„Wie ich heute gespielt habe, hat mich überhaupt nicht begeistert“, sagte Magnus Carlsen nach dem siebten Remis. Insbesondere wie er darauf reagierte, nachdem Fabiano Caruana im zehnten Zug überraschend seine Dame zurückzog, sei „viel zu weich“ gewesen. „Das Match steht immer noch gleich, und mit Schwarz läuft es ja gut“, sprach er sich Mut zu. Selbstbewusstsein hört sich anders an. Was ist los mit dem Weltmeister? Ist er nicht bereit loszuschlagen, wenn sich eine Chance bietet? Er könne die Frage gerne auch in Analogie zum Fußball beantworten. „Das macht es nicht besser“, meinte Carlsen und drehte den Kopf weg. Nach 40 Zügen war ein weiteres Remis, diesmal durch dreimalige Stellungswiederholung, perfekt.

Carlsen eröffnete wie in der zweiten Partie mit dem Damenbauern (hier kann man die Züge nachspielen). Es ergab sich erneut ein Klassisches Damengambit mit 5. Lf4. Im zehnten Zug wich Carlsen als erster ab. Statt 10. Td1 zog er 10. Sd2:
Aber schon Caruanas Antwort brachte ihn aus dem Konzept. Der Amerikaner wählte nämlich nicht den Hauptzug 10. … Le7 sondern zog seine Dame nach d8 zurück, von wo sie im vorigen Zug erst hergekommen ist. Quasi eine Einladung, mit 11. Sf3 die Stellung zu wiederholen. Carlsen fiel ins Grübeln. Nachdem er sich zu 11. Sb3 entschlossen und Caruana rasch mit 11. … Lb6 (wieder ist 11. … Le7 der häufiger gespielte Zug) geantwortet hatte, zauderte der Titelverteidiger schon wieder. 12. Td1 bot sich an, doch er zog 12. Le2. Gehadert hat er hinterher aber vor allem mit seiner Entscheidung drei Züge später:
Carlsen zog hier 15. 0-0, was er nachher als Eingeständnis bezeichnete. Dann zeigte er die mögliche Alternative 15. Sce4 Ld7 16. Dc3 Sxe4 17. Sxe4 f6 18. Dxe5 fxg5 19. Lxc4 Tac8 20. Lb3 h6
(Analysediagramm)
und meinte, er habe der weißen Stellung nicht getraut, weil Schwarz das Läuferpaar habe. Dabei schien ihm klar zu werden, dass dies ihm dies weitaus bessere Chancen eingebracht hätte. Ein kleines Ungleichgewicht brachte Carlsen herein, als er hier seinen Läufer gegen den Springer tauschte:
28. Lxg6 hxg6 29. e4 Dc7 30. e5 Dc5+ 31. Kh2 La6 32. Sd6 Dxc3 33. bxc3. Kurz darauf stand es dann so:
Hier wurde allgemein mit 37. g4 gerechnet. Doch Carlsen sah keine Chancen mehr für sich und lud mit 37. Ke3 zur Zugwiederholung ein. Caruana hatte nichts einzuwenden: 37. … Lf1 38. Kf2 La6 usw. bis zum Remis.
Carlsen hat auch aus seiner zweiten Weißpartie in Folge nichts gemacht. Seine Vorbereitung muss sehr oberflächlich gewesen sein. Eine Chance, ein chancenreiches Ungleichgewicht zu schaffen, ließ er verstreichen. Bloß nichts riskieren, scheint seine Devise. Oder das gute Spiel seines Herausforderers fängt schon an, ihn zu zermürben. In New York verlor Carlsen vor zwei Jahren die achte Partie.