Die „Nanfang Dushibao“ aus Kanton, eine der am meisten beachteten Tageszeitungen des Landes, bringt über einer Anzeige für den neuen VW Bora ein Interview mit dem Regierungsberater Yu Keping, dessen 2006 veröffentlichter Aufsatz „Demokratie ist eine gute Sache“ (auf Englisch nachgedruckt in der Anthologie „Democracy is a good thing. Essays on Politics, Society and Culture in Contemporary China“, Brookings Institution Press 2008) immer noch in aller Munde ist. Das Interview beschäftigt sich mit Regierungskorruption, einem Thema also, das für die allein regierende Kommunistische Partei einen Kernpunkt ihrer politischen Legitimität berührt, die Frage vor allem, ob sie auch ohne Gewaltenteilung der sich an Beamtenwillkür und Machtmißbrauch entzündenden Unruhen im Lande auf Dauer Herr werden kann.
Yu Keping, der als Direktor des „Zentralen Übersetzungsbüros“, einem Beratungsgremium der Kommunistischen Partei, fungiert, sagt in dem Interview unter anderem: „In den letzten Jahren haben Partei und Regierung der Überwachung der Macht schon viel Aufmerksamkeit geschenkt, und von der Zentralregierung bis hinab zu den lokalen Regierungen wurden eine Reihe von Kontrollmechanismen installiert.“ Das aber, so Yu Keping, reiche nicht aus: „Bei der Bekämpfung der Korruption müssen wir an die Wurzel des Problems gehen, insbesondere was die Auswahl und Ernennung der Funktionäre, die Begrenzung der Macht, ein Verantwortlichkeitssystem für Kader und die Transparenz in allen Regierungsgeschäften betrifft.“