Ein Reiseführer durch die Arbeitswelt muss über die Arbeitswelt berichten und dazu gehört auch das Thema „Frauen“. Daher gibt es diesmal ein etwas schwierigeres Thema, das nahtlos an ein schwieriges („Schlafzimmer“), ein noch schwierigeres („Frauenquote“) und ein ganz schwieriges („Wintermärchen“) anknüpft. Dieser heutige Eintrag zum Thema „Frauenförderung“ erfolgt, wenngleich dieses Thema bei Alice Schwarzer und beim Duo Renate Künast & Thomas Sattelberger (jeweils mit mindestens einem durchaus interessanten Auftritt im Jahr 2010) gut aufgehoben ist.
Doch der Reihe nach: Eigentlich sollten Hochschulen ein Ort sein, an dem es zu keiner Diskriminierung kommt und Frauen wie Männer bei gleichen Pflichten auch gleiche Rechte haben. Vor diesem Hintergrund überrascht es, wenn man sich im Flur einer der berühmtesten Universitäten in Deutschland wiederfindet und vor einer imposanten Fotogalerie mit Hochglanzbildern der Professorinnen dieser Universität steht.
Diese Frauen gilt es offenbar – jenseits aller Chancengleichheit und jenseits aller Gleichberechtigung – hervorzuheben und diese Frauen gilt es zu fördern. Doch bald wurden diese Fotos ersetzt durch Fotos von jüngeren Nachwuchswissenschaftlerinnen. Auch sie gilt es hervorzustellen, unabhängig davon, dass es vielleicht auch gute Nachwuchswissenschaftler gibt. Es geht also nicht um gut oder schlecht, sondern um Mann oder Frau.
Jetzt kann man sicherlich darüber diskutieren, ob die Reduktion auf „schönes Bild“ wirklich das Angemessene für Frauen im Hochschulbetrieb ist und ob nicht gerade diese Art von Fotos etwas ist, wogegen sich die Alice Schwarzer von früher lautstark und mit durchaus guten Argumenten gewehrt hätte.
Doch es geht noch weiter. Stufe drei dieser universitären Frauenförderung durch Bilder ist aktuell ein großformatiger Kalender mit den hübschen Fotos der hübschen Nachwuchswissenschaftlerinnen. Also: Neben dem Pirelli-Kalender gibt es jetzt einen weiteren Frauenkalender – was nur begrenzt etwas zu tun hat mit durchaus wichtigen Aufgaben wie einer gender-sensiblen Informationskultur, einer Diversity und einer konzeptionellen Bewusstseinsbildung.
Aber vielleicht brauchen wir als erstes einmal eine kleine Definition: „Ein Frauenkalender ist eine (1) mit Datumsfunktion verbundene (2) Darstellung von Frauen in einer Form, die (3) durchaus Männern gefallen kann und in der (4) Frauen extrem auf ihre Äußerlichkeiten reduziert, also (5) ihre Leistungen sowie ihre (6) Fähigkeiten konsequent ausgeblendet werden.“
Professoren sollten aber über diese Benachteiligung durch Nicht-Erstellung von Fotos und Nicht-Aufnahme in diesen Kalender nicht vorschnell traurig sein!
Zum einen ist – um es einmal ganz chauvinistisch auszudrücken – ein Kalender mit Frauen zumindest für den männlichen Betrachter im Regelfall ästhetischer als ein Kalender mit Männern. Aus diesem Grund zeigt der Pirelli-Kalender schließlich auch Frauen und zwar nur Frauen.
Zum anderen gibt es neben der Bildergalerie im oben erwähnten Flur der berühmten Universität eine Vitrine mit Büchern als Hinweise auf wissenschaftliche Exzellenz. Diese Glasvitrine präsentiert überwiegend Leistungen der Männer – streng nach der Devise „Lieber ein gutes Buch als ein gutes Foto“. Oder anders formuliert: „Von Frauen macht man Fotos, Männer dagegen schreiben Bücher.“
Bevor aber jetzt der bekannte Herausgeber eines bekannten Personalmagazins wieder aufgeregt einen Kommentar gegen diese beiden (deskriptiven) Sätze und gegen die angebliche Frauenfeindlichkeit dieses Reiseführers schreibt: Die Entscheidung, in absoluter Ungleichbehandlung nur von Frauen derartige Fotos zu machen, stammt ebensowenig vom Autor dieses Reiseberichtes wie die Entscheidung über die auszustellenden Bücher. Oder anders formuliert: Das eine ist genauso eine unzulässige Diskriminierung wie das andere!
Denn es gibt sicherlich den einen oder anderen Wissenschaftler (oder Personalvorstand), für den ein gutes Foto wichtig ist und der sehr viel Wert darauf legt, besonders vorteilhaft abgebildet zu werden. Und es gibt ohne Zweifel die eine oder andere Wissenschaftlerin, für die Leistung und Hinweise auf diese Leistungen (also auch auf Bücher) bedeutsam erscheinen.
Vor diesem Hintergrund schließt der Reiseführer „Per Anhalter durch die Arbeitswelt“ mit einem fundamental-trivialen Tipp für alle: Diversity entsteht nicht durch Diskriminierung von Mehrheiten, sondern durch Chancengleichheit für alle!
P.S. Douglas Adams schreibt in seinem Reiseführer „Per Anhalter durch die Galaxis“ natürlich nichts über Frauenförderung, nichts über Diskriminierung von Männern und erst recht nichts über Diskriminierung von über Diskriminierung schreibenden Männern. Er liefert viel Fundierteres, wenn man den Satz „der Mann fing an, einen Kalender statt eines Fahrplans zu studieren“ findet. Spätestens jetzt fällt es einem wie Schuppen von den Augen: Wir brauchen keinen Fahrplan zur Frauenförderung. Wir haben ja einen Frauenkalender. Wäre das nicht etwas für die Deutsche Telekom: statt ihrer „Verordneten Frauenquote“ (die natürlich laut dem Reiseführer durch die Arbeitswelt keine Frauenförderung darstellt) ein Telekom-Frauenkalender? Als Konkurrenz zu Pirelli?
Es ist zwar kein inhaltlicher...
Es ist zwar kein inhaltlicher Beitrag zur Diskussion, aber zu „Reduktion auf Bild“ gab es in der Süddeutschen Zeitung einen wunderbar formulierten Textabschnitt:
>>Wenn man bei google.com die Buchstaben “R” und “o” eingibt, schlägt die Suchmaschine als mögliche Zielwörter erstens “rotten tomatoes” und zweitens “royal wedding” vor. Macht man das Gleiche bei Google Images, ist der erste Vorschlag “rose”. Der zweite lautet “Rosie Huntington-Whiteley”, was über die Inhaberin dieses Namens wiederum Zweierlei erzählt. Erstens: Sie ist jetzt berühmt. Zweitens: Die Optik scheint hier wichtiger zu sein als der Inhalt.<< https://www.sueddeutsche.de/leben/transformers-star-rosie-huntington-whiteley-gutes-maedchen-1.1113049
Dabei ist die Sache doch...
Dabei ist die Sache doch völlig klar, geradezu transparent: Die Politiker bekommen nicht genug, also müssen für deren Frauen lukrative Posten her. Oder hält hier irgend jemand Frau Schöder-Köpf für ihren neuen Posten fachllich qualifiziert. Frau Professor von der Leyen denkt eben auch schon an die Zeit nach dem Portefeuille, irgendwo müssen die Brötchen und der Rest ja herkommen, so weit reicht das Kindergeld nicht.
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Ein trauriges Männlein wie ein gewisser Scharping (oder heisst er Graf Pilati?) hat es da schwer, der muss als Freiberufler mit “einem strategischen Beratungsunternehmen mit Schwerpunkt in den Bereichen Public Management und nationaler sowie internationaler Strategieberatung” seine alten Kontakte versilbern.
Wollen Frauen überhaupt...
Wollen Frauen überhaupt führen?
Nur bedingt, deutet Frank Appel an. Der Vorstandsvorsitzende von “Deutsche Post DHL” erklärte im Interview mit der “Welt am Sonntag” :
“Es gibt kein Akzeptanzproblem für Frauen im Topmanagement, im Gegenteil. Allerdings muss sich für eine solche Berufung die Gelegenheit ergeben und dann auch die geeignete Kandidatin zur Verfügung stehen. […] Um ein Unternehmen zu leiten, braucht man nicht nur klassische Intelligenz, sondern auch emotionale Intelligenz – und da sind die Frauen ganz besonders gut. Ich muss allerdings zugeben, dass sich für ein Logistikunternehmen wie die Deutsche Post DHL bisher deutlich mehr Männer interessieren als Frauen. Hier müssen wir noch mehr Aufklärungsarbeit leisten.”
Kurz: Die Türen sind offen, aber die Bewerberinnen kommen (noch) nicht.
Macht Appel es sich hier einfach, oder gibt es tatsächlich zu wenig Bewerberinnen, die qualifiziert und motiviert sind?
@manu10c
In Ziel und...
@manu10c
In Ziel und Begründung liegen wir überhaupt nicht im Geringsten auseinander!
Nur: “verordnete Frauenquote” läuft darauf hinaus, dass bei der Personaleinstellung ( nahezu unabhängig von anderen Kriterien) immer ein entsprechender Prozentsatz von Frauen eingestellt wird. Gleiches gilt für Beförderungen und vieles andere mehr.
Die Alternative besteht darin, “frauenfreundliche” Arbeitssysteme und Unternehmenskulturen zu schaffen (oder beizubehalten). Und wenn die geschaffen sind, kommen/bleiben Frauen. Dass genau dies geht, haben durchaus schon Unternehmen bewiesen.
Deshalb haben wir hier in der Praxis zwei vollkommen (!) andere Welten und deshalb kommt gerade auch aus der Gruppe “erfolgreiche Frauen in der oberen Führungsebene mit Zielsetzung einer Kulturveränderung” auch ein CONTRA gegen die eher oberflächliche und nur auf PR-Effekt zielende “Verordnete Frauenquote”.
Zudem müsste es doch skeptisch stimmen, dass derartige Aktionen bei manchen Firmen immer dann kommen, wenn sie gerade einmal Leute suchen (vgl. https://faz-community.faz.net/blogs/personal-blog/archive/2007/05/10/was-frauen-wollen.aspx)
Und spätestens jetzt stellt sich für Sie die Frage (und nur das habe ich gemeint): Gehen Sie zu einem Unternehmen, dass groß für seine “verordnete Frauenquote” wirbt (weil es eben offenbar keine frauenfreundliche Unternehmenskultur hat) oder zu einem, wo nach Leistungs- und Fähigkeitskriterien (in einer diversity-gerechten Form) entschieden wird.
<p>@manu10c</p>
<p> Zur Frage...
@manu10c
Zur Frage nach dem Freischalten der Kommentare:
Leider kann ich den Blog nicht so einstellen, dass automatisch alle Kommentare erscheinen. Ich bekomme immer erst (mit etwas Verzögerung) eine E-Mail. Dann muss ich den Beitrag freischalten, der dann (mit etwas Verzögerung) freigeschaltet wird. In diesem Fall habe ich die Info-Mail einfach übersehen. Sorry: War überhaupt kein böser Wille!!
Es geht auch nie ein Kommentar verloren, weil ich einmal pro Woche im Blogportal prüfe, ob ich alles freigeschaltet habe.
Werden Blogkommentare hier...
Werden Blogkommentare hier nicht veröffentlicht?
@Christian Scholz: Ihre Frage...
@Christian Scholz: Ihre Frage an die drei Studentinnen, ob diese sich “eher bei einem Unternehmen bewerben, das mit einer zwangsverordneten Frauenquote arbeitet oder bei einem, wo Leistung zählt” hat weder praktischen Nutzwert noch Sinn. Wie kommen Sie darauf, dass das Eine das Andere ausschließt? Die
Frauenquote – und damit meine ich speziell den Bereich der Führungskräfte – wird doch überhaupt erst gefordert, weil topqualifizierte, kompetente Frauen die ihrer Leistung angemessenen Positionen so auffallend häufig eben nicht erhalten, sondern an die “gläserne Decke” stoßen. Auf diese Karrierestufe
wären diese Frauen ohne “Leistung” doch gar nicht gekommen.
Ferner müssten Sie auch einmal definieren, was Sie mit “Leistung” genau meinen und welche Qualifikationen und Kompetenzen es denn im einzelnen sind, die Unternehmen tatsächlich erfolgreicher machen – auch hinsichtlich ihrer Unternehmenskultur. Dass Unternehmen mit gemischt besetzten Führungsgremien erfolgreicher sind, was sich ganz konkret in deren Eigenkapitalrenditen widerspiegelt, haben vielbeachtete Studien (McKinsey / “Women Matter”, Catalyst) jedenfalls schon aufgezeigt.
@Christian Scholz
Zu Frage 1:...
@Christian Scholz
Zu Frage 1: Ganz pragmatisch-opportunistisch würden wir uns selbstverständlich bei denjenigen Unternehmen bewerben, die uns die interessantesten Jobs mit den aussichtsreichsten Entwicklungsmöglichkeiten bei guter Bezahlung bieten. Und wenn die Frauenquote dazu beitragen kann, dass bei gleicher Qualifikation dann wir den Posten bekommen und nicht etwa der Großneffe des Prokuristen, dann rücken wir in diesem Fall gerne mal von unserem tradierten Hascherltum ab, das uns immer glauben macht, gezielte Fördermaßnahmen (das Negativkorrelat nennt man auch „Vetternwirtschaft“) seien „bäh“ und ein anständiges Mädchen schaffe das doch qua eigener Leistung. Die Jungs tun das nämlich auch nicht!
Zu Frage 2: Hier stimmen wir Ihnen uneingeschränkt zu und hoffen, dass Ihr Blogbeitrag doch ein wenig zur Bewusstseinsbildung bei den schaukastenbestückenden Instanzen beitragen möge. Davon, dass Männer – egal welchen intellektuellen Kalibers – sich nicht auch gerne ablichten ließen, ist uns allerdings nichts bekannt (cf. Link supra).
Die drei Studentinnen
@drei anonyme...
@drei anonyme Studentinnen
Danke für das Feedback.
Konkrete Frage: Würden Sie drei eher bei einem Unternehmen bewerben, das mit einer zwangsverordneten Frauenquote arbeitet oder bei einem, wo Leistung zählt?
Und zweite Frage: Würden Sie lieber „lieb lächelnd“ einen Kalender zieren anstatt Ihr wissenschaftliches Buch im Schaukasten bewundern?
Sorry, ich kenne viele SEHR gute Studentinnen, die 2x mit einem klaren NEIN antworten würden (vgl. die „Anti-Hascherl-These unter https://derstandard.at/2747691 ).
Im übrigen finde es traurig, dass Unternehmen mit Applaus überschüttet werden, die verordnete Frauenquoten ankündigen, während die ignoriert werden, die durch ihre Personalarbeit einen hohen Frauenanteil haben.
und: Ja, „Pirelli“ ist Ironie, vielleicht sogar Sarkasmus. Aber vielleicht müssen wir einfach akzeptieren, dass sich (manche) Frauen in einer Universität gerne über nette Portraitfotos definieren. Diese Erkenntnis ist dann kein Schenkelklopfer. Sie ist eine Realität der Arbeitswelt, an die wir uns gewöhnen müssen.
mfGr
cs
Ganz klar: Institutionell...
Ganz klar: Institutionell gesteuerte Formen positiver Diskriminierung (Stichwort Frauenquote) scheinen nicht recht in die von Scholz diagnostizierte personalpolitische Eigendynamik des „Darwiportunismus“, einer Mischung aus „Darwinismus“ und „Opportunistmus“ zu passen: Unternehmen auf kurzfristiger Jagd nach den jeweils besten und kompetentesten Kräften, Arbeitnehmer ständig Ausschau haltend nach der besseren Alternative. Wenn sich in diesem selbstregulierenden System also jeweils die Flexibelsten und Angepasstesten durchsetzen, warum sollte man da noch gutmenschenhaft ein paar fußlahme Quotenfrauen mitschleppen?
Fragwürdig ist allerdings, warum der im Verhältnis zu den Männern inzwischen überproportionale Anteil erfolgreicher Hochschulabsolventinnen sich gerade nicht auch in die Chef-, Betriebsrats- und Professorenetagen hinein verlängert. Etwa, weil Frauen ab dreißig plötzlich dümmer, inkompetenter und für den Arbeitsmarkt weniger attraktiv werden als ihre männlichen Kollegen? Wohl eher nicht. Wahrscheinlich ist vielmehr, dass zumindest in Deutschland nicht wenige von ihnen ab diesem Zeitpunkt deutlich an Flexibilität einbüßen, weil sie damit beschäftigt sind, den Söhnen ihrer angehenden Professorengatten die Windeln zu Wechseln und den Babybrei zuzubereiten. Unter solchen Umständen entscheidet frau sich dann doch hin und wieder ganz undarwiportunistisch für die weniger attraktive Teilzeitstelle und katapultiert sich damit selbst ins berufliche Abseits. Und wenn sie das nicht tut, dann sieht sie sich als angehende Hochschullehrerin einer nicht enden wollenden Galerie männlicher Amtsvorgänger (https://www.studion.uni-tuebingen.de/mediawiki/index.php/Kategorie:Professorengalerie) als Identifikationsfiguren gegenüber. Waren das per se die Besseren, Flexibleren, Angepassteren? Und ist es nicht an der Zeit, hier ein wenig historische Gerechtigkeit walten zu lassen? Vielleicht macht so mancher Arbeitgeber (e.g. die Telekom) dabei ja noch ein paar echte Entdeckungen.
A propos „Pirelli“: Wohl ein kleiner Kalauer zum BWL-Neujahrs-Stammtisch? Ein paar Lacher werden sich damit in der Schenkelklopfer-Fraktion schon ernten lassen, und sei’s auch nur dem so emsig bloggenden Kollegen Scholz zuliebe.
Ein „Prosit Neujahr“ wünschen Ihnen und vor allem Ihrer Frau
Drei Studentinnen