Gerade ist in Moskau das Gedenkturnier an den früheren Schachweltmeister Michail Tal zu Ende gegangen. Tal hat sich verglichen mit anderen Champions eher kurz auf dem Schachthron gehalten. Gleichwohl ist er einer derjenigen, von denen sicherlich am meisten gesprochen wird – denn sein Stil war nahezu einzigartig: Aggressiv, attackierend, die große Verwicklung suchend. Leute, die einmal gegen ihn gespielt haben, erzählen, wie unglaublich schnell er Kombinationen sah; auch zu fortgeschrittener Stunde und nicht mehr ganz nüchtern.
Auch wenn viele Spieler bis auf Großmeisterniveau gerade heute anders an Schach herangehen, bleibt er eine Orientierung: Jeder würde gerne mal eine Partie spielen so wie Tal. Getan hatte das zum Beispiel der in Kiew geborene französisch-amerikanische Großmeister Nicolas Rossolimo (1910-1975). Die oben gezeigte Stellung entstand nach 17 Zügen in der Partie Rossolimo gegen Livingston und wurde 1961 in New York ausgetragen. Tal hat sie in den von ihm selbst mitverfassten Angriffsschachbuch aufgegriffen.
Ein großes Durcheinander ist entstanden: Der schwarze Turm auf dem Feld d5 greift die weiße Dame auf d1 an und den Läufer auf e5. Außerdem bedroht die schwarze Dame von ihrem Feld h4 aus den weißen Springer auf g5. Und dann stehen beide Könige auch noch einigermaßen unsicher. Was zog Weiß (Rossolimo) in dieser Situation?
Er spielte seinen Bauern von c2 nach c4 – ein wirklich unglaublich anmutender Zug, weil Weiß in diesem Fall sehr viel Material „opfert“. Ohne bis ins letzte Details viele Varianten und Nebenvarianten darzustellen, wollen wir hier einfach zeigen, wie die Partie weiterging: Schwarz zog 18. …Dxg5+ und nahm erst einmal den Springer einfach raus. Es folgte 19. Lg3 Txd1 20. Taxd1 Sd5 21. cxd5 c5 22. b4 c4 23. Td4 e5 24. dxe6 Lxb4 25. Td7 Tb8 26. Tfd1 Le7 27. exf7 c3 28. f8 mit Umwandlung zur Dame. An dieser Stelle gab Schwarz auf.
Klar ist, dass das natürlich sehr schwer komplett zu berechnen ist. Das „Gefühl“, dass der weiße Angriff durchschlägt nach dem Damenopfer, dürfte schon eine Rolle gespielt haben.
Rossolimo gegen Livingstone
Vielleicht 1. Df3.
Wenn 1… Da4 dann 2. c4 Txe5 3. Sxf7
Wenn 1… Dxg5+ dann 2. Lg3 Df5 3. Db3 Tb5 4. Tad1 Sd7 5. Lxb5 cxb5 6. Td5
was der Computer dazu sagt
Ich habe das Spiel nachgesucht und gefunden, dass Weiß 1 c4 zog. Dann habe ich die Stellung dem Computer zu analysieren gegeben.
Eigentlich würde er 1 c4 nicht spielen. Er würde 1.c4 mit 1… Dg5+ 2. Lg3 Txd1 3. Taxd1 und nun 3… Sd7 (und nicht 3… Sd5 wie im Spiel) 4. Txd7 e5 widerlegen.
Der Computer würde meinen vorgeschlagenen Zug (1. Df3) auch nicht spielen weil er 1. Df3 Dxg5 2. Lg3 Sd7 (anstatt meinem Vorschlag 2… Df5) 3. c4 Td6 4. Tad1 sah.
Der Computer bevorzugte 1. Sxf7 Txd1 2. Taxd1 Sd5 3. c4