Nicht nur die 6.753 Leser des Reiseführer-Eintrags vom 15. Dezember 2006, sondern auch die Millionen Leser von Douglas Adams wissen, dass ein Handtuch so ungefähr das Nützlichste ist, was der interstellare Anhalter besitzen kann. Ein Handtuch hat praktischen Wert, wenn man beispielsweise über die kalten Monde von Jaglan Beta hüpft. Man kann aber auch darunter schlafen und es als Segel an einem Minifloß verwenden. Doch wenn man als aufmerksamer Anhalter durch unsere Arbeitswelt reist, dann gibt es noch eine viel wichtigere Funktion: Denn man kann mit diesem Handtuch die Tränen der Rührung trocknen, die einem unwillkürlich in die Augen steigen, wenn man am Schreibtisch die wunderschön-emotionalen Editorals aus den wunderschönen Personalmagazinen liest.
Besonders ergreifend ein kleines Stück Poesie mit dem Titel Schluss mit dem Berater-Bashing! Da heißt es dann unter anderem „Berater haben es schwer. In Online-Foren werden sie nicht gern gesehen, auf Veranstaltungen und in Netzwerken ist ihre Zahl kontingentiert, in Witzen werden sie aufs Korn genommen.”
Dieses moralisierende Jammern klingt gut und rührend, weshalb der Rat mit dem Handtuch wirklich auf Lebenserfahrung mit Tränen schließen lässt.
Damit ist dieser Eintrag in den Reiseführer eigentlich schon fertig: „Wanderer durch die Arbeitswelt, vergiß das Handtuch bei der Lektüre bestimmter Personalmagazine nicht, denn die Tränen der Rührung sind so zwingend, wie die Kollisionsfreiheit der oben angesprochenen kleinen Monde von Jaglan Bata.”
Weil die Seite für diesen Eintrag heute aber noch nicht voll ist, sollte man eine kosmisch-kleine Sekunde für die Frage investieren, ob wir eigentlich wirklich ein Berater-Bashing haben. Also: Wie sieht es in unserer Arbeitswelt wirklich aus?
Zumindest für Personalmanagement-Berater stimmt das Märchen vom armen Berater natürlich nicht! – was der aufmerksame Leser dieses Reiseführers natürlich sofort erkannt hat.
Diese HR-Berater leben in einer absoluten Komfortzone, selbst diejenigen, die nicht nach einem kleinen unbedeutenden Sternzeichen benannt sind: Kunden wie Medien fressen ihnen aus der Hand und bejubeln jede neue kleine „Studie” – wenngleich diese „Expertenbefragungsstudie” nur genau das propagiert, was das betreffende Beratungshaus verkaufen möchte. Und dann wird ein uralter Vorschlag zur Bewertung von Personalarbeit zur innovationen Jahrhundertleistung hochgejubelt und ganz übersehen, dass es ihn ohne öffentliche Fördermittel nicht geben und ihn Unternehmen ohne Zwang aus Berlin nur bedingt nachfragen würden. Dass dann auch noch unsinnige und kontraproduktive Produkte massenhaft unter Nutzung des Lemmingen-Effektes an den (Personal-)Mann gebracht werden, ist unter Insidern durchaus bekannt.
Und wie sieht es mit der angeblichen Kritik aus, die angeblich als permanentes „Berater-Bashing” geäußert wird? Fehlanzeige. Ganz im Gegenteil! Sobald alle paar Jahre einmal eine schüchterne Kritik an den armen HR-Beratern vorgetragen wird, springen amtsbekannte Journalisten für sie in die Bresche.
Nein. Dieses angebliche Bashing von Personalmanagement-Beratern ist ein Mythos, der in Wirklichkeit nur die Umsatzinteressen der Beraterzunft bedient.
Das alles macht den aufmerksamen Beobachter stutzig und er fragt sich: Was ist denn eigentlich so schlimm, wenn man Berater hinterfragt, die mit Flops viel Geld verdienen und Unternehmen plus Mitarbeiter ins Unglück treiben? Erinnert sei an Millionen-Boni für Milliarden-Verluste, an krass-fehlbesetze Führungspositionen, an kläglich-gescheiterte Outsourcing-Versuche und an kümmerlich-diletantische „Web2.0″-Lösungen. Sind da nicht überall „unsichtbare und ungenannte” Berater im Spiel (gewesen)?
Die Flops der letzten 12 Monate liegen auf der Hand. Wieso ist es anstößig, einmal wissen zu wollen, welche Beratungsfirmen dahinter stecken. Wir müssen im ureigensten Interesse Berater entzaubern und die Spreu vom Weizen trennen. Berater sind keine Mittler zwischen Theorie und Praxis. Sie haben interessengeleitete Filterfunktion. Sicherlich kann man von der Art, wie Berater sich „verkaufen”, lernen. Nur wollen und sollen wir das wirklich – wie es uns das zuvor erwähnte Editorial vorschlägt?
Um es ganz klar zu machen: Hier geht es um keine Neid-Debatte. Im Gegenteil: Einige – und besonders einige der sehr hoch bezahlten – Consultants sind jeden Cent wert! Viele andere haben aber Flops geliefert, die jeder mitbekommen und mehrfach mitbezahlt hat.
Also: Bitte statt sich über ein angebliches Berater-Bashing echaufieren, ist es die Aufgabe der personalwirtschaftlichen Leitmedien, diese falschen Berater ausfindig zu machen, beim Namen zu nennen und als warnendes Beispiel an den Pranger zu stellen.
P.S. Übrigens ist eine solche kritische Haltung bei IT-Fachjournalisten durchaus üblich. Warum nicht bei uns? Die Reise durch die Arbeitswelt wäre viel einfacher!
(Foto: cts)
P.P.S Für das, was wir hier in unserer Arbeitswelt mit den HR-Consultants ich bei Douglas Adams in seinem Reiseführer „Per Anhalter durch die Galaxis” eine wunderschöne Formulierung, die von Zaphod Beeblebrox zum besten gegeben wird: „Wir befinden uns mitten im Pferdekopfnebel. Einer einzigen gewaltigen dunklen Wolke. Der einzige Ort in der ganzen Galaxis, wo man einen leeren Bildschirm sieht. Überall ein klares unverwechselbares NICHTS.”
Was wäre eines Reiseführers...
Was wäre eines Reiseführers würdiger als das Erstellen und Pflegen einer solchen Liste, quasi die intergalaktische Sumpflandschaft zu beschreiben?
Aber stattdessen nur moralinsaures Beraterbashing-Bashing.
Hallo,
Ich glaube auch , das...
Hallo,
Ich glaube auch , das es weniger um eine Neid – Debatte gehen sollte bzw geht. Sondern für mich ist es auch unverständlich das Unternehmen und die Öffentlichkeit nicht vor solchen Leuten gewarnt werden. Ich hab zu wenig Erfahrung um von mir behaupten zu können, dass nur solche Menschen an einem Unternehmensbankrott schuld sind. Den ich bin der festen Überzeugung das Menschen auch eben Fehler machen. Und dabei ist es nicht für mich von Interesse wo dieser Fehler stattfinden, Fehler gehen immer zu Lasten von Menschen, die leider unter einer Entscheidung oder Situation zu leiden haben.
Aber ich glaube auch bei längerer Überlegung das es hier mehr um die moralische Seite von Fehlern geht, die im Auge des Betrachters ein neues Gesicht annehmen. Das ein HR-Berater sich über Tausende von Euros freut, die er Cocktail schlürfend genießt und dabei vielleicht 10 000 Arbeitsplätze vergisst, und die nächste Entscheidung trifft die den Cocktail größer werden lässt, ist in seinen Augen bestimmt kein Fehler. Doch für die 10 000 Angestellten die aufgrund einer Fehlentscheidung ihren Arbeitsplatz verlieren. Aber genug der Poesie.
Ich teile Ihre Meinung,das Unternehmen ein Recht darauf haben, zu Wissen welcher Berater ein falscher ist. Doch ein Haken gibt es bei der Sache:
Hier möchte ich gerne an das Beispiel mit den Restaurants in einem von mir nicht bekannten Ort erinnern. In dem werden Restaurants die “schlecht” bei Lebensmittelkontrollen abschneiden, im Internet veröffentlicht. Auch kennt man dieses Prinzip von Stiftung Warentest. Man möchte Kunden/die Öffentlichtkeit vor schlechten Produkten schützen, und man sagt sich sofort das dies nichts anderes ist , als ein Produkt das ein HR Berater anbietet. Der Haken bei der Sache ist nur, wirkt auch ein wenig grotesk, Institutionen sind leicht zugänglich an den Pranger zu stellen. Doch einzelne Personen , die würden vom ” Recht am eignen Bild als allgemeines Persönlichkeitsrechts gebrauch machen, und schon entsteht ein Dilemma. Werden wir durch unsere Gesetzgebung,sofern personalwirtschaftliche Leitmedien Ihrem Aufruf folgen, nur noch einzelne Berater vorfinden, die dann die vermeindlich schlechten sind,(vielleicht,sofern viele Unternehmen verschwinden) oder wird man nur noch saubere Unternehmen finden die durch Darwinismus geprägt ihren innerlichen “Selektierungsprozess” vollzogen haben, um das Überleben am Markt durch das herausfiltern der falschen Berater zu sichern ?
Falls solche Berater immer eigenhändig agieren , besonders bei solchen Großen Firmen die in den Bankrott getrieben werden, wird man bestimmt nicht offenkundig erfahren , welcher Berater letzten Endes der Schuldige ist.
Das fühlt sich glaube ich so wie diese Bankenkrise an, falls sich noch jemand daran erinnern kann, oder auch Finanzkrise. Bei meiner Bank wurde ich ironischer Weise auf sichere Immobilienpakete in den USA aufmerksam gemacht. Und dann soll jemand diese Welt verstehen, bzw es versuchen besser zu machen…
Alsaker V.
PS:
das es bei Google mehr Einträge für “bild.de” gibt ( Suchbegriff “bild” ) als für “Finanzkrise” wundert dann auch nicht mehr ! Damit möchte ich nicht Bildlesern zu nahe treten, die Bildzeitung gibt es auch schon länger als die Finanzkrise, nur die Bild ist günstiger!