Der Platz für Tiere

Der Platz für Tiere

Denn wir haben sie zum Fressen gern. Henrike Schirmacher schreibt über possierliche Tierchen und die Welt ringsherum.

Tiere erleben, dann funktioniert auch der Tierschutz

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Tante Friedel besaß einen wunderhübschen ausgestopften Papagei. Eines Abends sprach der kleine Bernhard ein Vaterunser für die Tante. Auf ihre Frage,  warum er denn so besonders an sie denke, kam  die bedächtige Antwort: „Damit du bald sterbst und ich den Papagei bekomme…“

Auf diese ungenierte Direktheit des kleinen Jungen folgte später eine Weltkarriere als Freund und Beschützer der Tierwelt. Bernhard Grzimek wurde Direktor des Frankfurter Zoos, Tierfilmer und Naturschützer.

Wer die Dreißig schon großzügig überrundet hat, wird Grzimek jetzt vor seinem geistigen Auge sehen. Oder sich an den großartigen Geschichtenerzähler im Oscar prämierten Dokumentarfilm „Serengeti darf nicht sterben“ erinnern. Mir selbst fällt sofort die 13-bändige Enzyklopädie „Grzimeks Tierleben“ ein. Ein Schatz im Hause meiner Eltern, in dem ich als kleines Kind versank, um die eigenartige Dauerlarve Axolotl und bunte Frösche zu bestaunen.

xxx© dpaDer Professor ist ganz in seinem Element. Wer kann diesem kleinen Orang-Utan schon widerstehen?

Mit einer eigenen TV-Sendung „Ein Platz für Tiere“ brachte Professor Grzimek die Wildnis für die ganze Familie ins Wohnzimmer. Selbst kleine Kinder wie damals meine Mutter durften länger wach bleiben, um Löwen, Geparden und Nashörner zu bestaunen und erinnern sich an Grzimeks freundliches „guten N’Abend, meine lieben Freunde“, ein Begrüßungsritual, das sich tief in die Herzen seiner Anhängerschaft eingebrannt hat. Die Nähe zum Tier erzeugte Grzimek, indem er sich stets von damals noch exotisch erscheinenden Tieren ins Studio begleiten ließ, die auf seinem Schoss, seiner Schulter oder auf seinem Schreibtisch lagen. „Heute habe ich Ihnen den Gepardenmann Cheetah mitgebracht, er ist ungemein umgänglich“, sprach er und betonte, der  wilde Kater könne Schnurren wie ein Hauskätzchen. De facto vertilgte Cheetah, den keinerlei Maulkorb bremste, aber vor laufender Kamera einen rohen Fleischbrocken. Grzimek blieb völlig unbekümmert. Hinter der Kamera rann der Schweiß umso mehr.

Wer den Tierliebhaber einmal so sah, konnte nicht mehr von ihm lassen. Erfolgreich war Grzimek vor allem, weil er glaubwürdig mit Tieren umging. „Gräueligkeiten“ zeigte er seinen Zuschauern nur wohl dosiert. Bevor diese Zeuge von abgeschlachteten Robbenbabys wurden, entschuldigte er sich: „Seien Sie bitte nicht böse, wenn ich Ihnen hier diesen Film zeige…“. Emotionen waren geweckt und Spendengelder für seine Herzensprojekte gesichert.

Zeitlebens blieb Grzimek ein beharrlicher Mahner und Vordenker für den Natur- und Tierschutz. Seinetwegen laben wir uns nicht mehr an zarten Froschschenkelchen und schmackhafter Schildkrötensuppe. Ganz Visionär, erkannte er schon damals, dass Menschen „die ohne Fühlung mit Tieren und Pflanzen in den Betonschluchten der Städte leben“ für Artenschutz begeistert werden müssen. Recht abenteuerlich ging der Tierliebhaber dabei zuweilen vor. Für seine Verhaltensstudien in der Savanne schnallte er sich ein Plastiknashorn vor den Bauch, um damit einen Nashornbullen zu provozieren. Der Mann liebte Tiere. Ein Leben der Tiere in menschlicher Gefangenschaft stellte Grzimek dabei nie in Frage. Eine Seele gab er ihnen trotzdem.

Abgesehen davon, dass wir Tiere gegenwärtig gerne verspeisen oder das Gehirn von Laborratten für medizinische Studien in Scheiben schneiden, kommt es nicht von ungefähr, dass wir Tiere zuweilen als empfindsame Wesen beobachten. Dies wissenschaftlich zu beweisen, ist keine leichte Aufgabe, denn Empfindungen sind bekanntlich subjektiv. Tierschutzforscher an der Universität Bern suchen deshalb nach Indikatoren, mit denen das Leid und Wohlempfinden von Tieren gemessen werden kann. Kürzlich versuchte das Schweizer Forscherteam sogar, die „Sorgenfalte“ von Pferden als solche zu belegen. Diese Hautfalte oberhalb des Augapfels ist bei Pferden wie bei uns Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt, oft auch kaum sichtbar. Vorübergehend entsteht sie bei uns Menschen, wenn wir ängstlich oder traurig sind, denn dann zieht sich der Stirnmuskel für einen kurzen Augenblick zusammen. Ähnlich geschieht es beim Pferd wie die Forscher in einer Veröffentlichung im Fachmagazin „Plos One“ berichten: Wenn diese vor den Augen ihrer Versuchspferde das Pferd in der Nachbarbox fütterten, zuckte der Muskel zusammen und die Falte prägte sich stärker aus. Umgekehrt wurde sie schwächer, wenn es Streicheleinheiten gab. Diese Pferdegrimasse hielten die Forscher sogar in einer objektiven Messung fest.

xxx© dpaDie stark ausgeprägte „Sorgenfalte“ (links) wirkt im Auge des Betrachters. Deswegen ist sie aber noch lange kein Indikator für kontinuierliches Leid.

Pferdeliebhaber sollten sich allerdings nicht vorschnell ins Bockshorn jagen lassen. Wenn ihr Ein und Alles mal sorgenvoller dreinschaut als das Pferd des Nachbarn, heißt das nicht per se, dass es mehr gelitten hat. Es kann auch von Natur aus eine tiefere Augenfalte besitzen. Die von den Forschern gemessene Reaktion zeigt lediglich, dass der Pferdemuskel auf einen positiven oder negativen Stimulus ähnlich wie beim Menschen reagiert.

Menschen ähnliches Minenspiel ist im Übrigen sogar bei niederen Säugern bekannt. Vor einigen Jahren beobachteten kanadische Wissenschaftler der McGill Universität vor Schmerz verzerrte Gesichtsausdrücke bei Labormäusen. Je mehr die Mäuse ihre Augen zusammenkniffen, desto wütender tobte eine schmerzhafte Entzündungsreaktion im Mäusekörper. Daraus leiteten die Forscher eine Skala zur Erkennung von Schmerzen bei Mäusen allein anhand ihrer Mimik ab. Die Studie wurde im Fachmagazin „Nature Methods“ veröffentlicht. Selbstverständlich hatten die Forscher diese Schmerzen zu verschulden, langfristig soll es den Mäusen aber das Laborleben erleichtern, indem man ihnen künftig unnötige Schmerzen ersparen will.

Dies wäre sicherlich in Grzimeks Sinne. Bleiben wir wachsam wie Grzimek und offen für das Wohl der vielfältigen Tierwelt.


5 Lesermeinungen

  1. deterle sagt:

    Ja, Grzimek war meine Jugendzeit, seine Sendungen waren mir die liebsten...
    …von den Tiersendungen und Tierfilmern. Er war eigentlich der Einzige, der sagte, das Tier isst und nicht von Männchen sprach, sondern von Mann oder Frau. Das hatte er wohl von Schopenhauer übernommen. Oder bei ihm starb das Tier und verendete nicht.

  2. Syntaxa sagt:

    Hallo Frau Schirmacher
    Tiere erleben…Tierschutz…ist durchaus ein Bildungsweg.
    Umwelt erleben…Umweltschutz…ist ein Bildungsweg.
    Klima erleben…Klimaschutz…ist ein Bildungsweg.
    Tier-Umwelt-Klima-Diskriminierungen erleben…???…ist ein Bildungsweg.
    Menschen erleben…Menschenschutz…ist ein Bildungsweg.
    Menschen-Diskriminierungen erleben…ist ein Bildungsweg.
    Kriege erleben…Friedensschutz…ist ein Bildungsweg.
    Unrecht erleben…Rechtsschutz…ist ein Bildungsweg.

    Führt erleben automatisch zu humanem Vernunfthandeln…
    Dann sollte Vernunftleben erleben…Erde-Flora-Fauna-Menschenschutz…
    ein Humanvernunft-Bildungsweg in humanreifer Geborgenheit kein Problem sein.
    Dazu müssten dann nur alle „Einzelthemen-Schützer“ zusätzlich zu ihrem „Faible-Schutz“
    (nicht bös gemeint) auch bereit sein zu einem „Schwarmvernunfterleben“,
    also humane Vernunftbildung zum Zweck humanen Vernunfthandelns als Grundbildungsweg
    weltweit etablieren. Alles Elend der Welt hat nur einen Grund.

  3. Syntaxa sagt:

    Einzelvernunftbildung erleben...Schwarmvernunftbildung erleben
    Gesellschaften handeln Vernunft lehrend…Einzelpersonenvernunft.
    Einzelpersonen Vernunftdenken/handeln bilden Schwarmvernunft-Gesellschaften…Interaktionen Person(en)-Gesellschaft(en) auf Basis
    reifender Vernunftbildung… Vernunftbildungsgradwachstum…Vernunftzeitgeist atmet zusehends
    wahrnehmender…das humane Vernunftaugenmaß lernt Gleichgewicht…
    und der Human im Geistgleichgewicht stehend zu gehen?

  4. Syntaxa sagt:

    Nur ein Leben in gesellschaftlicher Vernunftgewißheit...
    garantiert Geborgenheit erleben…Geborgenheitschutz für alle?
    Schwarmvernunftbildung erleben…Vernunftbildungsschutz?
    Nicht Bildungschancengleichheit, sondern die Chance zum
    ausgleichend gleichen Vernunftbildunglevel nutzen, bilden,
    handeln?

  5. Syntaxa sagt:

    Selbsterkenntnis und Einsicht...
    führt zur Klarheit…Vernunft…führt zur Selbstbegreifung…
    führt zur Selbstgewißheit…führt zur Weisheit = Gottgewißheit…
    führt zur Schwarmvernunft.
    Vernunft ist der Basiskern der Weisheit und somit ist Weisheit
    ein Vernunftlevel…Schwarmweisheit ein Schwarmvernunftlevel.

    Erkenne d(ein)ich selbst, begreife d(ein)ich Selbst, dein Ich-Selbst,
    dann bist du Ich-Selbst-Gewissenbewußt, Selbstgewißheit…
    in Gott-Gewissen-Bewußtheit, in Gottgewißheit…
    Zeit-Evolutionen-Zeitgeist…Gezeitengeist…
    Vergangenheit-Gegenwart-Zukunft-Energiearten-Geist…
    Nulldimensional = Transzendenzraum, bis 3D-Raum…
    Erdewirklichkeitenergiearten in Universumwirklichkeitenergiearten…
    Schwarmweisheiten-Energiearten-Zeiten-Vernetzung-Wege-Zeiten…kurz: Gott(level):=)

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