Birgt das Tal der Könige noch Geheimnisse? Der möglicherweise einzige professionelle Ägyptologe, der öffentlich Indiana-Jones-Träume hegen darf, ist Dr. Zahi Hawass, der Chefägyptologe und Generalsekretär des Supreme Council of Antiquity (SCA), also der staatlichen ägyptischen Altertümerbehörde. Umso härter muß es Hawass angegangen sein, jetzt das faktische Ende der Grabungen in KV17, dem Grabstollen Pharao Sethos I, zu verkünden.
Sethos I, der Vater des mächtigen Ramses II, regierte Ägypten kurz nach 1300 v. Chr. und wie sein Sohn war er ein großer Bauherr. Sein 130 Meter langes Grab im Tal der Könige ist das früheste, das bis zur letzten Kammer mit farbigen Reliefs ausgeschmückt ist. Aber noch etwas anderes unterscheidet dieses Grab von den übrigen etwa 60 Königsgrüften in dem Wüstental westlich der heutigen Stadt Luxor: in seiner Sargkammer wurde 1960 der Beginn eines mit Gesteinstrümmern zugeschütteten Schachtes entdeckt. Er ist lediglich ein Meter weit und 1,50 hoch und führt schräg in die Tiefe – wohin, das wusste bis jetzt niemand.
Im November 2007 begann ein von Hawass geleitetes Archäologenteam den Schacht freizuräumen. Funde von Keramik und Ushebti-Figürchen nährten die Hoffnung, der Tunnel könnte möglicherweise mehr sein als eine – eventuell nur symbolische – Verbindung zum Grundwasser, ein theologisch motivierter Wasserzugang wie bei dem ebenfalls von Sethos erbaute Osiris-Heiligtum in Abydos. Vielmehr hoffte man, am Ende des Tunnels auf nichts weniger als die eigentliche Grabkammer Sethos I zu treffen – geplündert zwar (denn ein Alabastersarg des Herrschers ist erhalten) aber vielleicht noch voller archäologisch wertvoller Überbleibsel einer Grabausstattung, die jene des Tutanchamun an Menge und Pracht zig-fach übertroffen haben muß.
Möglich, das solch eine „geheime Sargkammer” einmal geplant war. Doch zur Ausführung kam sie offenbar nicht mehr. Denn wie eine Pressemitteilung des SCA nun vermeldet, haben die Forscher das Ende des, wie man jetzt weiß, insgesamt 174 Meter langen Tunnels erreicht. An seinem Ende besteht er aus einem 25,6 Meter langen und 2.6 Meter weiten Gang, an den sich zwei Treppenfluchten anschließen. Am Beginn der zweiten fand sich eine Scheintür und darauf eine Inschrift in hieratischen Zeichen, also jener Kursivform der Hieroglyphen, mit denen die alten Ägypter für den Alltagsgebrauch schrieben: „Mach den Türrahmen höher und den Eingang weiter” steht da – offenbar ist es eine Anweisung des altägyptischen Bauingenieurs an seine Arbeiter. Nach sechs Metern endet der Gang abrupt und endgültig im mergeligen Kalk.