Sanchos Esel

Kleine Gemeinheiten aus dem Betrieb (3)

Es geht nicht anders, das Thema gehört hierher, und ich verspreche, es kurz zu machen. Wir alle denken ja darüber nach, wie heftig die Wirtschaftskrise in verschiedenen Ländern zuschlägt, wie stark sie in die verschiedenen Lebensbereiche hineinwirkt und (besonders wichtig!) ob unserer auch dazugehört. Jetzt also, im Februar 2009, muss ich noch einmal an einen unsterblichen Satz von Esperanza Aguirre erinnern, den sie in ihrer Autobiographie schreiben ließ, nämlich: als Präsidentin der Region Madrid habe sie manchmal Schwierigkeiten, mit ihrem Geld bis zum Ende des Monats zu kommen. Was nicht alle wissen, ist, dass die Frau witzig sein wollte, indem sie ihre Bezüge als Präsidentin mit den viel üppigeren Einkünften verglich, die sie zuvor als Senatorin kassiert hatte, beides keine Jobs für Arme. Gedruckt erschien Aguirres Äußerung im Spätherbst 2006, zu den Glanzzeiten des Börsenbooms, der in Spanien Hand in Hand mit dem Immobilienboom auftrat, so dass krisenbedingter Sozialneid („Die hat so viel und sagt, sie komme mit ihrem Geld nicht aus?“) wohl ausgeschlossen werden kann. Außerdem neigen Spanier auffallend wenig dazu, andere um ihrer materiellen Güter willen zu beneiden.

Man muss jetzt kurz auf diese Formulierung eingehen – „bis zum Ende des Monats kommen“ -, die in Spanien ja eine lebendige Erfahrung beschreibt. Um den 25. jedes Monats sind die Restaurants, Bars, Kinos und Taxis tatsächlich wahrnehmbar leerer, weil viele Leute schon verjubelt haben, was sie sich in der monatlichen Dreißigtage-Spanne erlauben könnnen. Bekommen sie dann zum Ende des Monats ihr Gehalt in die Finger, gehen sie wieder aus, unternehmen etwas, leisten sich das eine oder andere, was vielleicht nicht absolut notwendig ist, dem Leben aber einen Anstrich von luxuriöser Leichtigkeit verleiht. Unser Briefträger gehört vielleicht nicht dazu, er sagt, er sei sehr häuslich, habe aber auch gar keine andere Wahl: Er und seine Freundin schafften es mit zwei Arbeitsstellen so gerade, die Sechzig-Quadratmeter-Wohnung abzuzahlen und Futter für sich selbst, die beiden Hunde und sieben Fische zu kaufen.

Als Esperanza Aguirre den ungeheuerlichen Satz schreiben ließ (beziehungsweise durchlas, autorisierte, für gut befand und sich darin wiedererkannte), muss sie sich, was ihre Empfindungsfähigkeit betraf, auf einem anderen Planeten befunden haben als ihre 42 Millionen Landsleute. Denn was sollen jene sagen, die als mileuristas (mit 1000-Euro-Jobs) über die Runden kommen, was solche, die noch viel weniger verdienen und es trotzdem irgendwie schaffen müssen, das Ende des Monats zu erreichen, so, wie ein erschöpfter Langstreckenläufer über die Ziellinie kriecht? Ein Aufschrei ging damals durch Spanien, als der gedankenlose Satz erschien, doch nicht so sehr ein Aufschrei reiner Empörung, sondern eher des Spotts, der Häme. „Die will unser Mitleid, weil sie zuwenig Geld hat? Die???“ Es sind solche Augenblicke, in denen man merkt, dass das Volk fast immer recht hat. Hält es sich die Nase zu, muss es irgendwo stinken.

Die mobile Version verlassen