Nach dreißig Jahren als Presseverantwortliche des Gran Teatre del Liceu in Barcelona hat sich jetzt Adela Rocha verabschiedet. Gerade habe ich sie bei der Carmen gesehen, bei der auch José Montilla und Artur Mas zugegen waren, wie man wohl feierlicherweise sagt, aber das Thema der katalanischen Politik müssen wir nicht vertiefen. Diesmal war Adela Rocha zur Oper eingeladen und nicht von Berufs wegen da. Dennoch hat sie natürlich organisiert. Sie konnte nicht anders. Fast schien sie glücklich zu sein, als sie nach oben ins Büro gehen konnte, um jemandem die Nachricht zu hinterlassen, Sanchos Esel brauche am nächsten Tag Fotos der Carmen-Inszenierung. Ich konnte sie nicht daran hindern.
Meine Zeilen werden kein Nachruf, eher eine Erinnerung und Würdigung, und sie müssen mit einer Bemerkung dazu anfangen, was das überhaupt für ein sonderbarer Beruf ist: verantwortlich zu sein für die internationale Presse. Denn das sind nicht nur wir, die Korrespondenten und Musikkritiker unterschiedlicher Nationalitäten. Die internationale Presse, das scheinen am Ende alle zu sein, die in die Oper kommen und irgendeine Art von Betreuung brauchen – neben dem Ticket, versteht sich, neben dem Programmheft, manchmal einem Abendessen, neben allem, was sonst noch fehlt und was in kritischen Augenblicken offenbar nur die Presseverantwortliche besorgen kann, als sei sie der mildtätige Engel in einem summenden Bienenstock von Interessen, Verrücktheiten und Eitelkeiten. Die Frau, die weiß, wie man sich um Könige, Minister, Opernstars und Reinemachefrauen kümmert. Auf diesem Foto sehen Sie eine Szene von der Abschiedsfeier im Liceu. Alle sind sehr bewegt, was sich in der Bildschärfe niederschlägt.
Über die Eleganz und Klasse von Adela Rocha in diesem Beruf muss ich nicht viel sagen. Die Fotos legen davon Zeugnis ab. Ich sollte ihre Zuverlässigkeit, Freundlichkeit und ihren unfehlbar guten Geschmack erwähnen. Ihre enormen musikalischen Kenntnisse. Und ihre völlige Hinwendung an die Menschen, mit denen sie sich beschäftigt. Ein chilenischer Kollege hat vor ein paar Wochen in der Zeitung ABC davon erzählt, wie sehr er sich vom ersten Tag an von ihr respektiert fühlte, während Pressedamen anderer Kulturinstitutionen in Barcelona es ihm schwergemacht oder ihn ignoriert hätten. Und deswegen, so der Kollege, werde man Adelita Rocha vermissen. Egal, wie gut ihre Nachfolgerinnen seien. Ein solcher Mensch werde fehlen. Unten sehen Sie sie mit dem künstlerischen Leiter des Liceu, Joan Matabosch.
Nachdem sie den letzten Blogeintrag von Sanchos Esel über die Schönheit gelesen hatte, schrieb Adelita mir, sie könne mit diesem arroganten Jungen namens Cristiano Ronaldo nichts anfangen und wünsche ihm eher, dass er scheitere. Sie schäme sich, wenn sie daran denke, dass er soviel gekostet habe wie zwei Jahresbudgets des Liceu. Ich hätte Lust, das am kommenden Sonntag, wenn wir gegen Deportivo La Coruña spielen, von der Tribüne hinunter auf den Rasen des Bernabéu-Stadions zu rufen: „He! Cristiano! Weißt du eigentlich, was du gekostet hast? Zwei Jahresbudgets des Liceu! Wie? Du weißt nicht, was das Liceu ist? Gütiger!“
Ich habe vergessen, wo genau sie zur Schule ging, jedenfalls waren es deutsche Ordensschwestern in Barcelona, weshalb Adelita auch Deutsch spricht – neben Katalanisch, Spanisch, Englisch, Französisch und Italienisch. Verständlich, dass solche Menschen nicht leicht zu ersetzen sind. Jetzt, wo ich sie um ein paar Fotos von sich selbst gebeten habe, fällt mir zum erstenmal auf, dass sie selten von den berühmten Leuten sprach, mit denen sie ständig zu tun hatte. Deshalb habe ich auch nie erfahren, dass sie mit Joyce DiDonato außerordentlich nette Emails wechselt. Bis heute abend. Da schickte sie mir auf meine Bitte hin ein paar Schnappschüsse, die Joyce DiDonato von ihr gemacht hat. Einen von ihnen sehen Sie oben. Damit Sie einen weiteren Eindruck von Adelita Rocha, aber auch von der spontan entstehenden Fotokunst einer großen Sängerin bekommen.
[ Fotos: Sanchos Esel, Gemma Pujol (2,3), Joyce DiDonato (4) ]
Ich höre es gerade....
Ich höre es gerade. Zauberhaft. Danke, Dulcinea!
Toll, Dulcinea. Bruno Walter,...
Toll, Dulcinea. Bruno Walter, der Nachbar Thomas Manns am Herzogenpark, mit dem er sechsspännig in die Oper fuhr…. und die spätere Nachbarschaft wieder in den USA, diesmal dramatischer und ohne Pferde, aber mit mehr PS….
O! Sie haben Freude, Virtudes,...
O! Sie haben Freude, Virtudes, das ist schön! Das wird auch mugabarru freuen zu hören. Oder besser gesagt: zu lesen!
Ganz besonders charmant finde...
Ganz besonders charmant finde ich allerdings, wie Don Arturo das Wort „Lied“ ausspricht. Er sagt „Lieth“. Lieth. Wie Madrith. Nur eben: Lieth. Er sagt auch Bruno Balter. Oder Alvan Berr. Ich finde das schön. Wunderbare Radiostimme.
Wissen Sie alle, was ich heute...
Wissen Sie alle, was ich heute beim Einkaufen gedacht habe? Ich habe an einen Blog gedacht. Ich habe ihn direkt vor mir gesehen. Vor dem Waschmittelregal. „Pssst… Dulcinea hört“ müßte er heißen. „Weblog einer Internethörerin“, im Untertitel. Darin würde ich alle Radiostationen der Welt… hm, also gut, sagen wir der deutsch-, spanisch- und englischsprachigen Welt abhören, alle Podcasts anklicken, nächtelang Sendungen, Stimmen, Musik auf mich rieseln lassen. Und dann könnte ich Ihnen davon berichten! Ich könnte Fußballsendungen anhören und vergleichen. Wie viel würden wir über die verschiedenen Länder und Kulturen lernen! Allein daraus! Ich würde die einzelnen Klassikradios beurteilen. Opernsendungen aufspüren. Stimmen vergleichen. Zum Beispiel die Stimmen von Jazzmoderatoren. Wie tief liegen sie (weiblich? männlich?) in den einzelnen Ländern und Regionen? Die Grenzen der Legalität beleuchten. Was brauche ich schon dazu? Ich bin doch ohnehin meist zu Hause! Ich brauche nur das Internet. Wäre das nicht schön? Ich dachte heute vor dem Waschmittelregal fast an eine Berufung: hören. Dem Internet zuhören. O, und aufschreiben, natürlich.
Das sind schöne Gedanken beim...
Das sind schöne Gedanken beim Einkaufen, Dulcinea. Ohne Zweifel. Bitte berichten Sie uns, wenn Sie Ihre Pläne verwirklichen.
Melibea, danke für den link...
Melibea, danke für den link mit dem Hinweis. Schön sie wieder zu lesen.
Dulcinea, Radiohören ist ja wirklich etwas Feines. Vor allem nachts, ganz leise…. Doch zu lange Analysen sind nicht so ganz nach meinem Geschmack. Mir fehlt vielleicht das nötige Niveau.
Ihre Fantasie vor dem Waschmittelregal finde ich ausgezeichnet. Die Waschmittel haben sauber gewaschen, und es ersscheint – fast als wäre es die primigene Farbe – die grosse Berufung. Ich kann mir ihren Blog wirklich gut vorstellen. Heisse Diskussionen um die Stimmen der Moderatoren, sie würden uns Lesern/Hörern dass einige besondere Kleinode bescheren: kurze Jam-sessions oder spontane Aufnahmen während der Proben, mit den Lachern óder Wutanfällen der Teilnehmer….. Dulcinea, gehen Sie bitte einen Schritt weiter, zu den Weichspülern, inspirieren sie sich weiter, und erzählen sie es uns. Bitte.
Fahrenheit 451 für Musik. Und...
Fahrenheit 451 für Musik. Und zwar in zwei Varianten: 1) welches Musikstück würden sie für sich und/oder die Menschheit retten? 2) welches Stück würden sie mit welchem Instrument und/pder Stimme retten? (Aufnahme gelten überhaupt nicht, doch ist EIN Musikinstrument erlaubt – egal ob Kirchenorgel, Flügelklavier oder Flöte.)
Übrigens gelten 2 Instrumente...
Übrigens gelten 2 Instrumente oder 2 Stimmen. Das ist keine freiwillige Entscheidung. Heute kocht die Nachbarprovinz, und sie hat angedroht ich bekäme nichts wenn ich nicht 2 gelten lasse.
Müsste die WG sich eigentlich...
Müsste die WG sich eigentlich nicht schon mit Eleganz auf die Wahl der Endziffer der spanischen Weihnachtslotterie stürzen? Welche Nummer spielen wir?