Letzte Gelegenheit, noch etwas über unseren neuen Trainer zu sagen, bevor in Südafrika die Bälle rollen. Denn plötzlich wurde mir bewusst, dass ich mich auf die neue Saison von Real Madrid mit José Mourinho freue. Ich weiß, dass jetzt kein Mensch daran denkt. Ende August, wie weit ist das noch hin! Aber ich schaue über die WM hinaus.
Was den fußballerischen Stil unseres Klubs betrifft – Stil mag ein bisschen hochgegriffen sein für das, was wir da manchmal zu sehen bekommen haben -, bin ich einfach nur gespannt. Bereit, enttäuscht zu werden. Bereit, mich überraschen zu lassen. Doch alles andere – der mögliche Ruf, den dieser Allesgewinner sich in Madrid erwerben wird, das Gerede, der Klatsch, die Schlagzeilen, die Kampagnen der Sportpresse und seine Reaktion darauf -: All das macht mich so kribbelig, wie ich es vor Beginn einer Saison schon lange nicht mehr war. Was nämlich nicht überall zu lesen stand, sich aus dem Vertrag Mourinhos jedoch zwingend ergibt, ist ein ebenso brutaler wie erfrischender Umstand: Dieser Trainer, um es in der Sprache des Westerns auszudrücken, ist Florentinos letzte Patrone.
Warum? Nun, erstens kommt die Verpflichtung Mourinhos einer Kapitulation gleich. Jahrelang wurden hier Glanz und Offensivfußball und die großen alten Zeiten beschworen, und wir haben gesehen, dass keiner der bisher sechs Trainer, die Florentino Pérez verpflichtet hat, sie zurückbringen konnte. Nicht den Glanz; in respektablen Ansätzen den Offensivfußball; doch ganz sicher nicht die großen alten Zeiten. Vor acht Jahren, dabei bleibt es, hat Real Madrid zum letztenmal die Champions League gewonnen – mit einem Trainer, der nicht von Florentino Pérez verpflichtet, wohl aber von ihm gefeuert wurde. Soviel zur Bilanz.
Und jetzt zweitens. Mourinho hat bei Real Madrid einen Dreijahresvertrag mit Option auf ein viertes Jahr unterschrieben. Jährliches Nettogehalt: zehn Millionen Euro. Diesen Mann wieder loszuwerden, wenn er dem Präsidenten nach einer Saison nicht mehr passt, wird in jedem Fall teuer. Manuel Pellegrini, wenn ich mich richtig erinnere, ging mit 2,5 Millionen Euro Abfindung. Bei Mourinho wäre es das Fünf- bis Achtfache. Wenn so einer gehen muss, reißt er sicherlich noch ein paar Stühle um. Wahrscheinlich auch den des Präsidenten, was mich in diesem Fall aufrichtig freuen würde. Deshalb ist es gut, dass José Mourinho kommt. Es ist die Stunde der Wahrheit, und sie sollte von starken Charakteren um zwölf Uhr mittags ausgefochten werden. Erstmals hat sich Florentino Pérez in die Hand eines Trainers, nicht eines Spielers begeben.
Drittens. Unabhängig von Mourinhos glänzendem Ruf als Psychologe, Kämpfer und Siegertyp: Mir gefällt, dass er klar sagen wird, was er für richtig hält. Bei Marca bekommen sie schon kalte Füße bei dem Gedanken, wie Mourinhos Sprüche und Provokationen in den oficinas blancas aufgenommen werden könnten, aber gerade das macht mir daran Spaß: Diese muffigen, von gutgekleideten und vermutlich weitgehend tatenlosen Angehörigen der besseren Madrider Gesellschaft besetzten oficinas blancas gehören einmal kräftig durchgelüftet, am besten durch einen, der sich nur auf seinen Fußball konzentriert und dem völlig egal ist, was man von ihm sagt oder schreibt.
Viertens und letztens. José Mourinho ist kein Opfertyp. Sollte er in Madrid scheitern, wird er uns bestimmt sagen, woran. Und nichts würde uns mehr interessieren! Die berüchtigte Expresskündigung à la Real Madrid, die darin besteht, dass der Präsident dem Übungsleiter mit dem linken Fuß einen Tritt verpasst, während die rechte Hand schon den Scheck für die Transfergeschäfte der kommenden Saison schreibt, wird mit Mourinho nicht laufen. Dieser Mann wird die Fans von Real Madrid wieder dazu bringen, auf den Trainer zu schauen. Er will verantwortlich gemacht werden. Dafür muss er aber auch verantwortlich sein.
Fast hätte ich es vergessen. Der Titel des heutigen Eintrags ist der eines Theaterstücks des irischen Dramatikers John Millington Synge, das man sich schon allein wegen dieser sechs Wörter im Titel anschauen sollte. Gerade, in London, habe ich übrigens wieder von Mourinho reden hören. (Vielleicht führt ja einer unserer Ex-Trainer, der schon zwei Meisterschaften für Real Madrid gewonnen hat, die Engländer zum Weltmeistertitel?) „Der wird euch helfen, wieder Erfolg zu haben“, sagte mir eine unrasierte, aber freundliche englische Seele mit Bierbauch und geschorenem Haar zum Thema Mourinho. Und er sprach den Namen „José“ aus wie „Joe“, nur mit einem „se“ hintendran.
„Ja“, sagte ich, „könnte sein. Aber ich höre mindestens sechzig Hufe, und es könnte ungemütlich werden. In jedem Fall wird er den Frauen die Köpfe verdrehen. Sieht er nicht aus wie George Clooney?“
Da drehte eine daneben stehende Frau den Kopf und sagte: „George Clooney? Wer ist denn das?“
Sie ahnen, was auf uns zukommt. Ich blicke in die Abendröte des Westens und sage: In zehn, elf Wochen geht es los!
[ Fotos: AFP, dpa, AP ]
Warum nicht England, pardel?...
Warum nicht England, pardel? Das hätte doch etwas. Sie warten seit 46 Jahren darauf. Oder sollen sie für das Wembley-Tor ein halbes Jahrhundert büßen?
Wegen Capello, natürlich. Das...
Wegen Capello, natürlich. Das sog. Wembley-Tor ist mir sehr egal, ich trug damals noch Windeln, und Anhänger Deutschlands war ich ohnehin nie. Jedenfalls nicht mehr seit der Schande von Gijón am 25. Juni 1982. Aber interessant, dass Sie nicht fragen, warum nicht Italien. Gehen wir da etwa konform?
Italien fände ich nicht so...
Italien fände ich nicht so toll. Sie werden es aber auch nicht. Spanien fände ich schön. Dann Deutschland, Argentinien, Mexiko, Uruguay, Niederlande. Wäre Uruguay nicht originell? Ich kenne die deutschen Spieler nicht so gut, weiß nur, dass immer noch ein junges Talent namens Powlows–, nein Podolski mitspielt. Ballack werde ich nicht vermissen. Heute steht bei uns etwas Schönes in der Zeitung über die vielen deutschen Spieler „mit Migrationshintergrund“. Allein wegen dieser Wortschöpfung sollten diese jungen Burschen etwas gewinnen. Gleichsam vaterlos und aus der Tiefe des Migrationshintergrundes.
Werden sie aber nicht, lo...
Werden sie aber nicht, lo siento. Weil Spanien Weltmeister wird. mugabarru, tragen Sie das bitte in Ihre Wettbücher ein.
Uruguay? Gewannen die nicht...
Uruguay? Gewannen die nicht schon 1930 und 1950? Die Zeit in etwa, aus der Real noch mo(u)ralisch zehrt? D’accord. Obwohl, recht überlegt, wenn nicht Spanien, dann lieber die Niederlande. Beide haben noch nie.
Allerdings:...
Allerdings: https://www.handelsblatt.com/media/interviews/warum-ein-fussball-nicht-rund-sein-darf;2597181 Es gibt Statistiken, Formeln, und ja, mugabarru, auch Parameter für jeden Geschmack, für und wider aller denkbaren Ansichten. Das hält die Debatte am Leben. Am Ende kommt jedoch die Realität und macht, was sie will. In der Regel einen dicken Strich durch die Rechnung. „What made you change your mind?“ „The facts!“
Köstlich, pardel! Ich wußte...
Köstlich, pardel! Ich wußte doch, daß Luft auch so süß wie Honig sein kann. Und so zäh! „Natürlich nicht genauso zäh, aber ein bißchen eben schon!“
Danke, pardel. Im Moment übe...
Danke, pardel. Im Moment übe ich gerade an der richtigen Formel um beim Luftzufächeln auch Aromen verschieder Pflanzen an die befächelte Person zu bringen. Dulcinea, sie träumen von Luft so süss wie Honig, und ich exerziere gerade mit den Duftvarianten Minze und Jasmin. Ist das nicht schön?
Pardel, glaubst du etwa, dass die Realität sich nicht an die Regeln hält?
„... sagte mir eine...
„… sagte mir eine unrasierte, aber freundliche englische Seele mit Bierbauch und geschorenem Haar zum Thema Mourinho. Und er sprach den Namen „José“ aus wie „Joe“, nur mit einem „se“ hintendran.“
Natürlich kehlt man in Madrid ein „H“ aus den Tiefen der Gurgel, wie es der Bayer nur tut, um einem so genannten „Lungenharing“ einen Ausweg zu weisen, aber was ist an des Briten Praxis denn so erwähnenswert? So lange er „se“ nicht wie englisch „gucken“ (to see) ausspricht, dürfte die Lautformung dem portugiesischen Original doch reichlich nahe gekommen sein, oder?
Aber diese Frage ist nur eine Übersprungshandlung, weil ich zum „Thema iberischen Fußball und Fußball überhaupt“ nichts beisteuern kann und mir auch des deutschen Menschen Akribie im „korrekten“ Aussprechen von Eigennamen eher fern steht. Ich wollte eigentlich nur den Blog loben, nicht zuletzt wegen des höflichen Umgangs der Kommentatoren untereinander und des Bloggers mit ihnen und seinen Lesern. Sogar beim Thema Fußball! Das wäre dann hiermit endlich einmal zu elektronischem Papier gebracht. Wünsche noch eine schöne Saison!
Das ist eine schwierige Frage,...
Das ist eine schwierige Frage, mein lieber mugabarru. Zum einen müsste man definieren, was Realität ist. Helmut Kohl soll mal gesagt haben, die Wirklichkeit sei nicht dasselbe wie die Realität (das Gesicht seines damaligen Dolmetschers hätte ich dabei gerne gesehen). Dann müsste man sich fragen, welche Regeln gemeint sind. In welcher Annäherung wollen wir unsere Simulation (Modell, Analyse…) durchführen. Wieviel Komplexität wünschen wir zu verarbeiten? Das wird exponentiell teurer. Dann müsste man überlegen, wieviel Menschliches-Allzumenschliches man in die Rechnung einfließen lassen möchte (Korruption, Inkompentenz, Fehlbarkeit, Voreingenommenheit, Eitelkeit usw. seitens der Akteure UND der Bewerter) und wie man all diese Faktoren in die Rechnung einarbeitet. Das wird schwierig. Spätestens dann macht die Realität den berühmten Strich durch besagte Rechnung, und zeigt uns, dass sie sich sehr wohl an die Regeln hält, wir die Regeln allerdings nicht genau genug erfaßt geschweige denn verstanden haben. Die Inkompetenz liegt an uns, wir merken es nur ungerne: https://gagne.homedns.org/~tgagne/contrib/unskilled.html Die Realität ist immer richtig. Was sonst? Das ist ein Fakt, die Realität kann – ja, muss! – als Summe aller Fakten definiert werden. Oder, wie Serrat es besang (du weisst, ich wiederhole mich, sag es bitte nicht weiter): „Nunca es triste la verdad, lo que no tiene es remedio“