Seit es etwas kühler geworden ist und der Wind über den Heidelandschaft außerhalb des Pardo fegt, ist die Holzbeschaffung für das tägliche Kaminfeuer ein Thema. Aber vielleicht ist das gar nicht der wahre Grund, warum ich jetzt über Holz schreiben will; vielleicht sind es die Pilze, über die hier so ausgiebig gesprochen wurde, die mich an die Landschaft im Nordwesten Madrids denken lassen. Ich sehe ja auch Pilzesammler dort; außerdem Reiter, Falkner und große Kinder mit Modellflugzeugen; Läufer wie mich; hin und wieder Fahrradfahrer, die aussehen, als trainierten sie für die Dreharbeiten zu Terminator 4; dann gelegentlich Autos, deren Fahrer zwei Galgos neben sich herlaufen lassen, die Tiere brauchen einen Auslauf, den ein einzelner Mensch unmöglich bewältigen kann; und hin und wieder leider auch Motorradfahrer, die das wilde Gelände dort draußen für ihre halsbrecherischen Fahrten nutzen.
Die Landschaft… ich kann sie eigentlich gar nicht beschreiben. Hügelig. Struppig. Karg. In den letzten Tagen wollten sich keine spektakulären Sonnenuntergänge zeigen, so dass ich nur ein paar Wölkchen in der Dämmerung fotografieren konnte. Aber sie gefallen mir auch. Jeder Lichtwechsel ist schön. Die einsamen Wege sind schön. Dort, wo Leute ihren Müll weggekippt haben, schaue ich weg.
Ich selbst komme in drei Funktionen, als Läufer, Spaziergänger und Holzsammler. Gern wüsste ich, wie man die Bäume mit der schwarzen Rinde nennt, die im und außerhalb des Pardo wachsen, wenn das die korrekte Bezeichnung ist, denn mir fällt vor allem auf, dass sie sehr schnell verdorren, so dass sie irgendwann umfallen und in verschiedenen Graden der Zersetzung in der Landschaft liegen. Dort bleiben sie also und modern vor sich hin, wenn die Jahreszeit gerade danach ist; irgendwann trocknen sie wieder und werden leicht und spröde wie Pulver; und dann komme ich, um sie einzusammeln und für unseren kleinen Kamin zu verwenden. Es ist ein hübscher Kreislauf, in welchem ich mich als Müllabfuhr des Holzabfalls betrachte, den das erbarmungslose Klima der Meseta hinterlässt. Und weil in dieser herb-poetischen Landschaft ganz offensichtlich niemand aufräumt, wenn ich es nicht tue, habe ich das erste Jahr hindurch kaum einen Gedanken an die Frage verschwendet, wem dieses ganze Holz, das ich regelmäßig abtransportiere, eigentlich gehört.
Das ist öffentliches Land, dachte ich wieder einmal, als ich letzten Winter ein paar alte Äste mit energischen Fußtritten zu Kleinholz verarbeitete. Was sollte es anders sein als öffentliches Land?
„Das Land gehört mir.“
Der Mann von Ende Fünfzig stand plötzlich hinter mir. Vielleicht hatte er schon länger dagestanden und mir zugeschaut. Seine Miene war misstrauisch.
„Es gehört Ihnen?“
„Ja“, sagte er. „Und das Holz auch. Das Land und das Holz.“
„Oh. Ich verstehe. Kann ich das da“ – ich zeigte auf den Haufen Kleinholz – „noch mitnehmen?“
„Nein“, sagte er. „Das nutze ich.“
„In Ordnung. Tut mir leid mit dem Holz. Ich wusste nicht, dass dies Privatgrund ist.“
Er zeigte nach oben auf den Hang, wo sein Haus stand.
Ich fuhr, und unterwegs wurde mir klar, was gefehlt hatte. Der Mann hatte nichts Prinzipielles gesagt und mich nicht belehrt. Er war grummelig und unfreundlich gewesen, aber er hatte nicht gesagt: Wie kommen Sie dazu, hier Holz wegzuholen? Das ist Diebstahl. Ich könnte Sie anzeigen. Ihr Wagen steht auf meinem Grund und Boden. Sie zeigen keinen Respekt vor fremdem Eigentum. Wie kommen Sie eigentlich dazu, durch die Gegend zu fahren und Holz einzusammeln?
Spanien, dachte ich. Man wird nicht gern prinzipiell. Vielleicht glaubt man nicht daran, die Menschen seien reformierbar. Vielleicht ist man einfach zu träge dafür, sich die Mühe zu machen. Vielleicht auch zu klug! Ich weiß nicht, ob überhaupt ein Motiv dahintersteckt. Aber ich weiß, dass ich das Unprinzipielle der Spanier mag.
Das Kleinholz, das ich vorbereitet hatte, blieb die nächsten zwei Monate dort liegen, wo ich es aufgehäuft hatte. Der Mann rührte es nicht an. Er schien es nicht eilig zu haben.
Ich sollte ein paar Sätze zu unserer Mischversorgung sagen. Der Kamin ist nicht besonders groß. Man braucht also nicht viel Holz, um ein anständiges Feuer zu machen. Wenn man allerdings jeden Abend eins anzündet, sollte man sich einen Vorrat anlegen. Die Basis ist das Holz, das ich auf dem Land einsammele, sofern mich niemand daran hindert. Vor acht Monaten erzählte ich davon, dass ich mit der Säge durch die Gegend fahre und es in handliche Portionen zerlege. Manchmal transportiere ich auch größere Stücke ab, die ich dann zu Hause mit der Elektrosäge zerteile. Eine Motorsäge zum Mitnehmen kommt für mich nicht in Frage. Sie würde Benzin brauchen und sehr viel Krach machen. Beides will ich nicht. Hier sehen Sie meine wesentlichen Werkzeuge: Säge und Handschuhe.
Eine Axt! hieß es damals. Don Paul, Sie brauchen eine Axt!
Ich habe eine Axt. Aber sie ist klein, und eine kleine Axt bringt nicht sehr viel. Hätte ich eine größere Axt, ja, das wäre etwas. Aber dann brauchte ich auch einen richtigen Block. Und hätte ich den richtigen Block, müsste ich mir eigentlich auch einen größeren Kamin bauen. Und warum nicht gleich ein größeres Haus? Und warum kein Haus in Kanada? Ich könnte mein ganzes Leben austauschen. Als ich mir das so überlegte, schaute ich meine kleine Axt an und dachte: Ich lasse es vorläufig dabei.
Das also ist der Grundstock: Naturholz, selbst gesammelt. Brennt wie Zunder. Ich nehme auch dünnere Äste. Man wirft den ganzen Abend Holz nach, aber es knistert schön und riecht gut.
Holz Nummer zwei ist die Ware aus dem Baumarkt. Der Zehnkilosack kostet 2,90 Euro. Der Preis, heißt es, soll stabil bleiben bis Weihnachten. Weihnachten! Ich habe keine Lust, jetzt schon daran zu denken.
Holz Nummer drei ist… nun ja, nur im eingeschränkten Sinne Holz. Es ist Holzersatz. Wir nennen es Pressholz. Es sind regelmäßig geformte Stämme aus Holzbrei, die sich mit den Händen in kleine Stücke brechen lassen. Leider brennen sie nicht gut an, man wirft sie also am besten drauf, wenn das Feuer schon richtig in Gang gekommen ist. Dann brennen sie ordentlich. Diese Pressholzstämme… sie riechen nicht, sie knistern nicht, sie knacken nicht, sie machen auch keinen Spaß. Sie sollen nur vernünftig sein. Ökologisch sinnvoll. Optimale Energieausnutzung! Also sind wir vernünftig und ziehen mit. Etwas Traurigeres kann man sich eigentlich nicht vorstellen. Aber wir kennen das und tun es nicht zum erstenmal. Um als vernünftig zu gelten, sind wir bereit, die Ästhetik über Bord zu werfen.
Ich habe einen Test gemacht und die Holzqualitätsprüfung dem Urteil unserer Hündin Estrella unterworfen. Estrella hat viel Erfahrung mit Holz, weil sie mich auf meinen Holzsammeltouren begleitet und abends gern einen Ast zernagt. Das erste Bild zeigt sie vor einer Holzprobe aus dem gekauften Sack, Sie wissen schon, der Baumarktware für 2,90 Euro. Sehen Sie sich das Bild genau an.
Nicht, dass dieses Holz kein Holz wäre. Es ist Holz. Doch ich glaube, Estrellas Körpersprache lässt nur eine Deutung zu. Die Pfoten gehen auf Distanz zu dem gekauften Holz. Es ist ein Produkt, das nicht gejagt oder gefangen, nicht erlegt oder gesammelt wurde. Ein Industrieprodukt. Instantware. Eine Art Fertigspeise. Es riecht irgendwie künstlich. Die feine Nase hat kein Interesse daran.
In der nächsten Sekunde drückt Estrella ihr Missfallen noch deutlicher aus. Sie wendet sich ab. Noch immer berühren ihre Pfoten das Holz nicht. Wenn jemand käme, um die Stücke abzutransportieren, es wäre ihr egal. Um dieses Holz würde sie nicht kämpfen. Selbst wenn ich ihr sagte: „Estrella! Dieses Holz ist gar nicht so schlecht. Ich habe zehn Säcke davon gekauft und bin zufrieden. Es brennt leicht an. Es hat sogar einen gewissen Geruch. Musst du so wählerisch sein?“ Selbst wenn ich ihr das alles sagte, würde sie zur Seite schauen und das Holz ignorieren. Was sie wirklich will… Sie ahnen es… was sie wirklich will, sehen Sie hier:
Es ist das selbst gesammelte Holz. Die Beute, für die wir einige Kilometer zurückgelegt haben, ich mit dem Auto, sie zu Fuß. In Ermangelung eines besseren Begriffs nenne ich es das Einssein des Hundes mit dem Holz. Man könnte auch sagen: Holz und Hund. Das Foto dokumentiert eine innige affektive Beziehung, die sich nicht analysieren und nicht zerreden lässt. Estrella ist, um es mit modernem Seelenjargon zu sagen, in höchstem Maß zugewandt. Sie mag das Holz, berührt das Holz, schützt das Holz und kaut das Holz, wenn die Stunde dafür gekommen ist. Dies, um es knapp zu sagen, ist Estrellas Holz. Also ist es auch meins.