kleinkriminelle das Viertel doch nicht räumen. Dafür bekomme ich Ruis Lieblingsfadokneipe zu sehen. Und noch viel mehr – außerhalb der Touristenautobahnen und mittendurch. Am Nachmittag füllen sich die Straßen, und es wird schwieriger mit dem Laufen. Gut, dass Rui ein paar Schleichwege kennt, also hin zum Markt parallel zur Haupteinkaufstraße, links, rechts und dann zum Sitz des Bürgermeisters.
Unweigerlich sprechen wir über das Thema Laufen. Wie ist es in Portugal? Wie in Deutschland? Wir sprechen über das, was wir erlebt haben und über das, was noch folgen soll, in unseren Läuferleben.
Ein tolle Idee, die da ein paar Läufer hatten, als sie Porto “On The Run” gründeten. Eine Laufgruppe, in der Gäste aus der ganzen Welt mitlaufen können. Das ist so etwa wie Couchsurfing, nur laufend. Laufen mit der Perspektive eines Einwohners, inklusive Einblick in gesellschaftliche Probleme, Gepflogenheiten des Landes und eben in die Kultur. Das Ganze, obwohl die Läufer bei Porto “On The Run” für sich nicht in Anspruch nehmen, Touristenführer sein. Nein, sie wollen mit Gleichgesinnten laufen und haben daraus ein Geschäftsmodell gemacht. Spaß macht es allemal.
Noch ein paar Fakten
- Ein Stadtrundlauf durch die Portweinhauptstadt kostet 25 Euro pro Tour und Person. Bezahlt wird per Paypal.
- Im Angebot sind drei Touren. Zwei in der Stadt und eine bis zur Küste. Welcher Führer die Tour übernimmt, ist abhängig davon, wer gerade Zeit hat, aber es werden auch abends und morgens Touren angeboten.
- Morgens sind die Straßen noch leer und man kommt gut durch. Nachmittags wird es voller und wärmer. Dann lieber am Abend laufen, wenn die Sonne untergeht.
- Die Laufführer sind flexibel und man kann auch mit einer ganzen Gruppen kommen. Der Kontakt ist schnell über Mail oder Telefon hergestellt. Hier noch der direkte Link zur Seite.
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