Planckton

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Die Wissenschaft ist ein ernstes Geschäft, aber gehört ihr deshalb das letzte Wort?

Lost in Evolution (1): Darwins Klon oder die sanfte Ironie der Knetmasse

 Ein Glück, die Partywoche ist vorbei. Nicht nur in Berlin, wo der rote Teppich vor den Kinosälen wieder eingerollt wurde. Auch die (genetische)...

 Ein Glück, die Partywoche ist vorbei. Nicht nur in Berlin, wo der rote Teppich vor den Kinosälen wieder eingerollt wurde. Auch die (genetische) Wiederauferstehung des Neandertalers liegt schon ein paar Tage hinter uns, und wer es genau wissen will: Es ist ein Mädchen!

Aber vor allem haben wir den 12. Februar endlich überstanden, auf den man überall gewartet hatte, um ein globales Fest der Naturwissenschaft zu feiern: Darwins Geburtstag.

Sein 200. ist würdig, gefeiert zu werden. Nur mancher Festakt ließ echte Zweifel daran aufkommen, ob wirklich Darwin und seine Evolutionstheorie das Thema waren, oder ob die Veranstalter zwischen den zitierten Originalzeilen nicht noch ein paar eigene Botschaften loswerden wollten. So sprach vergangenen Freitag in der Frankfurter Nationalbibliothek – im Auftrag der Giodarno Bruno Stiftung – ein Darwin-Klon mit missionarischem Eifer zu seinen „Children of Evolution” und erklärte etwa, warum er seiner frommen Frau Emma zuliebe so manche brisante Passage seiner Aufzeichnungen gestrichen habe. Hinter dem Kostüm verbarg sich bitterer Ernst, und in der verlesenen Botschaft fehlte jedes Fünkchen Ironie. Schade, denn ein paar der Vorträge waren sachlich und unterhaltsam.

Dass es zwanglos und trotzdem hochkarätig zugehen kann, ließ sich dagegen in Berlin beim Salon Sophie Charlotte erleben, zu dem die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften bereits Ende Januar geladen hatte. Ihr Haus am Gendarmenmarkt stand allen offen. Und dort flanierte man durchs Treppenhaus von Saal zu Saal (ok, Plätze waren oft rar), wechselte von der szenischen Lesung zum Fachvortrag und erholte sich dann beim Dokumentarfilm oder Beiträgen der „Creature Comforts”. Den Fakten konnte man trauen, der Rest war Vergnügen und Anregung für mehr. Selbst beim Sonntagsspaziergang mit Freunden lebte die Diskussion vom Vorabend gleich wieder auf, der Matsch am Schlachtensee wurde so zum Nährboden für Frage, Antwort & Spekulation.

Vielleicht trügt das Interesse der Öffentlichkeit an Vorträgen, Ausstellungen und Büchern. Sollte man sich die Harald-Schmidt-Sendung vom 12. Februar (ja, genau am Tag des Darwin-Jubiläums) mehr zu Herzen nehmen? Als Oliver Pocher bei seiner Umfrage im Heer der Ahnungslosen kaum Darwin-Kenner ausmachen konnte, wusste man nicht was schlimmer ist: Komplettes Unwissen oder Pseudowissen? Was tun? Lachen aus Verzweiflung?

Die ungeschönte Realität macht leider nicht halb so viel Spaß wie die Kurzfilme der Creature Comforts. Wenn zum Beispiel Affen, Schweine oder Seeanemonen aus Knetmasse den interviewten „Menschen von der Straße” ein Gesicht geben, während sie über die Evolution sinnieren. Ein depressiver Hamster darf Evolution als Quatsch abtun. Es ist sogar witzig, wenn er sich Flügel wünscht, um dann gleich zu erklären, dass ihm nie welche wachsen würden – da könne er (und seine Kinder) so oft von hohen Gebäuden springen.

Flügel, nein, die wachsen nicht, weil man vom Hochhaus hüpft. Doch solchen Missverständnissen der Evolutionstheorie kommt man mit nur Fakten bei und einer gehörigen Portion Humor. Das haben jene verstanden, die Tierfiguren kneten, um Wissenslücken auf ironische Weise zu entlarven. Aber leider nicht diejenigen, die sich hinter einer Darwin-Maske verstecken.

Ein Song zur Geschichte: This is the renaissance, Sparks