Etwa zehn erlegte Wildschweine werden in Deutschland jedes Jahr aus der Nahrungskette ausgesondert, weil in ihrer Muskulatur Trichinen gefunden wurden. Das erste Wildschwein, das 2009 mit der parasitären Erkrankung auffiel, stammt von der Insel Usedom. Ein Jäger erlegte es und nahm es mit nach Nordrhein-Westfalen. Hier fand man vor wenigen Tagen bei der amtlichen Untersuchung, die für erlegte Wildschweine vorgeschrieben ist, die Parasiten, die eingekapselt in den Muskelzellen Jahrzehnte im Wirt überdauern können. Wenn der Mensch das Fleisch verzehrt, roh als Mett, als Rohwurst oder Rohschinken, löst sich der Muskelwurm Trichinella spiralis aus den Zellen und infiziert den nächsten Wirt. Anders als die meisten Tiere, ist der Mensch aber besonders schlecht angepasst an den ungebetenen Gast. Ihn befallen schwere, grippeartige Beschwerden, rheumaähnliche Schmerzen und Fieber; das Gesicht und die Augenlider schwellen an. Die Krankheit kann auch tödlich ausgehen: Bevor eine flächendeckende Fleischbeschau in Deutschland eingeführt wurde, kam es im 19. Jahrhundert regelmäßig zu Epidemien mit bis zu 100 Toten. Und bis der Parasit 1835 in London in einer menschlichen Leiche entdeckt wurde, hatte man die trichinenbedingten Todesfälle meistens dem Typhus zugeschrieben. Anfangs nannte man die Neuentdeckung “Trichina spiralis” – bis sich herausstellte, dass der Gattungsname Trichina schon von einem Insekt besetzt war. Trotzdem hat es sich eingebürgert, von “Trichinen” zu sprechen statt korrekt von “Trichinellen”. 1860 erkannte der Dresdner Mediziner Friedrich Zenker, dass die Trichinen des Menschen aus dem Schweinefleisch stammten, als er den rätselhaften Tod eines Dienstmädchens aufklärte. Das veranlasste die Einführung einer verpflichtenden Fleischbeschau, maßgeblich vorangetrieben durch den Pathologen Rudolf Virchow.
Die Verbraucherschutzbehörden nehmen den Usedomer Fall jetzt zum Anlass, wieder einmal zu betonen, dass die Untersuchung auf Trichinen noch immer unverzichtbar ist – nach wie vor sind insbesondere Wildschweine potentielle Träger. „Die Jäger müssen dafür sorgen, dass diese Untersuchung schnellstmöglich nach dem Erlegen durchgeführt wird. Vor allem dürfen keine Teile des Tierkörpers vor Abschluss der Untersuchung verzehrt werden”, sagt der zuständige Kreisveterinär Harri Schmitt.
Nicht nur jedes erlegte Wildschwein, sondern auch jedes einzelne Hausschwein wird nach der Schlachtung auf den Muskelparasiten überprüft. Früher waren gläserne Kompressorien gebräuchlich: Haferkorngroße Fleischstücke wurden zwischen zwei Glasplatten flachgepresst und dann unter dem “Trichinoskop” durchmustert. Heute untersucht man nussgroße Proben aus dem Fleisch jedes Schlachtschweins mit der sogenannten Verdauungsmethode; dabei lösen sich die Muskelfasern in Pepsin und Salzsäure auf, die Lösung wird dann mit dem Mikroskop nach den teilweise noch schneckenförmig aufgerollten, teilweise fädig gestreckten Parasiten durchsucht.
Das Verfahren ist seit Jahrzehnten erfolgreich: Trichinose (richtiger: Trichinellose) ist deshalb zu einer sehr seltenen Erkrankung des Menschen geworden. In Deutschland gab es in den vergangenen 40 Jahren nur noch wenige größere Ausbrüche. Dabei waren 1982 aber sogar über 400 Personen betroffen, die bei einem Betriebsfest rohe Mettwurst gegessen hatten. Der letzte größere Fall trat Anfang 2006 in Mecklenburg-Vorpommern auf. 17 Mitglieder einer Großfamilie hatten sich am Fleisch eines privat gehaltenen Schweines infiziert. In Osteuropa kommt es noch regelmäßig zu Epidemien. Im Sommer 2007 etwa erkrankten in Polen 170 Menschen. Ein halbes Jahr zuvor infizierte sich eine bayerische Familie in Rumänien. Das Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin (BfR) warnt generell davor, bei Urlaubsreisen in Osteuropa rohes Fleisch, Rohwurst oder Rohschinken zu verzehren.
Infizieren können sich ohnehin nur Fleisch- und Allesfresser. Ein ungelöstes Rätsel bleibt deshalb bis heute, warum immer wieder Trichinoseausbrüche durch Pferdefleischverzehr zustande kommen – leben die Einhufer doch streng vegetarisch. Bei Schweinen sieht die Sache anders aus: Selbst wenn sie auf Bauernhöfen mit dem üblichen Mastfutter ernährt werden, schrecken sie nicht davor zurück, eine Ratte zu fangen oder, wenn sie Auslauf auf der Weide haben, Aas anzuknabbern. Häufig sind auch Trichinella-positive Befunde bei Marderhunden und Füchsen.
In den Vereinigten Staaten ist man einen anderen Weg gegangen als in Europa, nachdem gegen Ende des 19. Jahrhunderts klar war, dass Trichinella spiralis eine schwere Erkrankung verursacht. Anstatt jedes einzelne Schwein zu untersuchen, informierte man die Bevölkerung mit einer großangelegten Kampagne darüber, dass Schweinefleisch immer vollständig durchgegart werden muss.
Welche Krankheiten können...
Welche Krankheiten können eigentlich die “Vögel des Himmmels” übertragen?
Ist Mt 6,26 (“Seht die Vögel die Himmmels….”) ein Loblied auf die im vorderen Orient bedenklos erlege- und verzehrbaren Federtiere?
Raubvögel “greifen” ja anderes Vogelgetier, aber nicht Aas. – Aber es gibt doch bei ihnen keinen Trichinenbefall?