Wer falsch läuft, schadet seinem Körper. Dabei lässt sich die Belastung einfach verringern und der Laufspaß erhöhen. Zeit für einen neuen Laufstil.

Als ich vor Jahren begann auf dem Vorfuß zu laufen, dachte ich, dass ich diesen für mich neuen Laufstil innerhalb von ein paar Wochen gelernt hätte. Doch ich irrte. Selbst während meines Ironmans im vergangenen Jahr hatte ich noch Zweifel, ob ich den Marathon auf diese Art schaffen würde. Aber es lief. Und, es läuft immer noch – besser als je zuvor.
Mein Laufstilwechsel war zwar etwas zu schnell, zumindest in den ersten Wochen, aber eine sehr gute Entscheidung. Bei einem Trainingslauf entschloss ich mich zu wechseln. Ich wollte es einfach ausprobieren. Wie ein guter Laufstil aussehen sollte, hatte ich während eines Vortrages gesehen, bei dem es um das Barfußlaufen ging. Der Trainer zeigte Videos verschiedener Laufstile während eines Marathons. Fersenlauf gegen Ballenlauf, bzw. Mittelfußlauf, wobei der Unterscheid ziemlich deutlich war. Die Vorfußläufer sahen sichtlich dynamischer aus als die „Marathonies” mit dem Stechschritt.
Er erklärte, dass wir natürlicherweise auf dem Vorfuß laufen. Wer barfuß läuft, macht das ganz automatisch. Also probierte ich es auf meiner Trainingsrunde (aber erstmal mit Schuhen) aus. Dabei wechselte ich von der Ferse auf den Ballen. Da merkte ich erst, wieviel Aufprallenergie in einem Schritt steckt, obwohl die Schuhe schon sehr viel abfangen. Das war ein richtiger Bumms – im Gegensatz zum leichten Aufkommen mit dem Vorfuß. Und ich bin noch ein ziemlich leichter Läufer. Was müssen dann erst die Gelenke schwerer Menschen aushalten? Derartig zu laufen machte mir so viel Spaß, dass ich den neuen Stil gleich den Rest der Strecke beibehielt.
Die nächsten Trainingsläufe verliefen ähnlich, bis ich dauerhafte Schmerzen in Schienbeinen und Waden bekam. Das war zu schnell für die noch schwachen Muskeln. Also verringerte ich meine Trainingsbelastung, schwamm stattdessen und fuhr Rad. Außerdem duschte ich die Beine nach dem Läufen kalt ab. Mit Erfolg. Mittlerweile sind lange Trainingsläufe und auch Wettkämpfe wie die 42 Ironman-Kilometer kein Problem mehr. Im Gegenteil.
Durch den neuen Laufstil bin ich zugegebenermaßen etwas langsamer (das ist dann eher Mittelfußlauf), aber beständiger unterwegs. Die Schnelligkeit kommt langsam. Meine Füße kommen nun wesentlich weiter unter dem Körper auf, denn der Schwerpunkt hat sich verschoben. Das sieht man auf den Bildern ganz gut. Während die Hacken auf dem einen Bild sprichwörtlich in den Teer hauen, kann man eine flüssigere Bewegung beim Vorfußlauf erkennen.
Außerdem mache ich nun auch mehr kleine Schritte, was die Aufprallenergie weiter verringert. Bergauf- und bergablaufen fällt mir nun auch deutlich leichter und Knieschmerzen sind passé. Man fühlt sich leicht. Und das ist nicht nur auf kurzen Strecken der Fall. Von langen Trainingsläufen komme ich wesentlich frischer zurück, was die Gelenke angeht. Da zwickt nichts mehr.
Mit dem Laufstilwechsel und seiner Weiterentwicklung, die noch andauert, wurde aber auch der Spaßfaktor größer. Auf einmal quälte ich mich nicht mehr, sondern rannte befreit auf. Okay, nicht jeder Lauf wird dadurch schön, aber das Gros der Kilometer wird leichter. Das kann beispielsweise bei den 320 Kilometern WiBoLT (Wiesbaden-Bonn-Landschafts-Trail, ab 19.06.2019) sehr viel ausmachen.
Ich kann den Laufstilwechsel allen empfehlen, die das Gefühl haben, irgendwie nicht richtig in Schwung zu kommen oder Schmerzen haben. Nimm dir ein Bisschen Zeit auf deiner normalen Runde und such dir ein scherbenfreies Rasenstück. Vielleicht ist ja auch ein Sportplatz in der Nähe. Zieh die Schuhe aus und gehe ein Stück barfuss. Steigere die Geschwindigkeit und werde schneller. Irgendwann fühlt sich der Fersenlauf nicht mehr richtig an. Achte auf den natürlichen Drang zum Vorfußlaufen und spüre die Veränderung im Aufprall. Wechsel zurück in der Fersenlauf und versuche andere Untergründe.

Am Anfang wirst du eher zu weit vorne auf dem Ballen landen, gerade auf harten Böden. Das fühlt sich unbeholfen an, gibt sich aber mit der Zeit. Du kannst nun immer wieder ein Stück in deine Trainingsrunde integrieren. Auch mit Schuhen. Erst hundert Meter, dann mehr. Mal einen Kilometer und dann mal sehen wie es läuft. Und dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann Du ganz umsteigst. Besonders schwere Läufer werden nach dem Wechsel eine deutliche Erleichterung spüren.
Ich will den Vor- bzw. Mittelfußlauf nicht als Krönung des Laufens bezeichnen, aber es gibt viele Argumente für einen Wechsel. Wer das langsam hinbekommt, wird schon bald die Vorzüge dieses Laufstils spüren. Es dauert seine Zeit und du bist anfangs auch nicht schneller, aber die Beine danken es Dir bestimmt. Klar rennen viele Läufer und Läuferinnen auch auf der Ferse ins Ziel, aber mit jedem Bumms schaden wir unseren Gelenken. Wenn man das mal auf lange Zeit betrachtet, finde ich es logisch, dass viele fersenlaufende „Marathonies” mit Schmerzen kämpfen und die Knie schmerzen. Überlastung und falscher Laufstil rächen sich irgendwann. Wenn Du davon noch nicht überzeugt bist, dann schaue dir gerne die besten Läuferinnen und Läufer dieser Welt an. Rate mal welchen Laufstil die drauf haben.
UPDATE September 2020.
Es läuft immer noch mit dem neuen Laufstil, wobei neu ist er ja nicht mehr. Auch in meinem neuen Laufzuhause – es ist sehr hügelig – bin ich mit dem Stil vollauf zufrieden. Bergauf und bergab ist der Mittelfußlauf deutlich angenehmer und die Kraftübertragung effizienter. Beim schnellen Bergablaufen wechsel ich auch shcon mal die Stile, um Abwechslung in die Muskelbelastung zu bekommen. Da merkt man dann aber auch schnell wieder wie viel Energie der Aufprall in den Körper abgibt, wenn man auf dem Hacken aufkommt.
Neulich hat mich ein Wanderer gefragt, warum ich bergrunter laufe und dass es schädlich für die Gelenke sei. Er lamentierte noch über eine Knie-OP und andere Schrecklichkeiten, als ich schon weg war und ihm eigentlich noch antworten wollte, er hätte vielleicht einen besser Laufstil ausprobieren sollen. Aber egal, ich glaube nicht, dass er das überhaupt verstehen wollte. Dazu kann ich nur sagen, dass sehr viel mehr kniegesunde Läufer*innen bergab laufen, als man so denkt und ich die glaube, dass das mit einem gesunden Laufstil und gutem Muskeltraining ungefährlich möglich ist. UPDATE ENDE
Wenn du noch Fragen oder Anmerkungen zum Laufstilwechsel hast, melde dich gern über das Kommentarfeld oder Instagram (Nils_laeuft) oder per Mail (info@nilslaeuft).
“Besser Laufen, als faulen”
Johann Wolfgang von Goethe
Eigene Erfahrung bei der Umstellung auf Mittelfußtechnik
Mir ging es ähnlich. Viele Jahre über die Ferse abgerollt. Nach jedem Lauf 1-2 Tage Knieschmerzen, z.T heftig. Vor ca. 3 Jahren dann auf Mittelfußtechnik umgestellt. Nach ca. 3 Monaten waren alle Knieschmerzen weg und ich habe nie wieder welche bekommen. Umgestellt habe ich von einem auf den anderen Tag. Bei den ersten Läufen fällt man zwischendurch immer mal wieder auf die alte Technik zurück, aber das gibt sich bald. Nach 2-3 Wochen Muskelkater klappte es dann dauerhaft. Ein Zurück kann ich mir nicht mehr vorstellen. Zuhause laufe ich schon immer ohne Schuhe, vielleicht hat das die Umstellung erleichtert.
Danke für die interessanten Beiträge.
Hallo Manfred, vielen Dank für deinen Kommentar. Es freut mich, dass Du auch gute Erfahrungen gemacht hast, was mich bestärkt. Ich kann mir auch kein Zurück vorstellen und wir haben eine weitere Gemeinsamkeit: Zu Hause barfuß laufen. Vielleicht ist tatsächlich etwas daran. Ich werde es im Auge behalten und als Tipp weitergeben. Viele Grüße