Per Anhalter durch die Arbeitswelt

Per Anhalter durch die Arbeitswelt

Wir sehen uns zunehmend einer neuen, unbekannten und durchaus rätselhaften Arbeitswelt gegenüber.

Das "Gesetz des geraden Weges" als neue Karrierelogik?

| 4 Lesermeinungen

In den obligaten Karrieremagazinen findet man oft viele Informationen zu bunten Patch-Work-Karrieren, zu erfolgreichen Quereinsteigern, zur biographischen...

In den obligaten Karrieremagazinen findet man oft viele Informationen zu bunten Patch-Work-Karrieren, zu erfolgreichen Quereinsteigern, zur biographischen Vielseitigkeit und allenfalls warnende Hinweise auf bedenkliche Spezialisierung beziehungsweise noch bedenklichere Kaminkarrieren, in denen man wie ein übergewichtiger Weihnachtsmann stecken bleibt.

Zum (Um?-)denken rät jetzt allerdings ein Artikel aus der Zeitschrift managerSeminare, der sich mit dem tatsächlichen und auch mit dem aktuell zu erwartenden Ablauf von Karrieren beschäftigt.

Die ganz klare Aussage: Geradlinigkeit zählt! Die Ausbildung muss zum Berufsziel passen, die Praktika zu Ausbildung/Berufsziel und im Idealfall auch die privaten Hobbies zu Praktika /Ausbildung/Berufsziel. Was zählt ist Kontinuität. Ähnliches gilt für Auslandsaufenthalte: Sie sind nicht per se gut, sondern oftmals eher Umwege und allenfalls rasch zu durchlaufende Zwangsaufenthalte, die einen zwangsläufig von den eigentlichen Zentren der Macht entfernen. Dieses Muster kann man im Übrigen an Vorständen ebenso erkennen wie an “normalen” Karrieresuchenden.

Folgerichtig führt diese Beobachtung zu folgendem Eintrag in den Reiseführer “Per Anhalter durch die Arbeitswelt”: (1) Nach dem ungeschriebenen und in seiner Existenz meist bestrittenen Gesetz des geraden Weges machen langfristig nur diejenigen Karriere, deren Biographie eine unbestreitbare Gradlinigkeit aufweist. (2) Entscheidend ist weniger die objektive Gradlinigkeit, als die Wahrnehmung der Adressaten. (3) Diese Wahrnehmung ist durch entsprechende Lebensläufe und “individuelle Erwerbsbiographien” steuerbar. (4) Das Gesetz des geraden Weges wird dargestellt durch die Metapher des Zuges, der auf klar definierten Schienen im Regelfall über klar definierte Strecken fährt.

Eintrag (3) bedeutet nicht Fälschung und Lüge im Lebenslauf. Wohl aber kann man ein USA-Praktikum bei einer Beratungsfirma (a) als Sprachtraining, (b) als Erfahrung im Consulting, (c) als Erfahrung in der Branche des zugeteilten Kunden in der Beratungsbranche, (d) als Einstieg in das Städte-Marketing von New York und (e), (f) … (z) “verkaufen”. Dies bedeutet aber: Vor jeder Bewerbung ist die Bewerbung umzuschreiben – natürlich bei beizubehaltender Authentizität.

Übrigens: Das bunte Bild, das manche Hochglanzmagazine von der “Karriere” zeichnen, entspricht demnach in keiner Weise der Realität. Trotzdem ist es nachvollziehbar, wenn die Chefredakteure dieser Magazine auf derartige Bilder Wert legen, da Firmen (=Anzeigenkunden) sich als Arbeitgeber gerne in dieser kosmopolitischen Form darstellen wollen. Und umgekehrt wollen Bewerber zwangsläufig an diese wunderbare Vielfalt nach dem Prinzip “Alles geht…!” glauben. Dass dieses Vorgaukeln einer falschen Realität für Firmen und Bewerber teilweise kontraproduktiv ist, wurde allerdings im Reiseführer “Per Anhalter durch die Arbeitswelt” bereits unter dem Eintrag “Zur Fatalität von flutartigen Absagen” thematisiert.

Vorsicht allerdings vor einer negativen Leseart dieser Erkenntnisse: Denn der Vorteil des Gesetzes des geraden Weges liegt eben in seiner Gesetzmäßigkeit. Anders ausgedrückt: Folgt man diesen (geraden) Wegen, so hat man zumindest eine gewisse Sicherheit auf dem richtigen Weg zu sein und nicht ein Gefährdeter für eine unangenehme Überraschung.

Bild zu: Das "Gesetz des geraden Weges" als neue Karrierelogik?
(Foto: cts)

P.S.: Im Originalreiseführer von Douglas Adams “Per Anhalter durch die Galaxis” liest man: “Lautlos schwebte das Luftauto …. rasch dahin. … Die Bewegung empfand er als so sacht und leicht, dass er fast der Meinung war, sie bewegten sich überhaupt kaum von der Stelle”.
Allerdings gibt es auch so etwas wie die “Unwahrscheinlichkeitsphysik” – aber das ist ein anderes Kapitel.

ALLE BLOGEINTRÄGE AUF EINEN BLICK


4 Lesermeinungen

  1. herzausgold sagt:

    Ihre Aufgabe als Reiseführer...
    Ihre Aufgabe als Reiseführer zweifle ich keineswegs an, Sie bringen uns etwas näher, dass wir noch nicht kennen: die Arbeitswelt. Für uns ein unbekannter Ort indem wir uns erst zurechtfinden werden, nachdem wir unsere Erfahrungen damit gemacht haben.
    Auf die Erfahrung will ich später erst eingehen.
    Zunächst einmal möchte ich einem Missverständnis aus dem Weg gehen. Ich habe in meinem letzten Blogbeitrag über Top Manager geschrieben, Leute die wirklich am Ende der Nahrungskette sitzen, doch ich nehme an sie meinten eher eine „normale“ perfekte Karriere. In diesem Fall gebe ich ihnen vollkommen Recht dass es dort auf Geradlinigkeit ankommt / ankommen kann. Denn von einem solchen Menschen wird keine Kreativität erwartet, es werden von ihnen keine „großen Taten“ verlangt.
    Doch jemand der auf der höchsten strategischen Ebene arbeitet, also der Top Manager, der sollte nicht geradlinig sein. Vielleicht denke ich hier etwas zu idealistisch, doch ist es nicht so, dass eine solche Person, die die langfristige Zukunft eines Unternehmens plant, visionär, kreativ und erfahren sein sollte. Erfahren im Umgang mit Menschen und völlig anderen Branchen. Denn meinen Beobachtungen nach, werden immer die Produkte ein „Hit“ wenn sie wirklich etwas völlig neues, noch nie dagewesenes an sich hatten. In der Psychologie gibt es den Begriff der Map. Diese Map beinhaltet die ganze Realität so wie wir sie wahrnehmen. Jeder Mensch hat seine eigene. Um nun unsere „Karte“ zu erweitern müssen wir andere Sachen lernen, erleben und Erfahrung damit machen, man darf sich nicht in seiner Karte aufhalten und sich darin verfahren. Nur durch neue Erfahrungen werden neue Ideen geschaffen. Nur so erweitert sich unser Horizont und nur so kann doch die Zukunft eines Unternehmens garantiert werden.
    Wenn es darum geht diesen Zick-Zack-Kurs in einem geradlinigen Lebenslauf zu erfassen, bin ich mir sicher würde sogar das mit viel Geschick funktionieren, denn wie sie gesagt haben, warum dem Personalleiter keine „Lesehilfe“ anbieten.
    Oder verstehe ich den Begriff des Top Managers und der strategischen Ebene falsch?

  2. Idee oder Gradlinigkeit?
    ...

    Idee oder Gradlinigkeit?
    Sicherlich richtig, dass es keinen vorgezeichneten Weg zur perfekten Karriere gibt. Denn sonst würde ja wirklich jeder der es will, eine perfekte Karriere machen. Richtig auch, dass gerade die Analyse der aktuellen Top-Manager eine Vielfalt offen legt (die aber aus meiner Sicht leider nicht so extrem vielfältig ist).
    Noch einen Schritt weiter: Ich persönlich würde mich sehr freuen, wenn es eben nicht nur wasserdichte Lebensläufe und Geradlinigkeit sind, die zum Erfolg führen. Nur muss ein Reiseführer durch die Arbeitswelt auf die Realität hinweisen und dort wird auf Geradlinigkeit geschaut beziehungsweise genauer gesagt darauf, dass der Lebenslauf zumindest weitgehend geradlinig interpretierbar ist.
    Ich bin sicherlich der letzte, der ein Plädoyer für Stromlinigkeit und Angepasstheit anstimmen würde. Aber warum denn nicht versuchen, dem Personalentscheider eine “Lesehilfe” geben, und sagen wieso sich hinter dem scheinbaren Zick-Zack-Kurs doch eine klare Logik verbirgt?
    Denn – und damit sind wir zwei uns vermutlich dann doch einig: Das Abheben von der “grauen Masse” entsteht nur durch klar erkennbares Anderssein. Und letztlich dann doch wieder (oft?) durch Geradlinigkeit, hinter der (entsprechend Ihres Blog-Eintrags) eine klare “Idee” steckt.
    Oder?

  3. herzausgold sagt:

    Meine Sicht als Student mag...
    Meine Sicht als Student mag möglicherweise geprägt sein von Naivität, doch denke ich dass es keinen vorgezeichneten Weg zur perfekten Karriere gibt. Wenn man sich die Lebensläufe heutiger Topmanager, Tycoons oder „Chefs“ anschaut, kommt man schnell auf ein Ergebnis wie man erfolgreich wird. Nämlich, dass es keine Antwort darauf gibt.
    Manche haben studiert wie Roels (RWE) oder Wiedeking (Porsche) und andere wiederum kamen durch andere Referenzen an ihre Top Positionen wie Uwe Hück (Porsche-Konzernbetriebsratsvorsitzender ( vorher Lackierer ) ) .
    Nun bleibt trotzdem die Frage wie man eine solche Position, eine solche Karriere erstreben kann. Die Antwort ist ganz einfach: Es ist die Idee.
    Jeder einzelne der heutigen Mogule oder Topmanager hat eine bahnbrechende Idee gehabt. Keiner war darauf aus eine sichere Karriere zu machen und ich bin mir auch sicher, dass auch Porsche keinen „normalen“ überdurchschnittlich Intelligenten an eine starke Position setzten wird. Es sind nicht unsere wasserdichten Lebensläufe oder unsere Geradlinigkeit, die uns zur Größe verhelfen, es ist einzig und alleine was uns von der grauen Masse abhebt. Unsere Ideen.

  4. jonny_sb sagt:

    Zu Eintrag (3) könnte man...
    Zu Eintrag (3) könnte man hinzufügen, dass sogar der President der Galaxis an sein Luftkissenboot eine Finne hat befestigen lassen, damit das Wasser aufschlägt – sieht einfach besser aus :-)

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