Sanchos Esel

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Spät essen, laut reden, wenig schlafen, kein Fahrrad haben, die Mülltrennung vergessen, dem berühmtesten Fußballverein der Welt zugucken, bei Rot

Rio de Janeiro bricht Madrid das Herz

| 65 Lesermeinungen

Madrid hat es wieder nicht geschafft. Das Jahr 2016 wird die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro erleben. Die große Frage nach dem zweiten Scheitern in Folge wird sein, ob Madrid die Möglichkeit eines dritten Scheiterns in Kauf nehmen will, indem es sich abermals für die Spiele des Jahres 2020 bewirbt. Es gibt Beispiele für solche Zähigkeit. Leider wäre der Ausgang der abermaligen Bewerbung unvorhersehbar, denn manchmal wird Penetranz belohnt, manchmal nicht.

Madrid hat es wieder nicht geschafft. Das Jahr 2016 wird die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro erleben. Die große Frage nach dem zweiten Scheitern in Folge wird sein, ob Madrid die Möglichkeit eines dritten Scheiterns in Kauf nehmen will, indem es sich abermals für die Spiele des Jahres 2020 bewirbt. Es gibt Beispiele für solche Zähigkeit. Leider wäre der Ausgang der abermaligen Bewerbung unvorhersehbar, denn manchmal wird Penetranz belohnt, manchmal nicht. Und wenn sich Paris ebenfalls bewerben sollte, von Berlin einmal zu schweigen, würden sich allein die europäischen Hauptstädte gegenseitig das Wasser abgraben. Und vielleicht wäre ja auch schon Afrika soweit? Und was ist mit Asien? Dass Tokio nicht auf den Rückhalt seiner Bevölkerung bauen konnte, war ein Nachteil, aber wer sagt denn, dass nicht China seine Bewerbung einreicht?

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Gerade habe ich noch einmal den Leitartikel der Zeitung ABC gelesen, der Rio mit sportlicher Geste gratuliert und alle an der Olympiabewerbung beteiligten Spanier lobt. „Dieses Mal“, so heißt es, sei Ministerpräsident Zapatero den Anforderungen gerechtgeworden. Selbst Zapatero, ergänze ich im Inneren. Eine gewisse Größe in der Niederlage war zu verspüren, Zeile für Zeile, Satz für Satz. Und dieser Geist, er beherrschte fast alle Kommentare nach der 32:66-Schlappe in der letzten und entscheidenden Abstimmung von Kopenhagen. Ja, einige unter den Spaniern fühlten sich verschaukelt. Der Madrider Bewerbung sei suggeriert worden, hieß es, sie habe trotz des traditionellen Abwechselns unter den Kontinenten eine Chance. Ja, wahrscheinlich hatte sie die sogar. Es hat eben nur nicht gereicht. Eine Garantie konnte niemand geben. Pech! Soviel Arbeit für nichts. Der König war da. Der Regierungschef. Die Sportler. Alle haben sich hereingehängt und sicherlich an Barcelona 1992 gedacht. Was soll ich sagen? Es hat nicht gereicht. Man darf sich auch für Rio freuen. Dennoch haben sie mir gefallen, die Spanier, im Optimismus wie in der Niederlage.

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Lustig war, dass drei von vier spanischen Tageszeitungen das Herz Madrids in der Schlagzeile hatten. Ein gebrochenes Herz sahen El País und ABC.  Ein gestohlenes Herz diognostizierte La Razón. Natürlich kommt das von der Werbekampagne mit der corazonada, die den verbindlichen Olympia-Optimismus wie ein großes weiches Tuch über alle verfügbaren Prominenten legte. Tengo una corazonada, sprachen sie brav in die Kamera, einer nach dem anderen. Olympiabewerbungen sind nichts für Zwischentöne, nichts für Nörgler und Skeptiker. Man strahlt wie ein Affe und gibt sein Bestes. Das haben die Leute getan. Und es hat meine volle Bewunderung.

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Was ich gern wüsste: Sollte Madrid den Kampf abermals aufnehmen und sich für das Jahr 2020 noch einmal bewerben: Ab wann bekäme ich wieder diese E-Mails mit der Betreffzeile: „Madrid 2020 informa“? Vor Monaten sagte ich einmal, sie gingen mir auf die Nerven. Aber wenn ich genauer darüber nachdenke, muss ich zugeben, dass ich mich an diese Mails gewöhnt habe. Sie kommen schon so lange. Erst 2012. Dann 2016. Jetzt wäre 2020 an der Reihe. Diese Mails, sie würden mir zeigen, dass Madrid weiterkämpft. Wie sagte es unser Bürgermeister so treffend? „Die Niederlage besteht nicht darin, zu verlieren: Sie besteht darin, aufzugeben.“ Deswegen wird es auch niemanden überraschen, dass sich eine Zeitung, El Mundo, schon wieder ganz nach vorn wagt. Richtig so. Wir wissen noch nicht, wer dann Bürgermeister von Madrid ist, welche Konkurrenz es gäbe, wer sportlich vorzeigbar wäre und all das. Aber wir zeigen schon mal prophylaktisch Haltung, damit die Welt weiß, mit wem sie es zu tun bekommt.

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65 Lesermeinungen

  1. Ich finde diese ganze Rhetorik...
    Ich finde diese ganze Rhetorik vom Herzen, vom Traum und von der Illusion abscheulich.

  2. Chus sagt:

    Danke, Don Paul. Die...
    Danke, Don Paul. Die madrileños werden Sie nun ganz bestimmt offiziell adoptieren.
    Ich fand es schon irgendwie schade, muss aber zugeben, in „Provincias“ (so hießen ja früher die Regionen, die nicht Madrid sind) hat uns das Ganze eher kalt gelassen, v.a. haben viele nicht verstanden, warum Madrid bzw. warum Spanien wieder -1992 liegt ja gar nicht so weit, wieder an der Reihe sein sollte. Oder zählt Barcelona nicht dazu? Ich begrüße sehr die Auswahl der Namen: Es heißt zum Glück also nicht: „Brasil roba el corazón de España“, dies würde definitiv nicht stimmen, sondern „Río… Madrid“. Und dabei muss das bleiben.
    Wer das heutige Brasilien kennt (und Spanien), weiß warum gerade sie das geschafft haben. Es ist irgendwie doch wie beim Fußball: Madrid (Spanien?) hat nicht verloren. Río hat gewonnen. Daher die „Größe“ der Verlierer. Parabens a todos nós.

  3. Dulcinea sagt:

    Mein Kommentar führt etwas...
    Mein Kommentar führt etwas vom Thema weg! Ich gebe es zu. Aber, Don Jorge und alle, sehen Sie sich doch nur einmal die Nachrichten ÜBER den Olympia-Einheitsschlagzeilen an! La Razón: „Robo del >>Lignum Crucis<<. La Guardia Civil recupera la reliquia del Valle de los Caídos..." während El País vermeldet: "Fosas abiertas, heridas cerradas". Also... sinnfälliger geht es wohl kaum. Hier sehen Sie übrigens auch ein beeindruckendes Foto von den Exhumierungsarbeiten, von denen bereits mehrfach die Rede war: https://www.elpais.com/articulo/sociedad/Abrir/fosas/cura/elpepisoc/20091003elpepisoc_1/Tes — und dann empfehle ich, an das Ende dieser Reportage zu rollern, ich meine den grauen Kasten. So hängt dann alles zusammen.

  4. Madrid sagt:

    JorgeValencia, guten Morgen!...
    JorgeValencia, guten Morgen! Es ist ein Vergnügen, Sie unter uns zu wisssen.
    *
    Chus, ich finde auch, dass Rio es verdient hat. Warten Sie ab, wie die von Herzen und Gefühlen reden werden!

  5. abfeldmann sagt:

    beilaeufige konversation am...
    beilaeufige konversation am freitag in madrid (in englisch); wie ich von der olympia-entscheidung erfuhr.
    „it ’s real.“
    „what ’s real?“
    „the olympics. – it ’s real!“
    „…so, and now? – everybody wished for rio…“
    „it is rio.“

  6. pardel sagt:

    Tengo una corazonada: Ni liga,...
    Tengo una corazonada: Ni liga, ni champions, ni olimpiada.
    Ich habe mir auf den elenden Canal 24 Horas etwa eine halbe Stunde das Ende der Zeremonie angeschaut (furchtbares Brimborium, sehr schlechte Verdolmetschung, die korrupten Offiziere (sic!) des IOC in der Pose der Hohepriester, die den Umschlag von einem Porzellanteller von einer Blondine (Vestalin?) entgegenahmen und verkehrt herum hielten, O Herr! O Herr! O Jammer! O schlimm!). Als Rio als Sieger ausgerufen wurde, schaltete ich sofort aus. Ich gönne es ihnen, ich hoffe, Rio bekommt die Olympiade so gut, wie sie auch Barcelona gut bekam. Bei Madrid wäre ich mir nicht so sicher, bei Berlin habe ich mich damals, es ist schon einige Jahre her, sehr gefreut, als wir den Zuschlag nicht bekamen. Das hätte dieser armen Stadt gerade noch gefehlt.
    Jorge Valencia: Ich teile Ihre Gefühle voll und ganz.

  7. Madrid sagt:

    In der Theorie, pardel, teile...
    In der Theorie, pardel, teile ich Ihre Gefühle ja auch. Und die von JorgeValencia. Nur in der Praxis ist es dann wieder etwas anderes. Was kann man machen?

  8. pardel sagt:

    Es heisst, el corazón tiene...
    Es heisst, el corazón tiene razones que la razón no entiende. Da kann man nichts machen.

  9. Chus sagt:

    Ich würde Ihnen empfehlen,...
    Ich würde Ihnen empfehlen, Don Paul, zu den Gefühlen (woher sie kommen und warum auch immer sie da sind) und nicht zur Posse zu stehen. Rein theoretisch geht es.

  10. rocinante sagt:

    Vermutlich war ich eine der...
    Vermutlich war ich eine der wenigen die die Niederlage gefeiert hat. Madrid braucht keine Olympiade. Wir sind schon Weltmeister im Asphalthindernisslauf.
    Bei einer Olympiakampagne sollte man die Gefuehle lieber aus dem Spiel lassen,
    obwohl ich verstehe, dass so manch ein Geschaeftsmann ein langes Gesicht zieht.

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