Es gibt bestimmte Themen, denen kann man als Astrophysiker nicht entfliehen. Selbst wenn man sie im eigenen Arbeitsalltag selbst praktisch nie streift, verfolgen sie einen im privaten Kontext auf Schritt und Tritt. Eines dieser Themen sind Schwarze Löcher. Die massenmediale Präsenz schwarzer Löcher macht dieses Verfolgungs-Phänomen nicht besser. Spiegel Online war es beispielsweise vor eineinhalb Wochen sogar die Titelstory wert, die Öffentlichkeit darüber aufzuklären, dass ein Schwarzes Loch „den Masse-Rekord” gebrochen habe. Es war letzte Woche beim gemütlichen Adventstee mit Familie insofern nur eine Frage der Zeit, bis meine Nichte sich zu Wort meldete: „Sag mal, was sind eigentlich Schwarze Löcher?” Mein Bruder war sofort dabei: „Ja genau, die haben doch jetzt das schwerste Schwarze Loch entdeckt. Erklär doch mal!” Neulich auf einer Party war mir schon Ähnliches passiert: „Oh, du bist Astrophysikerin? Dann erklär mir doch mal, wie Schwarze Löcher funktionieren!” Je nach Kontext gibt es auf diese Fragen natürlich viele verschiedene Erklärungsansätze:
Klassisch neutral: „Ein Objekt, das die Raumzeit so stark krümmt, dass nichts, noch nicht mal Licht, dem Schwerefeld entfliehen kann”.
Für die Nichte als Bastelanleitung: „Stell dir vor, du nimmst den Papa, und die Mama, und den Rest der Familie, und dann ganz Berlin, und dann ganz Deutschland und zum Schluss die ganze Erde, und drückst das alles so stark zusammen, dass alles zusammengepresst kleiner wird als ein Stück Würfelzucker.”
Abbildung: Linienelement der Schwarzschild-Metrik
Wenn man eine Partybekanntschaft schnell wieder loswerden will: „Du kennst doch die Allgemeine Relativitätstheorie. Wenn du da einfach die Einstein’schen Feldgleichungen nimmst und die Schwarzschildlösung ausrechnest, indem du die Vakuum-Gleichungen für einen nicht-rotierenden, sphärisch symmetrischen Körper löst, dann siehst du, dass du für einen bestimmten Radius eine Singularität bekommst. Das ist der Schwarzschild-Radius. Der hängt von der Masse des Objekts ab. Und wenn das Objekt kleiner ist, als dieser Radius, dann ist die Fluchtgeschwindigkeit aus diesem Volumen größer als die Lichtgeschwindigkeit. Frage beantwortet?”
Abbildung: Künstlerische Illustration eines Schwarzen Lochs. Quelle: Nasa
Natürlich ist es nicht so einfach, sich für jede mögliche Situation immer wieder neue, originelle Schwarzes-Loch-Erklärungen zu überlegen. Für alle Astrophysiker, denen langsam die Ideen diesbezüglich ausgehen (und für alle Nicht-Astrophysiker, denen die Erklärungen der ihnen bekannten Astrophysiker mit der Zeit zu langweilig geworden sind) gibt es seit letzter Woche online eine fast unerschöpfliche Quelle pädagogisch wertvoller Alternativbeschreibungen, und das nicht nur für Schwarze Löcher, sondern für eine ganze Reihe astronomischer Phänomene. Andrew Fraknoi vom Foothill College in Kalifornien hat im „Astronomy Education Review” seine persönliche Sammlung von Musik veröffentlicht, die Bezug nimmt auf astronomische Themen. Dabei war sein Kriterium, dass die Musik „wirkliche Wissenschaft” enthalten muss, das heißt nicht nur vereinzelte astronomische Begriffe, sondern tatsächlich zu einem gewissen Grad einen wissenschaftlich korrekten Inhalt. So konnte der Beatles-Song „Across the Universe” beispielsweise nicht gelistet werden, weil er nicht genügend seriöse Astronomie enthält („It calls me on and on across the universe” ist offensichtlich etwas zu vage). Trotz dieses restriktiven Kriteriums kommt Fraknoi immerhin auf 133 Stücke in 22 thematischen Kategorien.
In Bezug auf Schwarze Löcher lernt man beispielsweise bei Aqualung im Lied „Black Hole”, dass eine Beziehung ähnlich hoffnungslos sein kann, wie es hoffnungslos ist, einem Schwarzen Loch zu entfliehen. Konkret bekommt man dabei zusätzlich Informationen zur Entstehung bestimmter schwarzer Löcher:
You say I’m a black hole / Sigularity / My own supernova / A blazing blind catastrophe / And for once I was a star / A long time before that / Somebody’s sun”
(„Du sagst, ich sei ein Schwarzes Loch / Singularität / Meine eigene Supernova / Eine leuchtende, blinde Katastrophe / Und einmal war ich ein Stern / Lange Zeit davor / Für jemanden eine Sonne”)
Abbildung: Die Chandra-Beobachtung der Galaxie Centaurus A zeigt die Effekte eines supermassiven Schwarzen Lochs. Quelle: NASA/CXC/CfA/R.Kraft et al
Der Sänger sieht sich also als stellares Schwarzes Loch, Endstadium eines massereichen Sterns. Bekanntlich besitzen Schwarze Löcher ein so starkes Gravitationsfeld, dass noch nicht mal Licht wieder entfliehen kann. Etwas poetischer ausgedrückt von Frank Black in dem Liebeslied „Places Named After Numbers”:
And though it seems from here / That she was never there / Light beams disappear / Into her blackened hair / I wonder if they reappear
(„Und obwohl es von hier aus scheint / Als wäre sie nie da gewesen / Verschwinden Lichtstrahlen / In ihrem geschwärzten Haar / Ich frage mich, ob sie wieder zum Vorschein kommen”)
Was in Bezug auf Licht vielleicht noch eine gewisse Romantik besitzt, wird erheblich dramatischer, wenn man sich selbst in die Rolle des Vom-Schwarzen-Loch-Verschluckten hineindenkt. Musikalisch muss es da schon Heavy Metal sein, mit Gamma Ray in „Beyond the Black Hole”:
Fly – Beyond the gates of space and time / Another universe is mine / And I can’t wait until tomorrow / Ride – There’s a call from deep within / No I won’t return again / `Cause I will dive into the black hole
Don’t wait for me, ’cause I won’t come back / Oh don’t wait for me, no I won’t come back / Oh don’t wait for me, no I won’t come back / Oh, oh, oh …
(„Flieg – über die Pforten von Raum und Zeit hinaus / Meines ist ein anderes Universum / Und ich kann nicht bis morgen warten / Fahre – aus dem tiefen Inneren gibt es einen Ruf / Nein, ich werde nicht wieder umkehren / Denn ich werde eintauchen in das Schwarze Loch
Warte nicht auf mich, denn ich werde nicht zurückkehren / Oh, warte nicht auf mich, denn ich werde nicht zurückkehren / Oh, warte nicht auf mich, denn ich werde nicht zurückkehren / Oh, oh, oh …”)
Abbildung: Schwarzschild-Lösung der Einsteinschen Feldgleichungen
Während Gamma Ray den Zuhörer über die genaue Natur des Schwarzen Lochs weitgehend im Unklaren lassen und den Fokus eher auf die subjektive Befindlichkeit des in die Singularität Strebenden legen (Fraknoi beschreibt sehr zutreffend, dass das Lied insbesondere die Idee betont, dass man nicht mehr zurückkehrt), wird dies genauer von Amanda Lear beschrieben im Lied „Black Holes”. Sie sieht die aufzehrende Liebe als ein schwarzes Loch:
I’m trying to understand why / Like a black hole in the sky / Your love is consuming my nights, my life / You’re a singularity / A door opening on a new dimension / The stars and suns disappear / The whole universe lives in fear / Wiped off into nothingness, erased / Like a fantastic good-bye / Defying even my imagination / It’s another time / And it’s another space / It’s something that science can’t describe / No one has ever seen / No one has ever been / A black hole in the sky, why? / Like a black hole in the sky / You crush me from your universe
(„Ich versuche zu verstehen warum, / Wie ein schwarzes Loch am Himmel, / Deine Liebe meine Nächte aufbraucht, mein Leben / Du bist eine Singularität / Eine Tür, die eine neue Dimension eröffnet / Die Sterne und Sonnen verschwinden / Das ganze Universum lebt in Angst / Weggewischt in Nichtigkeit, ausradiert / Wie ein fantastisches Lebewohl / Sogar meiner Vorstellungskraft trotzend / Es ist eine andere Zeit / Und es ist ein anderer Raum / Es ist etwas, das Wissenschaft nicht beschreiben kann. / Niemand hat es jemals gesehen / Niemand ist es jemals gewesen / Ein Schwarzes Loch am Himmel, warum? / Wie ein Schwarzes Loch am Himmel / Vernichtest du mich aus deinem Universum”)
Abbildung: Das Paranal-Observatorium der ESO beobachtet das Zentrum der Milchstraße, das ein supermassives Schwarzes Loch beherbergt. Quelle: ESO/Yuri Beletsky
Mit dieser Liste von Astronomie-Songs sollte man nun für alle eventuellen Fragen gerüstet sein: einfach thematische Playlists auf dem MP3-Player einrichten, den Fragesteller (oder sich selbst) mit Kopfhörern verstöpseln, und schon klären sich viele Fragen multimedial poetisch. Und für besonders romantische Momente teilt man sich die Kopfhörer mit dem Partner und träumt gemeinsam bei „Walking on the Moon” von Police (bevor man sich über die Details der Mondlandung unterhält).
Also ganz ehrlich, das ist ein...
Also ganz ehrlich, das ist ein wirlich mal völlig anderer Beitrag zum Thema “schwarzes Loch”. Gefällt mir ;-). Ich werd mir die hier vorgestellten Lieder mal runterladen und anhören. Will ja schliesslich mitreden können…
Liebe Leser, wenn Sie uns eine...
Liebe Leser, wenn Sie uns eine kleine Vorweihnachts-Freude machen wollen, dann stimmen Sie für Planckton unter https://wp.me/p1XAlm-jB als Wissenschaftsblog des Jahres 2012 ab. Dort sind wir als einer von 20 Blogs nominiert worden. Vielen Dank und weiterhin eine schöne Adventszeit, möglichst ohne persönliche schwarze Löcher ;)! Sibylle Anderl
Ingo Baumgartner
Ein...
Ingo Baumgartner
Ein schwarzes Loch
Wo eben schönster Fußpfad noch,
Gähnt abgrundtief ein schwarzes Loch.
Da wird nun jedermann verstehen,
Es fehlt der Drang zum Weitergehen.
Versuche wären höchst riskant,
Doch zugegeben int’ressant.
Ein Schritt jedoch, erhob’ne Hände,
Schon wüsste man des Abgrunds Ende.
Ich rate aber Mann, Kind, Frau,
Vor Löchern, bitte, schau genau!
Man könnte grauslich sich verstümmeln,
Gar zahnlos nur mehr Grießbrei mümmeln.
Nikola Tesla, ein Freund von...
Nikola Tesla, ein Freund von Walter Russell (1871-1963, USA), meinte zu ihm, er wäre mit seinen Erkenntnissen vom Aufbau des Kosmos der Menscheit um 1000 Jahre voraus. Russell hatte keinerlei Studium, war aber durch sein Universal-Genie u.A. als Künstler ein Freund von Mark Twain, FD Roosevelt, Watson (IBM-Gründer), Tesla … Es hat keinen Sinn, über “Schwarze Löcher” oder “Big Bang” zu fabulieren bzw. zu mutmaßen, ob künstlerisch wie im Artikel, als auch “wissenschaftlich” – dies immer mehr (exponentiell) in unverständlichen Fachtermini, die alles einem (darwinistischen) “Zufall” zuschreiben – wo es keine “Gottheit” geben kann, keien Schöpfer. Ein neues, detailliertes Paradigma, wie das von Walter Russell, auf dem Feld der Kosmologie/ Kosmogonie, tut Not, auch im Sinne einer weiteren, friedlichen Entwicklung unserer Spezies – im Einklang mit “unserem” Planeten und dem Kosmos (im pantheistischen Sinne).
Wir stochern noch im Nebel,...
Wir stochern noch im Nebel, auch wenn dies auf künstlerischer Art wie im Artikel geschieht. Ein unbekannter Laie und genialer Künstler (Maler, Architekt und Bildhauer) des letzten Jahrhunderts hatte wirkliches Wissen über den Aufbau des Kosmos – in einem pantheistischen Sinn: Walter Russell, 1871-1963, USA. Auf youtube und im Internet gibt es einige Informationen zu seinen Werken – “The Universal One” – “The Secret Of Light” – “Atomic Suicide” etc. Er begründet u.A. eine neue Elementelehre – auf Oktaven gegründet (nicht wie eine “willkürliche” Mendelew’sche). Alles hochdetailliert – nur ohne die üblichen unverständlichen mathematischen Gleichungen. Die Grundlagen nicht nur einer neuen Kosmologie und Kosmogonie, sondern einer neuen Wissenschaft, die auch Platz für Gott findet – in einem logischen Sinn.
...zum gleichen Thema...
…zum gleichen Thema nonverbal:
Wanders et al. 1993, A&A 269 p39.
Auf Seite 52 stehen dazu die Noten – das muß man dann aber selber spielen (Violine, Cello, Piano)…
Die ganze Astronomie in einem...
Die ganze Astronomie in einem Lied:
Der “Galaxy Song” von der Monty Python Truppe – nicht nur witzig, sondern wissenschaftlich wohl auch zutreffend.