In den Siebzigern waren die Geschwister Carpenter eine der erfolgreichsten Bands. Ihre beste Gesangsleistung lieferte Karen in diesem Lied über Einsamkeit und die Sehnsucht nach Liebe ab. Wie nah es der Sängerin ging, konnte man erst später absehen.
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Rainy Days and Mondays
Talkin‘ to myself and feelin‘ old
Sometimes I’d like to quit, nothin‘ ever seems to fit
Hangin‘ around, nothin‘ to do but frown
Rainy days and Mondays always get me down
What I’ve got they used to call the blues
Nothin‘ is really wrong, feelin‘ like I don’t belong
Walkin‘ around, some kind of lonely clown
Rainy days and Mondays always get me down
Funny, but it seems I always wind up here with you
Nice to know somebody loves me
Funny, but it seems that it’s the only thing to do
Run and find the one who loves me
What I feel has come and gone before
No need to talk it out
We know what it’s all about
Hangin‘ around
Nothin‘ to do but frown
Rainy days and Mondays always get me down
Funny, but it seems that it’s the only thing to do
Run and find the one who loves me
What I feel has come and gone before
No need to talk it out
We know what it’s all about
Hangin‘ around
Nothin‘ to do but frown
Rainy days and Mondays always get me down
Hangin‘ around
Nothin‘ to do but frown
Rainy days and Mondays always get me down
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Erst jüngst hat Jan Wagner, der designierte Büchnerpreisträger dieses Jahres, von der Notwendigkeit des Lyrikers gesprochen, den Leser oder Hörer von der allerersten Zeile an bei der Stange zu halten. „Rainy Days and Mondays“, erschienen 1971 als eine Single der Band Carpenters, erfüllt diese Aufgabe glänzend: „Talking to myself and feeling old“, so fängt das an, und dieser kühle Blick auf die eigene Katastrophe ist so zwingend, dass es der einschmeichelnden Melodie gar nicht bedurft hätte, damit man der Geschichte folgt, die erzählt wird: einer Geschichte, geprägt von Ängsten, vom Unwillen, sich dem Leben auszusetzen, von dem Gefühl, nicht in den Tag hineinzupassen. Und von den bösen Blicken, der gerunzelten Stirn, die man der Umwelt zeigt („nothin‘ to do but frown“), ohne es recht zu wollen und ohne es abstellen zu können.
Karen Carpenter hat dieses Lied nicht geschrieben, es stammt von dem Autorenteam Roger Nichols und Paul Williams, damals zuständig für glatte Ohrwürmer, die sich mitunter auf der Grenze zur Fahrstuhlmusik bewegen. Aber so, wie sie es singt, macht sie das Lied zu ihrer Sache, so sehr, dass jede spätere Coverversion als seltsam unpassend, geradezu übergriffig erscheint. Dass die Sängerin, die mit ihrem Bruder Richard Ende der sechziger Jahre das Duo „Carpenters“ formte, eigentlich als Schlagzeugerin angefangen hatte, hat den Klang der Band weit weniger geprägt als die Arrangements ihres als Multiinstrumentalist agierenden Bruders und vor allem ihre Stimme, die mit der allergrößten Leichtigkeit die Register wechselt und von ganz tief und warm zu hoch und kristallklar moduliert, die kräftig, aber niemals schrill ist – und vor allem mit großer Souveränität fragil.
Nichts könnte die Stimmung dieses Liedes besser transportieren als diese Stimme. Denn auch der Text changiert zwischen Haltung und Verzweiflung, zwischen Herunterspielen und in Schockstarre Versinken, und das teilt sich auch in den zögerlich helleren Momenten mit, wenn das Gegenüber angeredet wird, „the one who loves me“ (von Gegenliebe ist bezeichnenderweise nicht die Rede). Dieses Geliebtwerden wird mal heruntergespielt – es ist sogar, wie es prägnant am Anfang einer Passage heißt, geradezu „funny“, derart geschätzt zu werden -, aber dann, in der musikalisch fast gleichen Wiederholung, gesteht sich die Sängerin ein, dass die Rettung in der Flucht zu demjenigen besteht, der sie liebt.
Der Flucht wovor? Carpenter singt von zwei Ebenen: dem persönlichen Empfinden in allen Facetten und zugleich von einem, wie es heißt, allgemein bekannten Zustand: „What I’ve got they used to call the blues“, heißt es da, und: „What I feel has come and gone before / No need to talk it out / We know what it’s all about.“
Das Einordnen der persönlichen Katastrophe in einen objektivierbaren Befund mag helfen, die Sache in den Griff zu kriegen. Wie ernst die Lage aber ist, verdeutlicht die Musik: Wenn Carpenter singt, dass Montage und Regentage sie „immer“ herunterziehen, wird dieses „always“ im Wortsinn hervorgehoben, denn es fällt auf die höchste Note der Strophe. Das „down“ aber liegt nur folgerichtig ganz tief unten.
Die Carpenters waren eine der allererfolgreichsten und präsentesten Bands der siebziger Jahre, ständig unterwegs, ständig im Fernsehen. Karen Carpenter, die jahrelang gegen eine Magersucht ankämpfte, starb 1983, wenige Tage vor ihrem 33. Geburtstag.