Sanchos Esel

Sanchos Esel

Spät essen, laut reden, wenig schlafen, kein Fahrrad haben, die Mülltrennung vergessen, dem berühmtesten Fußballverein der Welt zugucken, bei Rot

Walter Kappachers Bilder vom Eis (1)

| 3 Lesermeinungen

Wenn man so die eigene Arbeit überschaut (was man ja nicht immer will, aus guten Gründen), fällt einem manchmal auf, dass einen das Dumme, Gierige, Hinterhältige besonders animiert, ja geradezu fröhlich stimmt, motivationstechnisch gesprochen. Hässliche Geschichten erzählt man gern, friedvolle dagegen nie. Gemeine Geschichten locken hundert Kommentare hervor, liebe Geschichten keinen einzigen.

Wenn man so die eigene Arbeit überschaut (was man ja nicht immer will, aus guten Gründen), fällt einem manchmal auf, dass einen das Dumme, Gierige, Hinterhältige besonders animiert, ja geradezu fröhlich stimmt, motivationstechnisch gesprochen. Hässliche Geschichten erzählt man gern, friedvolle dagegen nie. Gemeine Geschichten locken hundert Kommentare hervor, liebe Geschichten keinen einzigen. Es ist aber nicht wahr, dass es die schönen Dinge in unserer Arbeit nicht gäbe. Wir müssen nur besondere Gelegenheiten abwarten, von ihnen zu erzählen, und nachdem an dieser Stelle schon des öfteren das Verhalten einer spanischen Politikerin gegeißelt wurde, ist es vielleicht an der Zeit, den Anfang zu machen.

Bild zu: Walter Kappachers Bilder vom Eis (1)

In Pastrana nämlich, wo ich neulich wieder war und dabei im Bett des ehemaligen spanischen Verteidigungsministers Federico Trillo geschlafen habe, wenn ich das einmal so nennen darf, in Pastrana hat vor gut anderthalb Jahren auch der österreichische Schriftsteller Walter Kappacher gearbeitet, dessen wunderbarer Roman Der Fliegenpalast kürzlich als Vorabdruck in der F.A.Z. zu lesen war. Und das Buch, an dem er arbeitete, war ebendas vorabgedruckte, nur dass es damals noch nicht Der Fliegenpalast hieß und erst aus wenigen Kapiteln bestand. Walter Kappacher jedenfalls nennt Pastrana mit besonderer Betonung „einen Ort“, was bei ihm soviel heißt wie: ein einzigartiger, ein magischer Ort, ein Rückzugsort zum Schreiben.

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Da ich vom Schreiben schlecht erzählen kann, für heute aber etwas Schönes versprochen hatte, will ich von Walter Kappachers zweiter Kunst neben der Literatur erzählen, der Fotografie. Und zwar fotografiert er immer dasselbe Objekt, den Grabensee in der Nähe von Obertrum bei Salzburg.

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Obertrum ist, wenn ich ihn richtig verstanden habe, kein „Ort“, aber der Grabensee muss es für ihn geworden sein. Denn Kappacher hat schon viele hundert Bilder von diesem Gewässer gemacht, immer von denselben paar Quadratmetern, am liebsten im Winter, wenn das Eis unzählige Farben annimmt und dem Auge des Fotografen täglich ein neues Universum vorführt – manchmal schwarz wie Erdöl, dann schimmernd wie Silber oder weiß wie eine Traumlandschaft, und wenn es zu tauen beginnt, baut die Natur aus den Schollen immer neue Skulpturen.

  Bild zu: Walter Kappachers Bilder vom Eis (1)

 Zur Zeit sind diese ungewöhnlichen Bilder in einer Ausstellung im Literaturhaus Salzburg zu sehen. Aber ich habe mir gedacht, wir zeigen hier auch welche, und zwar in mehreren Folgen, denn noch immer ist Winter, und die Skipisten in Sierra Nevada, wo wir gerade waren, sind voller Schnee, nur dass man nicht skilaufen darf, weil der Wind mit 120 Stundenkilometern darüberfegt. Zeit für Walter Kappachers Bilder vom Eis.

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3 Lesermeinungen

  1. Dulcinea sagt:

    Sauber eingefädelt: liebe...
    Sauber eingefädelt: liebe Geschichte, feine Bilder, guter Literaturtip = garantiert kommentarfreies Blog-Wochenende. Womöglich, um in Ruhe den Sieg von Real Madrid zu feiern. Ha! Da mache ich einen Strich durch die Rechnung! Was wirklich geschah: Federico Trillo war neulich beim Skifahren in Sierra Nevada. Eine Windböe von 120 Stundenkilometern riss ihm die FAZ und seinen Füllfederhalter aus der Hand (er ist ein gebildeter Mann) und blies diese bis nach Pastrana. Sie landeten sacht auf Trillos Bettstatt, die noch von weiteren gebildeten Männern verwendet wird. Dort wurden sie von Miguel, dem Kellner, gefunden. Dieser las auf der zufällig aufgeschlagenen Zeitungsseite (Vorabdruck eines Romans) den Namen Kappacher und erinnerte sich plötzlich daran, dass Don Walter das letzte Mal einen Stapel Fotos liegengelassen hatte. Also sattelte Miguel sein Pferd, schnappte sich die Pistole von Trillos Leibwächter und ritt nach Madrid in gestrecktem Galopp. Dort übergab er Fotos und Füllfederhalter an Don Paul, der gerade überhaupt keine Lust hatte, schon wieder einen Blog über diese Politikerin hier: https://www.publico.es/espana/197801/aguirre/acusa/psoe/espiado/rey/abajo/mundo zu schreiben. So nahm er Fotos und Füllfederhalter dankend entgegen. Der Blogeintrag war gerettet! Don Miguel wurde reich beschenkt. Und, colorín colorado….
    Geben Sie es schon zu, Sie besitzen Trillos Füller!

  2. Madrid sagt:

    Ach, Dulcinea, wenn Sie...
    Ach, Dulcinea, wenn Sie wüssten! War vorhin im Bernabéu-Stadion, habe mich gelangweilt und mehr gefroren als auf der Skipiste. Zu feiern war da auch nichts. Aber Ihre Geschichte: Hut ab.

  3. Stefanus sagt:

    So was Tolles wie Dulcinea...
    So was Tolles wie Dulcinea krieg ich hier jetzt nicht mehr hin, aber eine so schöne Geschichte mit so schönen Bildern verdient schon einen Kommentar, es ist des Blogers* Los, das die Leserschaft nun mal eher auf die kontroversen Themen reagiert, aber ich sehe (aus der sichern spanischen Ferne) auch gerne mal solch schöne Fotos von Eis. (Die Sierra Nevada wir mich schon aus diesem Grund, meiner absolut notorischen Kälteunverträglichkeit nie näher als über Google Earth kennen lernen, vice versa!)
    *Schreibt man das nun mit einem oder zwei g?

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