Berührt, geführt

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Fragen Sie nicht nach dem Tromp!

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Kaum eine Minute alt, hat die Schach-WM ihren ersten Lacher. Titelverteidiger Magnus Carlsen, der die erste WM-Partie mit Weiß spielt (hier können Sie die Züge nachspielen), hat gerade den Läufer nach g5 gestellt.

Der Trompowsky-Angriff, unter englischsprachigen Schachspielern auch bekannt als „the Tromp“. Das klingt fast wie der nächste amerikanische Präsident. Gefragt, ob diese Eröffnungswahl tatsächlich mit Donald Trump zu tun habe, sagt Carlsen hinterher, „hätte ich geahnt, dass ich das gefragt werde, hätte ich anders eröffnet“.

Auf hohem Niveau sieht man den Trompowsky-Angriff, der oft hinausläuft auf den Abtausch eines Läufers für einen Springer, um dafür die bessere Bauernstruktur zu erhalten, und zugleich die theorielastigen „Indischen Eröffnungen“ nach 1. d4 Sf6 2. c4 e6 oder 2. … g6 vermeidet, seit zwanzig Jahren gelegentlich. Vishy Anand spielte so 1998 im Finale der FIDE-WM, als er beim Stand von 2:3 gegen Anatoli Karpow unbedingt gewinnen musste, um ein Stechen zu erzwingen. Anand gewann diese Partie, aber war im Stechen nur ein Schatten seiner selbst. Carlsen hat Trompowsky bei kürzeren Bedenkzeiten öfter gespielt und 2013 in Moskau eine lange Partie gegen Kramnik damit gewonnen. Karjakin wird sich also auf diese Möglichkeit vorbereitet haben.

Im fünften Zug hatte Kramnik 5. … e6 gezogen, Karjakin versucht es mit 5. … Sc6, und nach 6. Lb5 ist nun eine Stellung auf dem Brett, die in der Datenbank noch nicht auftaucht. Der Läuferzug ist also eine Neuerung. Und sie tut Wirkung: Karjakin brütet hier zwanzig Minuten über Varianten wie 6. … Lf5? 7. Sf3 e6 8. Sd4 und 6. … Da5+ 7. Sc3 a6 8. La4 e6 9. Dd4, bis er sich zur soliden Antwort 6. … e6 durchringt.

Hier holt sich Carlsen auf c4 den Bauern zurück, wonach sich Damen, Springer und gleich darauf auch ein Turmpaar abtauschen und ein Endspiel entsteht. Eine gewagtere Möglichkeit für Weiss ist hier 15. e4.

Die weißen Figuren stehen gut, er hat die gesündere Bauernstellung, weil der schwarze h-Bauer vereinzelt ist, und Schwarz ist zu passivem Abwarten verurteilt. Weiß habe eigentlich alles erreicht, aber es ist trotzdem wenig, sagt Carlsen hinterher und meint damit: zu wenig, um es Karjakin wirklich schwerzumachen. Wenn Weiß hier 27. g4 spielt, um nach 27. … fxg4 28. hxg4 mit Tc1-h1 den h-Bauern anzugehen, kann Schwarz auf der c-Linie die Türme tauschen. Carlsen versucht es mit 27. f4, aber wenn der Springer nicht mehr nach f4 kann, zieht der schwarze h-Bauer nach h5, um g3-g4 vorzubeugen.

Hier zieht Carlsen 33. Se5. Mit 33. Sxe7 Kxe7 34. Tc7+ Td7 35. Tc8+ Td8 36. Tc6 Td6 kommt er nicht weiter, weil nach Turmtausch das Bauernendspiel remis ist.

Es ist kein Durchkommen. Als diese Stellung nach 42 Zügen zum dritten Mal auf dem Brett ist, endet die erste Partie (hier zum Durchspielen) wie so oft in Zweikämpfen remis. „Karjakin hat sich gut verteidigt, wie zu erwarten“, fasst Carlsen anschließend den Verlauf zusammen. Auf die Frage, wie er sich für die zweite Partie erholen wird, meint er: „Wenn es nach einer so ereignisarmen Partie ein Problem wäre sich zu erholen, würde etwas nicht stimmen.“ Was er von der zweiten Partie erwartet? „Diese Eröffnung werden Sie morgen nicht sehen.“


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