#Nilsläuft

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Marathon Frankfurt – zweite Chance für die “Kurzstrecke”

| 2 Lesermeinungen

Der Marathon in Frankfurt war einst mein Grund, ein Ultramarathoner zu werden – mein Ding war er nicht. In diesem Jahr gab ich ihm eine zweite Chance und war überrascht, was man noch so lernen kann.

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Eine zweite Chance hat jeder verdient, also gab ich auch dem Frankfurter Marathon noch eine. Beim ersten Mal war ich geschockt, wie viele Menschen am Start standen, sich mit dem Startschuss die Kleider vom Leib rissen, um anschließend ihre Bestzeit zu reißen. Kommentare wie “ich hab nicht trainiert, aber will trotzdem unter drei laufen” oder “mir egal ob die Sehne hält, ich lauf durch” kannte ich als norddeutsches Landei in der Art nicht. Ich wollte einfach durch die Stadt laufen, in der ich nun wohne und Spaß haben, ohne Durchbeißen und den ganzen Firlefanz. Die ganze Marathonmaschinerie, mein eigenes Langsamsein und die zusammengesackten Bestzeitbrecher am Butterkuchenstand haben mich abgeschreckt. Nie wieder!

Oder doch? Was, wenn es an mir lag? Ein paar Jahre und ein paar Ultramarathons später wollte ich nochmal auf die heimische Marathonstrecke – sehen ob ich beim ersten Mal nur einen falschen Eindruck hatte? Und, ich wollte ein paar Kleinigkeiten probieren: laufen ohne Verpflegung (außer Wasser), laufen ohne Uhr und testen, wie sich mein Training in Minimalschuhen in den vergangenen Wochen ausgewirkt hat.

Mein Trainingsstand war gut, dank einiger Ultra-Einheiten. Zum Glück musste ich diesmal meine Klamotten nicht bei den Organisatoren abgeben und wanderte pünktlich zum Start. Da ich nichts gegessen hatte, ging es mir sehr gut – ich fühlte mich leicht und lief locker los. Ich wählte ein Tempo zwischen leichter Anstrengung und Wohlfühlprogramm, gerade so, dass ich nicht viele Leute überholte, mich aber auch nicht viele überholen mussten. So hatte ich viel Zeit, um mir das Spiel der Sonne zwischen den Wolkenkratzer anzuschauen, die Straße unter mir zu spüren und die Leute am Straßenrand mit einem freundlichen Blick zu würdigen.

Die Hälfte im Flug

Bei Ultramarathonläufen genießt man die Landschaft, jetzt genoss ich die Stadtkulisse. Das klingt nach “Hippielaufen” (so nenne ich es, wenn ich vollkommen in mir selbst ruhe) und so ist es auch ein bisschen. Die Zeit verging wie im Flug. Ein paar Becher Wasser später und ohne Ahnung wie spät es war, erblickte ich das Kilometerschild mit der 18 drauf. Was? Fast ein halber Marathon ist vorbei? Ich muss falsch abgebogen sein. Aber das war unmöglich im Fluss der Läufer.

Zeit für eine Bestandsaufnahme. Es ging mir prächtig, auch ohne Gels und Riegel. Ich hatte weder Durst noch Hunger und mir war weder warm noch kalt. Meine Beine fühlten sich gut an und meine Füße, die beim ersten Mal an dieser Stelle schon “platt” waren wie Flundern, federten leicht über die Straße. Ich überholte nun mehr Läufer, was ich als gutes Zeichen empfand. Dann weiter so, denn bis zu der “unendlich” langen Mainzer Landstraße wollte ich  durchhalten. Die Straße ist etwas außerhalb der Frankfurter Innenstadt und psychologisch wichtig. Es kommt mir vor, als stiegen hier die meisten aus. Viele gehen oder setzen sich an den Straßenrand, auch in diesem Jahr – ich nicht.

Stattdessen wurde sie meine Zielgerade. Ich beschleunigte und flog die letzten Kilometer des Marathons nur so dahin. Gut, von außen sah es bestimmt anders aus, aber ich fühlte mich super. Und schon tauchte ich wieder ein in die Schatten der Frankfurter Innenstadt. Bald habe ich 42,195 Kilometer geschafft. Das Publikum war fantastisch. Trommler heizten den Läufern ein. Rechts, links, dann noch eine Kurve und ich wusste: gleich ist es vorbei. Beim letzten mal fielen ein paar Läufer aufeinander, als sie in die Festhalle drängelten, deswegen ließ ich die Endspurter an mir vorbei und erwartete das Getöse im Ziel. Mein Lauf war super, alles andere zählte nicht mehr.

Aber da war nichts – es war fast ruhig in der Festhalle. Keine Bassmusik, nur ein Kommentator, der ein paar Ankömmlinge grüßte. Und mit einem leisen Piep beendete ich meinen Lauf. Eine Stimme vom Band ermahnte mich weiter zu gehen, was ich tat. Ich schlängelte mich durch Humpelnde, Glückliche oder Desillusionierte und wusste, dass ich dieses Mal alles richtig gemacht habe. Es reichte sogar noch für ein kleines Läufchen nach Hause.

Zum Schluss noch…

Auf leeren Magen loszulaufen, war für mich gut. Ich hatte keine Magenprobleme wie sonst, musste mir keine Sorgen über Kalorien machen und wann ich wieder einen Verpflegungsstand finden würde. Das war ein Experiment, dass ich nicht uneingeschränkt jedem empfehle, aber wer Gels und Riegel nicht verträgt, sollte es mal ausprobieren.

Auch die Zeit spielte für mich keine Rolle. Ich lief nach Gefühl und das war das Beste was ich machen konnte. Einige Läufer müssen zu einer bestimmten Zeit ankommen, das ist okay. Aber jeder sollte sich Fragen, wie sehr es ein “Muss” ist.

Barfußlaufen bzw. Laufen in Minimalschuhen ist ab jetzt ein wichtiger Bestandteil meines Trainings. Der Marathon hat gezeigt, dass es etwas bringt. Die Füße waren nicht so schnell “platt” und ich hoffe auf eine schnelle Regeneration.

Alles in allem war es gut dem Marathon noch eine Chance zu geben, auch wenn mir Ultramarathons besser gefallen. Und wer weiß, vielleicht schaue ich nächstes Mal wieder rein. Denn das hat mir am meisten Spaß gemacht: Leute zu treffen, für die Laufen ein paar Stunden lang das wichtigste der Welt ist.


2 Lesermeinungen

  1. haasky sagt:

    Barfußlaufen als präventive Maßnahme
    Hallo Nils,

    schöner Bericht! Ich kann die positive Wirklung des Barfußlaufens aus eigener Erfahrung bestätigen. Auch ich war in Frankfurt dabei, habe aber nicht nur in der Vorbereitung, sondern auch beim Lauf selbst keine Schuhe getragen.

    Unter der Voraussetzung, dass man sich langsam dem “immer-weniger-am-Fuß” nähert, ist in puncto Kraft, Lauftechnik und Verletzungsprävention ein gutes Ergebnis fast garantiert.

    Vielleicht probierst du ja auch mal aus, wie es sich – statt mit Barfußschuhen – komplett barfuß anfühlt.

    Gute Läufe und viele Grüße
    Wolfgang

    • nthies sagt:

      Lieber Wolfgang, danke für deinen Kommentar. Ich verspreche dir demnächst auch mal ganz ohne Schuhe zu laufen. Ich bin echt gespannt und freue mich schon drauf. Mehr dann wieder im Blog.

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