Gerade erst haben wir an dieser Stelle beschrieben, wie schwer sich der Schach-Sport damit tut, Zuschauer anzulocken. Und dass es nur wenige sehr talentierte Schach-Manager gibt, die entsprechende Events auf den Weg bringen (empfohlen sei nochmal das Interview mit Hans-Walter Schmitt).
Es gab und gibt nun allerdings immer wieder doch einzelne Partien, die in Zugfolgen münden, die beinahe künstlerisch anmuten, die irgendwie phantastisch wirken – und über die man sagen könnte: Viel mehr Zuschauer würden kommen, wenn sie die Garantie hätten, so etwas zu erleben.
Leider gibt es diese Garantie nicht. Zur Wahrheit gehört auch: Oft ist es nicht so, als hätten die Spieler selbst von langer Hand so etwas geplant. Im Gegenteil, das ergibt sich irgendwie. Die obige Stellung ist ein erstaunliches Beispiel, sie ist der Partie Levitsky gegen Marshall entnommen aus dem Jahr 1912. Weiß hat zwar eine Figur weniger, wie zu sehen ist, aber: Die schwarze Dame auf dem Feld c3 ist bedroht und außerdem der Turm auf dem Feld h3. Und dann droht Weiß auch noch, mit seinem Turm von c5 nach c7 zu ziehen und den schwarzen König anzugreifen. Kann Schwarz, der am Zug ist, all das zugleich verhindern oder steht er einfach schlechter?
Die Lösung lautet: Schwarz kann alles verhindern und mit einem Paukenschlag gewinnen, in dem er seine Dame von c3 nach g3 zieht. Dort ist sie zwar gleich dreifach bedroht – die weißen Bauern auf f2 und h2 können sie schlagen und auch die weiße Dame von ihrem Feld g5 aus. Allerdings: Am Ende verliert Weiß in allen drei Varianten. Wenn der Bauer von f2 die schwarze Dame schlägt, folgt Se2+ nebst Txf1 matt. Schlägt der Bauer von h2 aus, setzt Schwarz mit Se2 direkt matt. Und wenn Weiß Dxg3 spielt, folgt Se2+, dann schlägt der Springer die weiße Dame auf g3 mit Schachgebot. Wunderschön!