Lernen von den Besten. Der allseits geschätzten Servicefunktion dieses Reiseführers durch die Arbeitswelt kann wieder einmal nachgekommen werden und zwar durch eine verblüffende Fundstelle. Dieser kleine Artikel („Unterwegs in eigener Sache“) ist ein derartig mustergültiges Bewerbungsschreiben, dass man ihn auf keinen Fall in den Papierkorb der ungelesenen Versuche medialer Umweltverschmutzung fallen lassen darf.
Es ist wie bei Persil, Schwarzkopf, Pritt, Pril, syoss und vielen anderen Produkten aus dem Hause Henkel: Eine einfache klare Botschaft und jeder versteht, dass Persil wirklich weißer als weiß wäscht. Dabei ist es so simpel, dass es fast schon lächerlich wirkt. Genauso wie mit einer Bewerbung.
Daher entschlüsselt hiermit exklusiv der Reiseführer „Per Anhalter durch die Arbeitswelt“ die vorliegenden Informationen und fasst sie exklusiv unter dem Namen „K*R*Bewerbungsstrategie“ zusammen – nicht zuletzt, um dem eigentlichen Schöpfer der folgenden fünf Schritte unmissverständlich die nötige Referenz zu verweisen.
Ein kleiner Hinweis am Rande: Es kommt auch auf die Reihenfolge an!
Schritt 1 der K*R*Bewerbungsstrategie: Mache, dass Dich das Internet wirklich liebt!
Dieser Schritt kommt am Anfang, weil er einen zeitlichen Vorlauf braucht: Irgendwann wird sich der potenzielle Arbeitgeber – auch wenn meist lautstark dementiert – im Internet schlau machen und herausfinden wollen, was „man“ denn üblicherweise über seinen Kandidaten sagt. Also sind passende Texte im Netz zu platzieren. Das ist natürlich machbar, vor allem für einen richtigen Top-Manager wie Kasper Rorsted: Zeitlich passend findet man daher auf ZEIT-ONLINE eine wirklich rührende Home-Story im Stile vom henkeleigenen Drei-Wetter-Taft über ihn („Ein Mann wie eine Maschine: Kasper Rorsted hat den Familienkonzern Henkel jünger, internationaler und erfolgreicher gemacht.“)
Schritt 2 der K*R*Bewerbungsstrategie: Zeige, dass Du wirklich total gut bist!
Bevor irgendetwas anderes auch nur irgendeine Rolle spielt, muss das Interesse potenzieller Arbeitgeber geweckt werden. Angesichts unseres aktuellen marktradikalen Umfeldes bedeutet dies ganz klar zu machen, dass man Leistung gebracht hat. Hier reicht der erste Absatz. „Er trieb die Rendite … nach oben, trug einen Berg von Schulden ab und sorgte dafür, dass die Öffentlichkeit das auch mitbekam … .“ Und zur Sicherheit steht am Ende der Bewerbung noch ein kleiner Hinweis darauf, dass er in der operativen Marge bereits „auf 14,9%“ (ja, exakte Zahlen sind gefragt) geklettert ist und damit bereits über dem Ziel liegt.
Schritt 3 der K*R*Bewerbungsstrategie: Erkläre, warum Du wirklich wechseln willst!
Dieser Schritt ist schon kniffliger, wird aber hier als kommunikative Meisterleistung absolviert. Ohne auch nur irgendein Stückchen schmutzige Wäsche zu waschen, liest man, dass Kasper Rorsted gerne expandieren möchte, die Henkel-Familie lieber auf Nummer sicher gehen will. Der Genießer genießt und schweigt. Der Worte sind genug gewechselt. Und dass rein zufällig auf der gleichen Seite ein Foto der Ex-Henkel-Managerin Tina Müller mit dem Hinweis „Neuer Style“ prangt, ist für Insider ebenfalls mehrdeutig eindeutig.
Schritt 4 der K*R*Bewerbungsstrategie: Sage, wo Du wirklich hin willst!
Jeder, der sich auf nur einen neuen Arbeitgeber festlegt, handelt grob fahrlässig und sollte von Kasper Rorsted lernen. Denn dieser macht in seiner Blindbewerbung „An: Alle“ klar, dass er „An: Alle “ wirklich meint. So liest man, dass er gerne zum Industrie-Riesen Linde wechseln würde, sich aber auch die Leitung des Kristallkonzerns Swarovski quasi an der Seite von Karl-Heinz Grasser vorstellen könnte. Offener kann man eigentlich nicht sein. Lediglich eine gewisse Präferenz für den deutschsprachigen Süden („verfügt … bereits über eine standesgemäße Bleibe in München“) lässt Kasper Rorsted verschmitzt durchblicken – wodurch er seinen Schritt 3 regional absichert.
Schritt 5 der K*R*Bewerbungsstrategie: Beweise, dass Du zu wirklich Allem bereit bist!
Angesichts vieler Top-Manager, die in den letzten Jahren eher den Eindruck von Großartigkeitswahn vermittelt haben, kommt ein bisschen Demut ganz besonders gut an. Deshalb wirkt der Satz „Selbst einem Assessment-Center-Test der Personalberatung Egon Zehnder hat sich Rorsted unterzogen“ als unumstößlicher Beweis, für einen guten Job die Extra-Meile zu gehen – vor allem, wenn man sich die methodische Diskutierbarkeit dieses Test vor Augen führt, die Kasper Rorsted sicher kennt, da er dem Personalmanagement immer schon sehr nahe stand. Und natürlich: „Ein Mann wie eine Maschine“ – der ist allzeit zu allem bereit. Der Kreis schließt sich.
Ab jetzt bleibt beim Leser nur noch Bewunderung. So einfach, so klar, so brillant. Warum machen wir das nicht alle so? Aber spätestens jetzt kann dank des Reiseführers „Per Anhalter durch die Arbeitswelt“ jeder für sich diese K*R*Bewerbungsstrategie nachbauen – zumindest aber einmal prüfen, ob die eigene Bewerbung diese fünf Schritte befolgt. Und auch wenn das alles harmlos wirkt: Die Erfahrung lehrt, dass ein einziger (!) fehlender Punkt schon zum Scheitern der Bewerbung führen kann.
An dieser Stelle soll nicht diskutiert werden, warum das bekannte Hochglanzmagazin für Manager diese Bewerbung „von Kasper Rorsted; an: Alle“ in dieser Form abdruckt. Das ist nicht wichtig. Es zählt nur, dass man hier wirklich etwas lernen kann. Also: Chapeau!
P.S.: Traditionsgemäß auch hier ein kleiner Hinweis auf Douglas Adams, der mit „Per Anhalter durch die Galaxis“ quasi zum Ahnvater aller Reiseführer wurde: „Der Computer redete und tickerte weiter, dreist und munter, so als verkaufe er Waschpulver. ‚Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass ich dazu da bin, Ihnen bei der Lösung Ihrer Probleme zu helfen, egal, worum es dabei geht.’ Jaja.“