Wie halten wir es mit der Armut? Der Armut der anderen? Das waren so Gedanken, die ich mir machte, bevor wir mit einer guten Zweihundertschaft in die Sahara aufbrachen, zum Internationalen Sahara-Filmfestival. Auf die Filme kam es mir dabei am wenigsten an, aber das ist wohl verzeihlich. Es ist der Schauplatz, der hier zählt, das Hinfahren, Dasein und Zurückkehren.
Zunächst muss man festhalten, dass es nicht einfach ist, ohne absurden Aufwand in die saharauischen Flüchtlingslager zu kommen. Tindouf, die algerische Provinzstadt, ist knapp drei Autostunden von Dakhla entfernt, dem Lager, in dem das Festival stattfindet, und auch wenn die asphaltierte Straße in den letzten Jahren ausgebaut wurde, bleiben immer noch einige Kilometer am Ende, auf denen die Fahrer ihr Höllenrennen durch den Wüstensand veranstalten. In unserem Geländewagen waren die Bänke nicht sehr solide, bei jedem Buckel, jeder Welle sprang das Ding samt Mensch nach oben, und man lief Gefahr, sich den Schädel zu ramponieren. Dass die Raserei für die Fahrer eines der wenigen Vergnügen ist, die sie im Leben so haben, sehe ich allerdings ein. Schade also, dass sie irgendwann, wenn die Straße fertig ist, darauf verzichten müssen.
Wie aber kommt man nach Tindouf? Mit einem Charterflug. Man soll um 20:45 Uhr am Madrider Flughafen sein, damit man um 1:00 Uhr morgens abfliegen kann. In Algier oder Oran muss der Apparat auch noch zwischenlanden, um nachgetankt zu werden. Morgens um 5:30 waren wir schließlich in Tindouf.
Die Reisenden teilten sich grob in vier Klassen auf: Filmindustrie (Regisseure, Schauspieler und so weiter – weiter unten sehen Sie Victoria Abril beim Autogrammschreiben), Journalisten (Fernsehen, Radio, Zeitung, Sanchos Esel), Solidaritäts- und Hilfsorgansiationen (dazu zähle ich die Veranstalter des Festivals, die das Ganze mit enormem Einsatz möglich machen) sowie Privatpersonen. Die letzte Gruppe war erstaunlich. Es sind Menschen, die sechshundert Euro für Flug, Unterkunft und Verpflegung bezahlen, um zwei Nächte im Flugzeug und drei Nächte auf dem Boden zu schlafen. Ich sprach mit vielen von ihnen. Sie sagen Sätze wie: „Als Spanier haben wir eine moralische Verantwortung gegenüber der Westsahara. Wir waren die Kolonialmacht. Neunzig Jahre lang haben wir dieses Gebiet besetzt gehalten, und als es darum gegangen wäre, ihnen die Unabhängigkeit zu geben, haben wir sie im Stich gelassen. Wir haben die Saharauis betrogen und verkauft. Und heute interessiert sich kein Mensch für ihr Schicksal.“
Das Letzte ist wahr. Man braucht nicht darumherumzureden. Die Westsahara ist ein schrecklicher Beleg für Opportunismus und politischen Zynismus. Oder sollte es die Politik selbst sein, die wesensgemäß zynisch ist? Dann könnte man die Vorgänge um die Westsahara so deuten: Rund zweihunderttausend Leute, Beduinen, Wüstenbewohner sind einfach nicht genug, um als Volk zu gelten. Man kann ihre Interessen mit Füßen treten. Auch die Vereinten Nationen müssen sich nicht sonderlich beeilen, ihnen zu helfen. Sie schicken Nahrungsmittel und lindern die schlimmsten Missstände. Der Rest fällt schon nicht mehr auf. Dies ist Nordafrika. Kein Konfliktherd, wenn nicht gerade Bomben von Fundamentalisten hochgehen. Folgerung: Die Westsahara ist egal.
Werfen wir einen Blick auf die Menschen und ihre Lebensbedingungen. Das saharauische Volk ist heute zweigeteilt: Vermutlich die größere Hälfte lebt in dem von Marokko besetzten Gebiet der Westsahara, überwacht, gegängelt, schikaniert durch massiven Polizeieinsatz, notfalls inhaftiert und gefoltert, abgeriegelt nach Osten durch eine 2700 Kilometer lange Mauer, an der schätzungsweise 150 000 marokkanische Soldaten Dienst tun, was – wiederum schätzungsweise – der Hälfte des gesamten marokkanischen Militärs entsprechen soll. Die besetzten Gebiete sind durch eine gezielte Umsiedlungspolitik längst majorisiert, man spricht von rund 130 000 Marokkanern, die heute dort leben. Seit 1991, als die Besatzungsmacht und die Polisario-Befreiungsfront einen Waffenstillstand aushandelten, steht ein Referendum zur Unabhängigkeit der Westsahara an, doch bis heute hat es nicht stattgefunden. Derweil beutet Marokko die reichen Bodenschätze aus – Phosphat, Erdöl, Erdgas – und spielt auf Zeit. Jeder Tag, der vergeht, zementiert die historische Tatsache der Okkupation.
So schwierig das Leben in den besetzten Gebieten sein muss, die Existenz in den vier saharauischen Lagern im Südwesten Algeriens ist auf ganz andere Weise elend. Die Menschen dort warten. Immer noch. Sie warten in einer heißen, harten, denkbar kargen Landschaft, in der kaum etwas wächst, es gibt keine Arbeit, keine Perspektive, keine Zukunft.
In das ärmste, am weitesten entfernte dieser Lager – Dakhla – fielen Ende April wir ein. Und das ist die Beobachtung, mit der ich für heute schließen möchte: Wir wurden freundlich und mit einer sofort einnehmenden natürlichen Gastfreundschaft empfangen. Nichts Übertriebenes. Einige herzliche Gesten, daneben aber auch würdevoller Abstand zu den Gästen. Ich fragte mich: Wie würden wir das machen? Wenn wir so arm wären? Wenn die reichen Nordafrikaner kämen, um uns bettelnden Europäern einige begehrte Konsumartikel aus dem Maghreb, ein paar Dinarscheine und ihre Solidarität mitzubringen? Und es gelang mir nicht, die Situation umzukehren. Vielleicht Mangel an Phantasie, nichts weiter.
[ Fotos: Ulrich Korn (1), Sanchos Esel (2-5]
Die 79. Liga mit 99 Punkten zu...
Die 79. Liga mit 99 Punkten zu gewinnen, das wäre doch sehr schön, findet Dulcinea. Es war wieder eine unglaubliche Saison! So, wie die letzte! Ich jedenfalls gehe jetzt einen cava kaufen. Und wenn es anders kommt, dann sprudelt der cava trotzdem, das ist tröstlich. Es kommt aber nicht anders.
Alles ist möglich, Dulcinea!...
Alles ist möglich, Dulcinea!
Felicidades, Dulcinea, pardel....
Felicidades, Dulcinea, pardel. Espero que no venga Mourinho para retomar la lucha.
Ja, ich habe es knallen...
Ja, ich habe es knallen lassen. Danke, Don Paul! Der Korken ist sehr hoch in den blauen Himmel geflogen. Es ist aber weißer cava, und das ist auch recht so. Zum Glück haben wir bald eine Fußballweltmeisterschaft! Was würde ich denn jetzt den ganzen Sommer ohne meine Jungs machen? Und Villa kommt. Cesc kehrt vielleicht zurück. Da kommt Schönes auf uns zu! Zum Wohl.
Gratuliere Dulcinea, dem...
Gratuliere Dulcinea, dem verschollenen pardel, Virtudes…. und den anderen culés im Blog. Ich musste lachen, Dulcinea, sie sehen Schönes auf sich zu kommen, und unser Gastgeber fürchtet dass auch noch Mourinho ins jetziges, angebliches Gewinnter-team kommt. So ist das Leben.
Abfeldmann sie haben recht,...
Abfeldmann sie haben recht, die Entfernung ist wirklich der Punkt. Einerseits erlaubt es „uns“ Europäern (eher Nord und Mittel als Süd) die Ästhetisierung und Romantisierung der Armut die Dulcinea angesprochen hat. Doch gibt es die auch gegenüber den Emigranten die im Urlaub in die Heimat zurückkehren. Zwei oder drei Wochen Glamour, als Reiche, als die, die es geschafft haben der Armut und der Einöde zu entgehen, egal zu welchem Preis. Das gab es in Spanien auch. Die indianos die mit protzigen Bauten, und später die Emigranten die mit grossen Wagen und auffälligem Konsumverhalten ihren Triumpf signalisieren (Asturien, Baskenland, Galicien u.A.). Jeder zahlte einen Preis für seine Entscheidung. Von Nordafrikanern (Marrokanern und Algerier) habe ich oft gehört wie sie im Heimatdorf (meistens der Eltern, da sie selbst eher zweite Generation waren) geachtet und beneidet wurden. Kein Mensch wusste wie es ihnen in Frankreich, den Niederlanden oder der Schweiz ging. Sie hatten es geschafft, und ihr sommerlicher Besuch war/ist einer der Höhepunkte im langweiligen und öden Dorfleben. Viele junge Frauen sehen in den Söhnen eine mögliche Flucht aus der Welt die sie kennen in eine die sie nicht kennen, aber von der sie viel erwarten. Herr Ingendaay, auch sie haben die „begehrte Konsumartikel“, ein paar Geldscheine und die Solidarität in ihrem Beitrag zitiert. Und da hat es bei mir geklickt. Konsumartikel und Geld sind im heutigen Spanien – im Gegensatz zu sagem wir mal Cuba oder anderen 3. Welt-Ländern – kein Thema mehr. Und doch gibt es in Spanien noch ein komplexbeladenes Gefühl gegenüber dem „Ausland“. Deshalb sollte es ja die Pressekonferenz nur für Auslandskorrespondenten geben. Erinnern sie sich noch? Deshalb ist der „Ruf“ und die ausländische Presse noch so wichtig in Spanien. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Deutscher oder Brite die ausländische Presse durchforscht um deren Meinung zu erfahren. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass die deutsche oder britische Presse die Schlafzeilen der ausländischen Pressen in ihren Ausgaben erwähnt. Vielleicht brauchen wir keine „Geschenke“ mehr, doch heischen wir immer noch nach Anerkennung.
Ich möchte im Hinblick auf...
Ich möchte im Hinblick auf Ihren Blog einen kurzgefassten Kommentar abfassen:
1- Die Anzahl 200.000, die Sie vorgebracht haben, ist nicht richtig. Die Anzahl der Sahraouis in den Lagern von Tindouf beläuft sich auf 50.000 Personen und dies der Erklärung eines Ex-Dirigenten der Polisario (Herrn Ahmedou Ould Souilem) zufolge.
2- Die Misere wird durch die Leaders der Polisario aufgezwungen. Sie sollten die Jenigen nach Marokko zurückkehren lassen, die es möchten. Der Beweis dafür ist die massive Rückkehr einiger Individuen, denen es gelingt, der Hölle der Lager zu entfliehen.
3. Keiner Mensch wird in unaustehlichen Bedingungen leben können, ohne sich aufzuwiegeln. Wenn es keine Revolte gäbe, würde dies der Resignation gleichstehen. Die Leute wiegeln sich nicht auf, aus Angst, dass sie gefoltert werden.
Hier liegt ein...
Hier liegt ein Missverständnis vor, Tanjaseidemann. Die Zahl 200.000, die ich angebe, bezieht sich auf das gesamte Volk der Saharauis – in den Lagern und in der Westsahara. Bei meinen Erkundigungen und Recherchen bin ich auf äußerst widersprüchliche Angaben gestoßen. Allein für das Lager Dakhla schwanken die Ziffern zwischen 5.000 und 25.000. Für die besetzten Gebiete habe ich in einem neueren Artikel die Zahl 90.000 gelesen. Da ich die Zahl von 200.000 Menschen für die Lager allein für kaum glaubhaft hielt, habe ich die verfügbaren Zahlen ungefähr gemittelt. Von europäischer Seite wird moniert, dass die Polisario-Front eine Volkszählung verhindere, um mehr Subventionen und Hilfsgüter zu erhalten. Das wäre ein anderes Thema. Wie auch das der Korruption auf algerischer Seite, wodurch ein Teil der Hilfsgüter gar nicht in den Lagern ankommt.
<p>Keine Angst, mugabarru, bei...
Keine Angst, mugabarru, bei mir ist es wie mit dem Geld an der Börse, ich bin nicht verschollen, ich bin nur woanders. Es lastet seit Jahren ein Fluch auf mir: Du kannst dir nicht vorstellen, wie viele „wichtige“ Spiele, CL- und WM-Finales, Vorrundenendspiele, sogar clásicos ich verpaßt habe, weil ich berufsbedingt über den Wolken schwebte. Ich freue mich dennoch! Virtudes! Dulcinea! 99!! Pep ist großartig, unsere Jungs sind phantastisch!!!! Und eine großen Dank auch (ausnehmsweise, y sin que sirva de precedente) an die merengues. Sie waren bis zuletzt ein großartiger Ansporn. Meine Anerkennung! Collons, es que els nois son molt bons, oi que si?
PS: Victoria Abril sieht immer...
PS: Victoria Abril sieht immer noch super aus. Nur an den Händen merkt man, dass die Zeit vergeht. So ein hübsches Kleid! So ein un-Ingendaay’sches Photo. Isn’t it nice! Wenn man bedenkt, dass sie als „azafata“ bei „Un, Dos, tres…“ anfing. Seufz!