Planckton

Planckton

Die Wissenschaft ist ein ernstes Geschäft, aber gehört ihr deshalb das letzte Wort?

Sie nennt es “Scheißegal-Gen”

| 21 Lesermeinungen

Die Piratin Marina Weisband hadert mit dem "Scheißegal-Gen", das man als erfolgreicher Politiker heute braucht. Ist ein Parlament ohne Scheißegal-Gen überhaupt denkbar? Wir haben nachgeforscht.

Erstmal drüber schlafen ist in solchen Fällen nie verkehrt. Das habe ich getan und entschieden: Doch, dem politischen „Scheißegal-Gen“ von Marina Weisband muss nachgegangen werden. Kurz zum Hintergrund: Zwei Anrufer hatten gestern Nachmittag nach der Lektüre des auszugsweisen FAZ-Vorabdrucks von Marina Weisbands Buch „Wir nennen es Politik“ ordentlich Dampf abgelassen und mir als Wissenschaftsredakteur mächtig ins Gewissen geredet. Nichts konnte sie besänftigen, weder das gewinnende Lächeln der jungen Piratin oben auf der Zeitungsseite, noch der beschwichtigende Hinweis, dass Frau Weisband die erkenntnistheoretische Tragweite ihrer gen-deterministischen Wendung sicher nicht voll erkannt habe, vielleicht sogar gerade wegen ihres Psychologie-Studiums als Ironie verstanden haben mochte. Die Geniritis ist als Sprachphänomen ja ohnehin in unserer Gesellschaft virulent. Nichts half. “Scheißegal-Gen” sei ein dümmlicher Kampfbegriff, meinte der eine, und ein Missbrauch der Wissenschaften. Zu seicht für eine angehende Psychologin, meinte der andere, und zudem diskriminierend für unsere Politiker, die es dann wohl mehrheitlich nur dank ihres sogenannten „Scheißegal-Gens“ im Bundestag aushielten.

© FAZ ArchivDer FAZ-Vorabdruck des Buches “Wir nennen es Politik”

Da stecken natürlich mindestens genau so viele Unterstellungen drin wie in der Gen-Vokabel, die Marina Weisband in ihrem Text zweimal verwendet. Unentschieden also könnte man sagen, gedankenlos hier wie dort. Da nun allerdings die prominente Frau Weisband dem Begriff in der zweiten Verwendung ihres Scheißegal-Gens fast schon philosophische Züge zuschreibt und mindestens implizit jedenfalls die Wiederaufnahme ihrer politische Karriere an die Erlangung eines Scheißegal-Gens knüpft, halte ich eine wissenschaftliche Recherche unterm Strich dann doch für gerechtfertigt.

Auf diesen Satz der Piratenhoffnung also kommt es an:

„In der Ferne habe ich die Vorstellung einer Gesellschaft, in der es kein „Scheißegal-Gen“ braucht, um Politik zu machen.“

Für alle, die den FAZ-Auszug aus ihrem frühen politischen Vermächtnis noch nicht gelesen haben (das Buch ist ab dem 12. März digital herunterzuladen), dafür aber vielleicht das Portrait in der aktuellen „Zeit“ irgendwie spannend fanden, sei es gesagt: Marina Weisband hat nie behauptet, dass Politikern alles scheißegal sei. Was sie meint, was sie eigentlich vermisst und letztlich für ihr Scheitern als Spitzenfrau der Piratenpartei mitverantwortlich macht, ist die Abwesenheit einer ganz besonderen Eigenschaft, die es erfolgreichen, sprich: standhaften Politikern, ermöglicht, sich „ein dickes Fell zuzulegen“. So haben es ihr ein paar wohlmeinende Freunde zugeflüstert. Marina Weisband formuliert es so, als sei dieses Persönlichkeitsmerkmal genetisch fest verankert. Oder jedenfalls genetisch stark beeinflusst. Und das muss man ihr schon zugute halten: Aus wissenschaftlicher Perspektive ist das erst einmal eine zulässige, ja spannende These.

Machen wir uns also auf die Suche nach dem Scheißegal-Gen. Der Anfang ist schnell gemacht. Das menschliche Genom mit seinen etwas mehr als 20.000 Genen ist nämlich in internationalen Datenbanken wie dem National Center for Biotechnology Information für jeden zugänglich. Leider ist da bisher noch kein DW-Gen („Damn whatever gene“) hinterlegt. Allerdings muss man auch wissen, dass die Sequenz des Humangenoms zwar einigermaßen vollständig entziffert und viele Gene sogar einen anschaulichen englischen Titel bekommen haben, dass aber keineswegs alle Gene vollständig verstanden oder auch nur die Funktionen aller Sequenzen entschlüsselt sind. Bei Merkmalen wie der geforderten Scheißegal-Haltung muss man da von vorne herein Abstriche machen. Denn das beschriebene Verhalten, das von standhaften Politikern gefordert wird, gehört mit hoher Wahrscheinlichkeit zu jenen menschlichen Eigenschaften, die den Phänotyp – also die reale Ausprägung im jeweiligen Individuum – mindestens dem Zusammenwirken mehrerer unterschiedlicher Gene verdanken. Marina Weisband hat da neurogenetisch gesehen also schon mal die Fünfe grade sein lassen. Sei’s drum.

Welches also, so ist nun weiter zu fragen, sind die Bestandteile jenes Gen-Netzwerks, das in der Summe seiner Einzelgenwirkungen die Fähigkeit verleiht, sich ein dickes Fell zuzulegen. Formuliert man es so, stößt man in der Literatur auf einen Anglizismus, der fremd und doch irgendwie sympathisch vertraut wirkt: Resilienz.

© Mount Sinai School of MedicineDie Kreisläufe von Bedrohtheit und Belohnung im Gehirn.

Psychische Widerstandsfähigkeit könnte man es im Medizinjargon übersetzen. Auch emotionale Standhaftigkeit trifft es sicher ganz gut. Und hier nun kommen wir in den öffentlichen Gendatenbanken schnell weiter. Denn die Resilienzforschung ist schon gut und gerne fünfzig Jahre alt und damit fast genauso alt wie die Genforschung selbst. Da hat sich einiges, sagen wir es psychologisch, aufgestaut. Als besonders hilfreich erweist sich ein Übersichtsartikel aus „Nature Reviews Neuroscience“ von Adriana Feder, Eric Nestler und Dennis Charney von der Mount Sinai School of Medicine in New York. Sie ordnen Resilienz folgendermaßen ein: Sie sei „verbunden mit der Eigenschaft, Stress-Situationen als weniger bedrohlich wahrzunehmen und adaptive Strategien zu entwickeln, die es ermöglichen mit Bedrohungen fertig zu werden“. Die Suche nach Studienergebnissen wird dann etwas komplizierter. Um es vorweg zu nehmen: Das Scheißegal-Gen, von dem die Weisband die politische Szene bereinigt wissen will, erweist sich als ein Musterbeispiel für die Kleinkariertheit der Evolution.

Warum auch einfach, wenn es kompliziert geht? Das ist die Essenz der Höherentwicklung in der Stufenleiter unseres Stammbaums. Dabei sah es anfangs in der Resilienzforschung noch ganz gut aus: Das 5-HTT-Gen auf Chromosom 17 war bis vor ein paar Jahren beinahe der einige heiße Kandidat. Aus der Information des Gens wird in den Nervenzellen ein Membranprotein hergestellt, das den Nervenbotenstoff Serotonin in die Zelle wieder aufnimmt. Ein Serotonin-Transporter-Protein. Serotonin ist als Stimmungsmacher lange bekannt. Im Angstzentrum des Gehirns, der Amygdala, ist seine Wirkung besonders fatal. Wird in den Nervenzellen dort zu wenig von dem Serotinin-Transporter hergestellt, bleibt buchstäblich zu viel Serotonin zwischen den Zellen liegen, das Signal bleibt aktiv. Eine Depression droht. Der Punkt ist, dass es von diesem 5-HTT-Gen tatsächlich so etwas wie eine Scheißegal-Variante gibt: In dieser Ausführung ist die Gensequenz um 44 Bausteine länger als in der Kurzversion.

Die Langversion produziert mehr der wichtigen Serotonin-Transporter-Moleküle in den Hirnzellen und verleiht so dem Träger das dicke Fell. Die Sensibleren dagegen tragen mindestens eine Kurzversion. Was die populationsgenetischeVerteilung angeht, sind immerhin ein Drittel der Menschen in den Hirnzellen ausschließlich mit der Scheißegal-Genvariante ausgestattet, etwa die Hälfte hat im doppelten Chromosomensatz der Zellen mindestens eine Scheißegal-Variante, und ein Sechstel ungefähr muss sich mit zwei unangenehmen Kurzversionen herum plagen. Marina Weisband könnte dazu gehören.

Allerdings ist die Sache mittlerweile etwas komplizierter geworden. Denn die Genforschung hat nach der Entdeckung des 5-HTT nicht aufgehört, in den Gehirnen der resilienten Seelen weiter zu graben. Und so ist man auf das Corticotropin-Releasing-Hormon (CRH), das im Hypothalamus die Stresshormproduktion ankurbelt und bei Überproduktion die Sensibilität steigert, schließlich das Neuropeptid Y, das seinerseits bei Überproduktion die Seele stabilisiert. Die Wissenschaftler meinen deshalb, dass ein gesundes Gleichgewicht zwischen CRH und Neuropeptid Y die Resilienz – oder sagen wir: die postulierte Scheißegal-Haltung – fördert. Das anzustrebende psychische Gleichgewicht kennt die Medizinforschung unter dem Begriff Allostase. Sie wird als besondere psychische Anpassungsleistung betrachtet, die angeblich auch zum Beispiel vor einem Burnout zu schützen vermag.

Wer jetzt denkt, damit sind die Kandidatengene für Dickfellträger eingekreist, hat sich geirrt. Immer mehr Scheißegal-Konstellationen im Gehirn sind in den vergangenen jahren aufgetaucht. Mal war das Noradrenalin im Visier, dann wieder bestimmte Varianten der Catechol-O-Methyltransferase (COMT), schließlich auch der Wachstumsfaktor BDNF. Und zum guten Schluss hat man herausgefunden, dass verschiedene Gensequenzen wie jenes NGFI, das mit dem Nervenwachstumsfaktor in Verbindung steht, in der embryonalen Entwicklung durch den vorgeburtlichen Stress oder durch traumatisierende Erfahrungen chemisch so manipuliert – epigenetisch verändert – werden kann, dass der betreffende Mensch mitunter sein Leben lang nicht mehr die Scheißegal-Haltung einnehmen kann – so sehr ihm vielleicht seine 5-HTT-Resilienzvariante hätte verhelfen können.

© PubMedDer Code für emotionale Widerstandskraft? Dies ist die Basenabfolge (Sequenz) des 5-HTT-Gens.

Ergo: Da ist schon mächtig viel im Fluß in den Dickfell-Arealen des Gehirns, nichts ist wirklich determiniert. Die verlockende Ein-Gen-Empowerment-These von Marina Weisband jedenfalls ist so, wie sich das aktuell wissenschaftlich darstellt, definitiv nicht in der Psychologie, sondern höchstens an der Piratenbar vertretbar. Und was bedeutet das nun für den politisch-anthropogenen Traum der Fünfundzwanzigjährigen und für die Hoffnungen der vielen anderen auf ein Comeback der „Süßen“, wie sie sich selber bezeichnet? Immerhin gilt: Kybernetisch gesehen ist nicht nur der bedauerliche Verlust des „Scheißegal-Gens“ möglich, sondern offensichtlich auch die sorgsam geplante Stimulation desselben. Es muss nur psychotherapeutisch gehegt und gepflegt werden. Und braucht also Zeit. Ob sie sich die nimmt? Im „Spiegel“ hat sie die Leser wissen lassen: „Ich plane nicht über den Sommer hinaus.“


21 Lesermeinungen

  1. tricky1 sagt:

    Scheißegal oder??
    Auch wenn ihr die FAZ gerne eine Platform liefert, wen interessiert die Dame?

  2. oorst sagt:

    Fehlende Sachlichkeit
    Sein eigenes sinnleeres Gewäsch durch Verweise auf historische Literaturgrößen aufzupolieren zeugt weder von Geist noch von der Bereitschaft hier zu einem konstruktiven Standpunkt beizutragen. Das geht im Speziellen an Herrn Volland.
    Ein ganzes Volk als infantile Spiesser zu bezeichnen und somit klassisches Schubladendenken (wobei Denken hier für Ihr Pamphlet noch äußerst wohlwollend gemeint ist) zu beweisen und dies aus der Anonymität des Netzes heraus zeugt eben von Infantilität, allerdings muss ich Ihnen diesbezüglich eine gewisse Aktualität bescheinigen, da dies ja im Moment sehr in Mode gekommen zu sein scheint.
    Eine differenzierte Betrachtung der Thematik kann ich bei Ihnen nicht erkennen. Polemik…mehr nicht. Die Äußerung von Frau Weishaupt ist bei einigermaßem klaren Verstand derart zu deuten das es als Politiker heutzutage notwendig erscheint sich ein dickes Fell zuzulegen, was Frau Weishaupt bemängelt ist lediglich die Dicke des Felles, und das zeigt sich durchaus in politischen Entscheidungen, die mit dem Willen des Volkes nur noch ansatzweise, falls überhaupt in Einklang stehen.
    Das Politiker gewählt werden wollen ist mit Sicherheit legal, nur wie sie das erreichen da kommt die Äußerung von Frau Weisbrand zum Tragen, machen sie das unter moralisch einwandfreien Bedingungen oder gehen sie dabei teilweise über Leichen (Scheissegal-Gen), sprich wollen sie gewählt werden um ihre Ideen und Vorstellungen umsetzen zu können oder wollen sie auf Teufel komm raus gewählt werden um eine weitere Legislaturperiode regieren zu können (Idealist oder Machtmensch). Das man als Mensch um es in der Politik zu etwas zu bringen ein kleines Arschloch sein muss ist kein Geheimnis (das haben bekannte Politiker in einer ZDF Doku die vor einigen Jahren lief geäußert- stammt also nicht von mir). Insofern kann ich der Äußerung von Frau Weishaupt nur zustimmen, wobei der Begriff des “Scheissegal-Gens” mit Sicherheit nicht wortwörtlich zu sehen ist sondern lediglich eine gewisse Gleichgültigkeit in der politischen Klasse beschreibt ( dies nur weil es mir beim Lesen einiger Kommentare scheint als würde dies verkannt werden).
    Zum Artikel direkt ist zu sagen, dass der Autor durch seine Betrachtung dieses Thema der Lächerlichkeit preisgibt, inwiefern das mit gutem Journalismus zu tun hat ist mir schleierhaft. Ich bin mit Sicherheit kein Wähler oder Anhänger der von den Piraten propagierten Ansichten, es scheint aber so das eine Handvoll Autoren gerade dieser Seite sich darauf spezialisiert zu haben scheinen jegliches Die Piraten betreffendes ins Lächerliche zu ziehen. Dieser kindische Umgang erzeugt bei mir zumindest nur noch Kopfschütteln und Wut wie hier teilweise mit Menschen und deren Meinungen umgegangen wird. Es wird nicht mehr kommentiert sondern meist nur noch diffamiert..mundtot machen durch Absprechen der geistigen Gesundheit. Kommentare wie…würdig einer mental 12 jährigen…. was hat das mit einer auf die Thematik bezogenen sachlichen Argumentation zu tun..zack noch den Satz eines Literaten rangeklatscht fertig ist das pseudointellektuelle Gewäsch.
    Es ist bedauernd mit anzusehen wie sich einige Kommentare und auch die Berichterstattung der FAZ-Online Redaktion immer mehr dem Boulevardniveau annähern.
    Für die Zukunft wäre es zu begrüßen wenn ein wenig mehr Sachlichkeit sowohl in die Leserkommentare als auch in die journalistischen Beiträge einfliessen würde.

    Mit freundlichen Grüßen aus Berlin

  3. Nundenn sagt:

    Politische BETRACHTUNGEN sind zu vergröbern
    Ein 82-Millionen-Volk aus sehr vielen Individualisten
    und sehr vielen

    Besserwissern,
    Nörglern,
    Querulanten,
    Spöttern,
    Boshaften und
    „Uneinsichtigen“
    u.v.a.

    sollte sich nur ein
    ZWEI-PARTEIEN-SYSTEM (Mehrheitswahl)
    genehmigen.

  4. tylerdurdenvolland sagt:

    Doppeltes Lob für den Autor
    Schön, dass die „unangenehme Kurzversion“ Weisbrand es in den letzten zwei Jahren bis zu dieser Einsicht geschafft hat, die würdig einer mental 12jährigen ist:

    „In der Ferne habe ich die Vorstellung einer Gesellschaft, in der es kein „Scheißegal-Gen“ braucht, um Politik zu machen.“

    Welch eine lächerliche Partei, typisch deutsch und man muss Merkel sogar Respekt dafür zollen, dass sie wohl am besten verstanden hat, aus welch infantilen Spiessern dieses Volk besteht und wie man sie zum Einheits-Partei-Wählen bewegt.
    Politiker wollen gewählt werden. Das ist nicht nur legal, sondern wie man den Ergebnissen der Piraten ablesen, auch Voraussetzung für den Erfolg.

    Man darf dem Autor aus zwei Gründen gratulieren. Erstens ist wirklich unterhalb der Ironie einer solchen „Politikerin“ gegenüber alles unangemessen, und er bestätigt auch wieder mal den weisen Ausspruch Hermann Hesses:

    „Ein grosses, bedeutendes Volk, die Deutschen, wer leugnet es? Das Salz der Erde vielleicht. Aber als politische Nation – unmöglich! Ich will ein für allemal, mit ihnen als solcher nichts mehr zu tun haben.“

  5. Ruediger_Kalupner sagt:

    evolutionseigene Geniepunkt-Strategie der zukünftigen Erfolgspolitiker
    Goethe erkannte die w i r k u n g s mä c h t i g e Genialität-in-den-Dingen. Angela Merkel verdankt ihren Erfolg, die Dinge zu Ende zu denken und dann den TippingPoint für machtstürzende Dominoprozesse zu erkennen und zu nutzen. Siehe Kohlsturz !!!

    Evolutionsprozess- und Chaosphysiker denken in solchen Durchsetzungs-Modellen. Der nachhaltige Fortschritt im Evolutionsprozess funktioniert über kleinste, dominomächtige, kreative, d.h. allseitig entwicklungsförderliche Änderungen. Man muß sie nur suchen und den langen und unabhängigen Atem haben, bis man sie gefunden hat. Politikererfolg wird zukünftig von diesem Erkenntnis-, Geduld-Versuchs- und Phantasievermögen abhängen.

    Das Gegenteil davon ist die hier diskutierte Erscheinung von kurzsichtiger, andere Akteue blockierende Macht- und Kampf- und Ignoranz-bis-Honeckerblindheit-Politik. Mit Angela Merkel hat eine evolutions- und chaosphysikalisch informierte und praktizierende Geniepunkt-Politikerin – ich nenne diesen Typ ‘Goethepolitiker’ schon die Bühne betreten. Frau Weisband hat Angela Merkel Erfolgsgeheimnis nur noch nicht auf die Reihe bekommen.

    • faz-jom sagt:

      Tipping Point ist das Stichwort
      ein interessanter Punkt. Schwellenwert-Prozesse sind in der Tat evolutionär immer wieder maßgeblich gewesen, auch in der Ausprägung vom Genotyp zum Phänotyp übrigens. Aber weshalb Goethepolitikerin?

    • Ruediger_Kalupner sagt:

      'Goethes Weimarer Politikmodell' - nach E. Krippendorff - steht und fällt ...
      … mit den Erkenntnissen zur Evolutionsprozess- und Chaosphysik, die zur konkreten, genial einfach umzusetzenden TippingPoint-/Geniepunkt-Änderung führen. Und Angela Merkel hat sich von der Experimentalphysikerin zur Evolutionsprozess- und Chaosphysikerin evolviert. Sie hat dadurch den Verlauf und den Ausgang der EURO-Krise – mittels TippingPoint-Exodus- und Systemübergangs-Lösung – steuerungs- und machtpolitisch völlig im Griff, bzw. im Kopf. Sie hat sich mit diesem Wissen auf die höchste Politikebene, die der GOETHEPOLITIK schwingen können. Wenn das öffentlich bekannt wird, ist die EURO-Krise vorbei und das Europaprojekt gerettet.

      Im Buch ‘Wie die Großen mit den Menschen spielen – Goethes Politik’ stellt Ekkehart Krippendorff Goethes Weimarer Politikmodell vor. Es setzt in der Konkurrenz der denkbaren Gestaltungsansätze auf den sachlichen, die Konflikte zum wechselseitigen Entwicklungsnutzen auflösenden Politikansatz, und beschreibt das bekannte Gegenmodell: das Herrschafts-Modell mit seinem Konfliktkampf-/Machtgewinn-Ansatz. Entsprechend den beiden von Goethe benannten Gestaltungsprinzipien in der Natur und Gesellschaft: Gewalt und Folge’.

      In der evolutionsgesetzlichen Konkurrenz der beiden Gestaltungsansätze in der Gesellschaft kann sich der goethepolitische Politikansatz n u r unter einer Bedingung – logisch – als Ordnungsmodell durchsetzen: wenn es mit der TippingPoint-/Dominoprozess-Macht im ‘Ganzen/Gesamtsystem’ sich verbündet. Nur im alle Herrschaft/Politik übergreifenden Natur-Gesellschafts-System (=Evolutionsprozess-Stufe) ist jene TippingPoint-Änderung herangewachsen und vorhanden, die einen Dominoprozess ablaufen läßt, dem die Großen/Machtspieler ‘auf ihren Fässern’ nichts entgegensetzen können.

      Kurz: Die wirksame Macht der goetheischen ‘Genialität-in-den-Dingen’-für Uns ist nur für die KREATIVEN Evolutionisten/Maximalisten (= TippingPoint-Sucher und -Tester im Gesamtsystem) verfügbar. Diese kleine Gruppe kann man ‘revolutionäre Gruppe’ nennen, wenn man eine vorrevolutionäre Phase einer Systemkrise vor sich hat. Ich denke aber a u c h an den Normalfall von Politik, und nenne sie Goethepolitiker. Ihre Durchsetzungsmacht und -Chance ist abhängig von der Erkenntnis/Finden der TippingPoint-Änderung. Ohne evolutionsprozess- und chaosphysikalische Theorie ist da nichts zu finden, das den Ordnungaustausch vom Herrschafts- zum Goethepolitik-Modell garantiert – und vor allem kann man das Gefundene, politisch wohl kaum mit hinreichend vielen Partnern kommunizieren. Der Engpaß der aktuellen EURO-Systemabsturzkrise liegt genau hier; es fehlt die Evolutions- und Chaosphysik-Grundlage für den goethepolitischen Lösungsansatz und aus der die systemische Quelle der Verschuldungskrise u n d die TippingPoint-Änderung für die EU-Projekt-Rettung und EURO-Stabilisierung abgeleitet werden kann, so dass das Tor für eine rettenden Diskurs sich fast von selbst öffnet.

      Hölderlin hat in seinem PATMOS den Zusammenhang ganz kurz formuliert: ‘Nah ist, /Und schwer zu fassen der Gott. / Wo aber Gefahr ist, wächst / Das Rettende auch.’

  6. Rupaloka sagt:

    Ist das alles nicht eigentlich ...
    scheißegal?

    Auf die Form von Politik und Politiker kommt es doch gar nicht an.

    Der Inhalt der Politik ist das einzig erhebliche.

  7. Hypokeimenon sagt:

    Genotyp versus Phänotyp
    Politiker sind, “evolutionär” betrachtet, eine eigene Spezies. Man beachte die “Evolution” der Grünen zu Realpolitikern! Politiker (gr. = [sic] Zukunftsgestalter!) können sich nur in Richtung Macht bewegen und dort halten, wenn sie über bestimmte Eigenschaften verfügen, die sich aber nicht nur aus einem Gen wie das Resilienzgen ableiten lassen. Ein weiteres der wichtigen Gene ist das “Chamäleon-Gen”, das die überragende Anpassungsfähigkeit dieser Spezies im Polit-Dschungel ermöglicht.
    Ebenso MUSS der Phänotyp “Politiker” auch eine bestimmte Härte mitbringen, die sich im Gegensatz zu einem Boxer, der überwiegend körperlich- und verbalaggressiv fixiert ist, mehr auf der mentalen und verbalen Aggressionsebene manifestiert. Diese beiden Niveaus, die gar nicht so weit auseinanderliegen, haben eins gemeinsam: Einen herausragenden Ego-Bezug.
    Wenn man das Phänomen “Politiker”, ungeachtet von einzelnen Ausreißern, scharf sehen will. könnte man die psychoanalytische Brille aufsetzen und würde folgenden Befund erheben können: Ein Politiker ist ein meist anal fixiertes (Sauberkeit, Macht) öffentliches Wesen, mit ausgeprägten anankastischen, schizoiden (“ich kann mich nicht erinnern”) und narzisstischen Zügen, der (in einer Demokratie) den Auftrag hat, eine für die Nation gute Zukunft zu erarbeiten und gestalten. In autoritären Regimen sind sie eher dem Glauben verfallen, von Gott oder den Volksmassen beauftragt zu sein.
    Zur weiteren Erforschung und Enttarnung dieser Spezies könnte folgende Lektüre hilfreich sein: S. Freud “Das Unbehagen an der Kultur” und A. Gruen “Der Wahnsinn der Normalität Realismus als Krankheit”

  8. patanjali sagt:

    Genetisch ist es sicher.
    Man hat sich nur viel die falsche Genese interessiert: die Biogenese. Des Rätsels Lösung liegt stattdessen in der Soziogenese.

    • faz-jom sagt:

      Soziogenese = Teilmenge der Biogenese
      Einverstanden, die Soziogenese wird jeweils zu stark ausgeblendet, auch und gerade in der Forschung. Was die Neurobiologie/Entwicklungspsychologie betrifft, so ist einer der spannendsten Teile aber sicher jener, in der den evolutionären Wurzeln unseres Verhaltens (und anderer sozialer Lebewesen) auf den Grund gegangen wird – und zwar auch auf molekularer Ebene. Zwischenfazit: Verhalten entwickelt sich viel komplexer und plastischer, doch vom Grundsatz her sind die Anlagen dafür (nicht die exakte Ausprägung, ergo: undeterministisch) in der biologischen Architektur zu suchen, die im Zuge der Embryogenese und Reifung des Organismus wesentlich geprägt wird – auch wieder sichtbar auf molekularer Ebene. Die Traumaforschung liefert in der Hinsicht die aussagekräftigsten Ergebnisse innerhalb der Anthropologie.

  9. Sirisee sagt:

    ... Gequälte und verquackte Möchtegerngeistigkeit ...
    … Man kann ja darüber streiten, ob man einer 26 jährigen eine Plattform bieten sollte, um ihr unreifes Zeugs zu vermarkten. Da gibt es Argumente dafür und Argumente dagegen.

    Überhaupt nicht entschuldbar ist es jedoch, wenn Sprachschlampereien durchgelassen werden, die man jedem Hauptschüler rot anstreichen würde. Dass jemand “in der Ferne eine Vorstellung” hat, also offenbar nicht in der Nähe, könnte man wohlwollend noch als eine Form gedanklicher Sichtbehinderung durchgehen lassen. Aber dass jemand ein GEN und eine Fähigkeit nicht gedanklich unterscheiden kann, ist schon schlimm. So etwas studiert. An einer schicken deutschen Universität. Wirklich! Und schreibt ein Buch, das auch noch verlegt wird und einen Vorababdruck in der FAZ bekommt. Warum eigentlich? Wegen der genüßlich zitierten Brachial-Sprache, die für die Dame übrigens nicht untypisch ist, sozusagen ein wenig sado-maso mit Fäkallack?

    Schon wegen dieses einen Satzes, der offenbar der Lieblingssatz des Autors ist, würde ich das Buch in kein Regal stellen, nicht einmal anfassen. Man muss ja Angst haben, dass die Fäkalsprache den Umschlag mit – so muss man wohl sagen: # Aufschrei-gerechtem-Photo (ziemlich sexistisch, würde die Gesinnungsgenossin im Umstandskleid, ich habe den Namen vergessen, man muss ihn nicht behalten) – durchdringt und man dann jede Menge Klopapier und Scheuerseife braucht, um das wegzuwischen.

    Wer sich einen lustigen Abend machen will, sollte übrigens die Amazon-Kritiken zum Machwerk der kleinen Schwester, Julia Schramm, lesen. Noch nie habe ich so viel kreative Fassungslosigkeit gesehen und das Zeugs, was die große Schwester liefert, wird nach der Sprachprobe nicht besser sein … Für viele Grusel-Lesungen in schicken Kneipen wird es reichen.

    Denn das bleibt als Bild übrig: Sandkiste. Kinder versuchen, Erwachsene zu spielen. Und ab und zu, wird ein Sandhäuflein verschluckt…

    • faz-jom sagt:

      Es gibt nichts zu loben, nichts zu verdammen, nichts anzuklagen, aber es ist vieles lächerlich (Thomas Bernhard in “Schlamperein und Eleganz”). Frau Weisband ist noch 25 Jahre alt.

    • Sirisee sagt:

      Wir suchen einen Schuldigen...
      an unserem Geschick, welches wir die meiste Zeit, wenn wir ehrlich sind, nur noch als Unglück bezeichnen können… In jedem Augenblick sind wir auf der Suche nach einem oder mehreren Schuldigen, damit uns wenigstens für den Augenblick alles erträglich wird und kommen immer, wenn wir ehrlich sind auf uns selbst (Thomas Bernhard, in: “naturgemäß”).

      Danke für den Hinweis, der den Text verbessert und das Zitat.

      (übrigens ist die Pointe mit T. Bernhard, den ich sehr schätze, mittlerweile der fürsorglichen Zensur anheimgefallen, was ich verstehen kann, und so ist der Beitrag naturgemäß hinkend-einseitig, gewissermaßen aus dem griechisch-harmonischen Gleichgewicht…. Aber was solls; es geht ja ansich thematisch um Nichts.)

    • faust_willi sagt:

      Brachial-Sprache der Jungen
      Ich kann bei Frau Weisband keine Brachial-Sprache erkennen, allerdings sehr wohl bei Ihnen, Frau Sirisee: “..ein wenig sado-maso mit Fäkallack” ist nun wirklich eine abscheuliche Beschimpfung. Und selbst wenn sie vorkommt in anderen Texten der beiden Piratinnen – ist sie nicht auch ein Privileg der Jugend, unserer Zeit?

  10. VroniG sagt:

    Diesen Satz haben ich anders verstanden als der Autor hier:
    Den da: „In der Ferne habe ich die Vorstellung einer Gesellschaft, in der es kein „Scheißegal-Gen“ braucht, um Politik zu machen.“
    .
    In meinen Augen meinte sie, dass sie sich eine Gesellschaft wünscht, die einen Politiker nicht zwingt, ständig nur mit dickem Fell hantieren zu müssen. In der er auch mal einfach sein kann, wie er ist: sensibel, manchmal empfindlich. Aber keine Dickfellmaschine.
    .
    So herum. Nicht so wie hier dieser Satz interpretiert wurde:
    “Was sie meint, was sie eigentlich vermisst und letztlich für ihr Scheitern als Spitzenfrau der Piratenpartei mitverantwortlich macht, ist die Abwesenheit einer ganz besonderen Eigenschaft, die es erfolgreichen, sprich: standhaften Politikern, ermöglicht, sich „ein dickes Fell zuzulegen“.”
    .
    Sie vermisst dickes Fell eigentlich NICHT. Sie will eher, dass die Gesellschaft nicht so gnadenlos mit Politikern umspringt, sie sein lässt, wie sie sind.
    Eine Psychologin kann auch nicht recht als Psychologin arbeiten, wenn sie ihre Sensoren dicht macht. Für den Politiker einer neuen Partei, der aufrütteln, aber auch hinhören will, wäre das ebenfalls fatal.

    • faz-jom sagt:

      Tja, wer da mit wem so gnadenlos umspringt, wäre noch eine interessante Frage: die Gesellschaft mit den Politikern oder die Politiker mit dem Volk. Einige Fachbereiche und Personen fallen mir spontan ein – Gesundheitspolitik, Bildungspolitik und Familienpolitik zuerst -, in denen die Dickfelligkeit gewissermaßen Existenzgrundlage als Politiker ist. Beschimpfungen auszuhalten und Sensibilitäten gezielt auszuschalten oder gar nicht erst entstehen zu lassen, hilft da schon einigen Leuten, Dinge voranzutreiben.

    • faz-jom sagt:

      Ergänzung - zur Klräung des Weisband-Satzes.
      Die Dickfelligkeit, die Weisband als essentiell fürs Politikerüberleben behauptet, kommt nicht von mir. In ihrem Buch heisst es (und dies ist die erste Verwendung des “Scheißegal-Gens”, die klar macht, dass es ihr nicht darum geht, den Politikern einfach auch mal ihre Empfinflichkeiten zu lassen):

      “Und hier kommen die Leute und sagen: “Naja, so ist die Politik halt. Da muss man durch. Da muss man sich halt ein dickes Fell zulegen. Du brauchst halt das Scheißegal-Gen. Einfach ignorieren.” “Wenn es in der Küche zu heiß ist, sollst du nicht Koch werden”, sagt man. Wenn sich jemand von ein paar Hassbriefen und Intrigen aus der Bahn werfen lässt, hat er eben nichts in der Politik verloren….”

      Vielleicht vermisst sie das “Scheißegal-Gen ja gar nicht an sich selbst, einverstanden, aber sie postuliert es als überlebenswichtig im aktuellen Politikbetrieb. Und ich meine nicht, dass sie Sorge hat, dass Politiker von der Gesellschaft gegrillt werden, sondern dass sie sich eher untereinander befehden und mit anderen Machtmenschen ihr moralisch fragwürdiges Spiel treiben.

    • VroniG sagt:

      "... aber sie postuliert es als überlebenswichtig im aktuellen Politikbetrieb."
      Genau,
      da hat sie auch genau hingeschaut. So isses im Politikbetrieb.
      .
      Im Unterschied zu mir und vermutlich zu vielen anderen hat sie das zwar auch realisiert, aber nicht 1:1 hingenommen und endlich mal hinterfragt. :-)
      .
      @ alle
      Über die derbe Wortwahl selbst kann man sich freilich streiten.
      Plakativ ist die Wortwahl allemal – aus dem Munde eines so bürgerlichen und überaus ansehnlichen Wesens, einer, ja Fee.
      .
      Selbstmedikamentierung, wenn die richtigen Gene einfach nicht greifen mögen:
      .
      Liegt vielleicht deswegen der ganze Bundestag unter einer alkoholischen Dunstglocke? (frei memoriert nach einer Aussage von Joschka Fischer). Die Herkunft der berühmten Dickfelligkeit der Politiker: Sie saufen einfach mehr als Weisband.
      Satire Ende.

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