Der Anhalter findet drei Zeitungsartikel. Einer trägt die Überschrift „Die Ritterlichen“ und prognostiziert die neue Moral in der Chefetage. Der zweite berichtet von den 480 Mio. € Kartellstrafe gegen ThyssenKrupp. Im dritten erfahren wir, dass selbst Vizechefs (allerdings von Goldmann Sachs) inzwischen ein Gehalt von 53 Mio. kassieren. Interessante Überlegungen tun sich auf …
Bei dem ersten Artikel wird einem so richtig warm ums Herz – auch wenn erstaunlicherweise als zentrale Referenzperson der Politiker Lothar Späth genannt wird. In diesem Artikel steht etwas von einer Wertekommission (ist aber nicht bereits dieses Wort ein makaberer Widerspruch in sich?), die junge Führungskräfte befragt und festgestellt hat, dass die nachwachsende Managementgeneration mehr Wert legt auf „gelebte Werte“ wie Verantwortung, Vertrauen, Respekt und Integrität. Interessanterweise erst danach Nachhaltigkeit und Mut.
Der Anhalter freut sich, wählt als Einleitungsbild eine Seilbahngondel aus Barcelona (die nichts mit Aufzügen von ThyssenKrupp zu tun hat, sondern nur einfach schön rot ist) und legt zur Belohnung die CD von Mark Knopfler sowie Emmylou Harris auf. Dialog um richtige und um gelebte Werte ist richtig und lebenswichtig! Der Anhalter ist aber auch schon zu lange auf seiner Zeitreise unterwegs, um sich nicht daran zu erinnern, dass es diese Studien mit genau diesen Befunden schon seit vielen Jahrzehnten gibt: Einmal waren es die Studenten einer Privathochschule, ein anderes mal ging es um generelle Wertemuster. Sie alle waren anders als ihre Vorgänger und sie alle wollten anders sein. Auch die 68er-Generation strebte nach Verantwortung, Integrität, und noch nach sehr (!) viel mehr. Aber am Ende kommen dann Firmen wie ThyssenKrupp und sehr (!) viele andere heraus, die offenbar mit unsauberen Preisabsprachen ihren Kunden/Opfern extremen Schaden zufügen.
Also doch alles nur Schall und Rauch? Alles nur Propaganda und Scheindiskussion? Denn was passiert in der Realität? Dort finden wir Dinge, die einem die schöne Freitagsvormittagsstimmung verderben könnten. Exemplarisch sei daher an dieser Stelle verwiesen auf zwei andere Einträge im Reiseführer durch die Arbeitswelt, nämlich „Personalmarketing für Betroffene: Information Diametrales“ und auf den „Schwarzen Mitarbeiterabbauplaneten“. Dort erfährt man, wie manche Unternehmen mit Bewerbern und Mitarbeitern umgehen, wobei sie dabei durchaus den eigenen Wertvorstellungen entsprechend handeln: Wenn der vorgegebene Wert heißt „Zulässig ist alles, was nicht auffliegen wird“ und alle Mitarbeiter handeln danach, dann haben wir gelebte Werte, die uns aber auch nicht weiterbringen. Wenn der vorgegebene Wert heißt „Die Kosten werden den Mitarbeitern zugerechnet, die Erträge den Topmanagern“, dann gibt es Entlassungen und gleichzeitig Vorstandsgehälter von 53 Mio. Dollar.
Vermutlich ist es unrealistisch zu erwarten, dass es in der Arbeitswelt die großen und starken Jedi-Ritter gibt, die für Recht, Ordnung, Ehrlichkeit und alles andere Schöne und Gute kämpfen. Aber in der neuen Arbeitswelt ist es erfreulich, dass es zumindest Jedi-Zwerge gibt. Die sieht man nicht so deutlich, sie existieren aber! Sie arbeiten nicht über Presseerklärungen und großflächige Testimonials. Sie halten sich „im kleinen“ und im eigenen Gestaltungsraum an das, was ethisch-moralisch eigentlich selbstverständlich sein sollte.
Daher der neue Eintrag in den Reiseführer „Per Anhalter durch die Arbeitswelt“: (1) Es gibt keine Jedi-Ritter für „schöne und gute“ Werte! Wenn Du glaubst, einen zu sehen, dann ist es allenfalls ein raffiniertes Trugbild und verkörpert garantiert das Gegenteil. (2) Aber es gibt viele, kleine Jedi-Zwerge. Sie sorgen dafür, dass in manchen Bereichen eine Unternehmenskultur entsteht, die keinen Ethik-Kodex mehr braucht.
ENRON soll zum Skandalzeitpunkt einen Ethik-Kodex gehabt haben, der an Umfang kaum zu überbieten war. Vermutlich hat auch der Wirtschaftsprüfer von ENRON einen derartigen Kodex gehabt. Ob daher Corporate Governance, Wertekommission und anderes wirklich etwas bewegen, bleibt abzuwarten. Daher lieber auf Jedi-Zwerge setzen und sie fördern, falls man sie doch einmal trifft!
(Foto: cts)
PS: In der Originalarbeit von Douglas Adams finden sich keine Jedi-Ritter. Es gibt niemanden, der sich in schöner Ritterlichkeit für Ehre und Anderes schlägt. Aber es gibt zumindest einen Slartibartfaß, der sich vorgenommen hat, „eine völlig schonungslos ungenaue Abhandlung über die Äquatorialfjorde zu schreiben, um das Informationsillusions-Bild in ein oder zwei Punkten in Unordnung zu bringen“.
ALLE BLOGEINTRÄGE AUF EINEN BLICK
“1. Du kannst nur wirklich...
“1. Du kannst nur wirklich wünschen, was du für möglich hältst.
2. Du kannst nur das für möglich halten, was zu deiner Geschichte gehört.
3. Nur das gehört zu deiner Geschichte, was du in Wahrheit wünschst.“
(Ist aber von Michael Ende)
Danke für den Hinweis. Fehler...
Danke für den Hinweis. Fehler korrigiert. Yedi heißt jetzt wirklich Jedi!
Jedi?...
Jedi?