Ausnahmsweise dürfen wir hier noch einmal von dem österreichischen Schriftsteller Walter Kappacher sprechen, dem neuen Büchner-Preisträger, und Sie werden gleich erfahren, was das mit Spanien zu tun hat. Eine ganze Menge!
Denn wie treue Leser(innen) dieses Blogs wissen – Dulcinea hat in einem Kommentar daran erinnert -, waren hier schon einige von Kappachers wunderbaren Winterbildern zu sehen, seinen Fotografien des Grabensees. Das lässt sich leicht zurückblättern. Damals schrieb jemand dazu, ich hätte clever meiner Pflicht als Gesellschaftschronist ausweichen wollen – einfach ein paar hübsche Fotos ins Netz stellen, fertig ist die Beruhigungspille zum Wochenende! Natürlich fällt mir auf solche Vermutungen nicht viel ein, und auch jetzt kann ich nicht gut darauf antworten. Doch es gibt mir Gelegenheit, ein paar Sätze über das Nachdenken und die Stille zu sagen. Und bevor ich das tue, erkläre ich genauer, was Walter Kappacher mit Spanien zu tun hat.
Vor kaum vierzehn Tagen hatte ich das Vergnügen, ihn in Obertrum bei Salzburg zu besuchen, und was glauben Sie, worüber wir sprachen?
„Du solltest wieder mal nach Spanien kommen“, sagte ich.
„Ja, das wäre schön“, sagte er.
„In Spanien hast du am Fliegenpalast gearbeitet.“
„Ja.“
„Wir könnten essen und Wein trinken.“
„Ja. Das wäre schön.“
„Am besten machen wir das bald.“
„Das wäre eine gute Idee.“
„Du müsstest einen Preis gewinnen, dann könntet ihr eine große Spanienreise machen.“
„Ja.“
„Wenn du einen Preis gewinnst, musst du mich zum Essen einladen.“
„Gern“, sagte er.
„Richtig teuer.“
„Sehr gern.“
Hören Sie den Beckettschen Ton? So ungefähr haben wir geredet. Ich verbürge jetzt nicht jedes Wort, aber auf jeden Fall das bergbauerhaft Kontemplative, den buddhistischen Geist und die Oberberner Langsamkeit unseres Dialogs. Das Essen habe ich also jetzt gewonnen. Ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell geht.
Vor zwei Jahren zogen Walter Kappacher und ich uns einmal nach Pastrana (Guadalajara) zum Schreiben zurück. Miguel, der Kellner dort, kümmerte sich rührend um uns. Ich habe die Fotos noch. Auf einem stehen Walter und Miguel, Arm in Arm, und schauen lächelnd und etwas verlegen in die Kamera. Genau, wie solche Fotos sein müssen. Beim nächstenmal werde ich Miguel erzählen, dass Walter den Büchner-Preis bekommen hat. Und Miguel wird darauf eine Flasche aufmachen und gar nicht auf die Idee kommen zu fragen, wer Büchner ist. Beziehungsweise war. Sehen Sie, auch das ist Spanien! Miguel muss Büchner nicht kennen, aber er begreift sofort, dass der Büchner-Preis eine riesige Freude bedeutet, und diese Freude lässt sich teilen. Wofür sonst wäre die Freude da?
Noch etwas Spanisches. Kurz vor unserem Abschied neulich, nach einem schönen Nachmittag in Salzburg, saßen Walter Kappacher und ich in einem Restaurant und tranken ein Glas Wein. Und was tranken wir? Einen samtweichen Rioja, Crianza 2003. Walter Kappacher hatte ihn ausgewählt. Ich glaube, wir tranken den spanischen Wein, weil wir nicht in Spanien sein konnten, sondern in Salzburg saßen. In diesem Salzburg, wo es so viele Internet-Cafés und Wettbüros gibt, dass Albero-Amarillo schon befürchtete, ich wäre dort verlorengegangen.
Jetzt habe ich immer noch nichts über die Stille und das Nachdenken geschrieben, wie ich es oben versprochen hatte, aber das muss ich verschieben. Es gibt hier immer ein nächstes Mal, das wissen Sie ja. Und sollte ich ein bisschen sehr viel davon geschrieben haben, was „Walter Kappacher und ich“ alles gemacht haben – er ist ja jetzt ein berühmter Mann, man muss damit aufpassen -, bitte sehen Sie es mir nach. Ich platze vor Freude. Ich platze vor Stolz. Trinken Sie einen spanischen Rotwein auf ihn, wenn Sie einen haben, und lesen Sie seine Bücher. Heute ist ein Freudentag.
Und, dürfen Sie die Laudatio...
Und, dürfen Sie die Laudatio halten, Don Paul? Am 31. Oktober? Das wäre doch schön. Ich freue mich.
Meines Wissens übernimmt das...
Meines Wissens übernimmt das ein Mitglied der Akademie, ich kenne mich da nicht so gut aus. Ob ich es tun würde, fragen Sie, Dulcinea? Sofort! Und danach einen Rioja.
Dürfen sich das die...
Dürfen sich das die Preisträger nicht wünschen? An so einem Tag sollte man sich etwas wünschen dürfen.
"In diesem Salzburg, wo es so...
„In diesem Salzburg, wo es so viele Internet-Cafés und Wettbüros gibt, dass Don Jorge schon befürchtete, ich wäre dort verlorengegangen“
Entschuldigung, wann habe ich das befürchtet???? Ich könnte allenfalls fürchten, Sie gingen im Bernabeu (ohne Tilde, bitte) verloren. Aber ich bin nicht so dramatisch.
Übrigens: in diesem Blog wird die Qualität der spanischen Gespräche oft getadelt. Jetzt haben wir entdeckt, dass es nicht gut um die Qualität der Gespräche zwischen deutschsprachigen Schriftstellern bestellt ist. Das erinnert mich an das erste Gespräch, das ich an einer deutschen Universität gehört habe: „Hei!“ – „Eeh!“ – „Alles klar?“ – „Hum!“ – „Aah!“ – „Tschüss!“.
Ja, Dulcinea, das mit der...
Ja, Dulcinea, das mit der Laudatio wird sich finden, ich habe wirklich keine Ahnung. Aber. Er weiß ja, dass ich immer für eine Feier zu haben bin. Und ich habe ihm vorhin am Telefon von Dulcineas Glückwünschen erzählt. Er hat sich sehr darüber gefreut. Heute freuen sich ja alle reihum. Und dann hat Walter Kappacher noch gesagt, er müsse jetzt 112 E-Mails sichten. Ich glaube, so viele… na ja, Sie wissen, was ich sagen will.
Entschuldigen Sie, Don Jorge,...
Entschuldigen Sie, Don Jorge, das war Albero-Amarillo. Es war aber kein ehrenrühriges Zitat, wirklich nicht. Ich habe die Zuschreibung korrigiert.
Don Jorge, Ihr Satz geht mir...
Don Jorge, Ihr Satz geht mir nach, hier würde viel getadelt. Wird hier nicht vielmehr ausgiebig gelobt, erzählt und empfunden? Auf die verschiedensten Weisen? Sollten wir das unterlassen haben, müssen wir sofort damit beginnen.