Zu Kundus an dieser Stelle nur drei Anmerkungen.
Es war am Mittwoch abend beileibe nicht das erste Mal, dass deutsche Soldaten dort unter Feuer geraten sind und auch zurückgeschossen haben. In Kundus wird tatsächlich in Ansätzen ein Guerillakrieg an die Bundeswehr herangetragen, wie ihn Amerikaner und Briten, Niederländer und Kanadier und andere im Süden und Osten schon geraume Zeit erfahren müssen. Deshalb ist es verfehlt, von „feigen Anschlägen“ zu sprechen, wie es die Minister Steinmeier und Jung reflexartig getan haben. Beides, „feige“ wie „Anschlag“, stimmt nicht. Die aufständischen Kämpfer in Afghanistan mögen verbohrt sein, fanatisch oder fundamentalistisch. Und ganz gewiss ist die Taliban-Ideologie und -Praxis menschenverachtend. Aber feige – das sind sie nicht. Und auch das Wort „Anschlag“ trifft es nicht. Der Hinterhalt vom Mittwoch war ein militärischer Angriff auf die deutschen Soldaten. Und militärisch haben die ja offensichtlich auch reagiert. Das Vokabular, mit dem die Politik in den siebziger und achtziger Jahren den RAF-Terroristen ihren selbstreklamierten Status als „Stadtguerilla“ entziehen wollte, taugt hier nicht.
Das bringt uns zum zweiten: Es ist zu ahnen, dass wir bald erleben können, dass ein Soldat mit der neugestifteten Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet wird. Zu hoffen ist, dass in der Begründung die militärische Leistung hervorgehoben wird und nicht ein Opferstatus die Medaille begründet. Denn das würde den Soldaten nicht gerecht, auch gerade denen nicht, die im Einsatz zu Opfern geworden sind.
Schließlich, was die politische Sphäre betrifft, ist dringend zu hoffen, dass die „schwarze“ Koalitionshälfte nicht einer möglichen Versuchung erliegt, gegen den „roten“ Steinmeier zu sticheln, nach dem Motto: „Schade, dass Steinmeier nicht nach Kundus gefolgen ist, um Solidarität zu bekunden“. Es war gut und richtig, dass sowohl der Außenminister als auch die Kanzlerin gerade im Wahljahr durch ihre Besuche demonstriert haben, dass sie zu dem Einsatz stehen. Aber in dieser Situation hätte die Truppe in Kundus sicherlich nichts weniger gebrauchen können als einen kurzentschlossen einschwebenden, zusätzlich zu beschützenden Minister; weder organisatorisch noch psychologisch.
Dieser Blog-Beitrag entspricht...
Dieser Blog-Beitrag entspricht der Zielsetzung, er ist mit freundlichem Interesse gegenüber den Soldaten und mit kritischem Augenmerk auf die Politik geschrieben.
Es wird höchste Zeit, dass die verantwortlichen Politiker den Tatsachen ins Auge schauen und die Dinge beim Namen nennen. Man darf der Bevölkerung nicht länger vormachen, dass die Taliban feige Mörder sind. Dass die Taliban militärisch organisiert, militärisch geführt, bewaffnet und ausgebildet und entsprechend kriegsführungsfähig sind, wird tagtäglich im Süden Afghanistans und in Pakistan unter Beweis gestellt. Die Taliban führen einen Guerillakrieg, auch gegen die Bundeswehr. Die Tatsache muss politisch verstanden und gegenüber der Bevölkerung vertreten werden. Die undeutliche und verquaste Ausdrucksweise des Generalinspekteurs ist da nur ein unzureichender Beitrag. Die Begrifflichkeit des Verteidigungsministers im Zusammenhang mit Afghanistan lohnt m. E. keinen weitergehenden Kommentar.
Schönreden nutzt nichts, es muss den Realitäten entsprechend verantwortlich gehandelt werden.
<p>Zur...
Zur „Tapferkeistmedaille“:
meine folgende wiederholte Anfrage an das BMVg, beginnend am 8. März 2009, blieb leider ohne Antwort.
„Sehr geehrte Damen und Herren,
das Ehrenkreuz für Tapferkeit wurde vor über sechs Monaten gestiftet und sicherlich seitdem mehrfach verliehen.
Mich interessieren die Kriterien für die Verleihung – z.B. im Heer die Zahl der Patrouillen (gepanzert/zu Fuß) – die Zahl tatsächlich bestrittener Gefechte kann es ja nicht sein -, oder in der Luftwaffe die Zahl durchgeführter Aufklärungsflüge?
Wie können sich Marinesoldaten durch besonders tapfere Taten für die Verleihung auszeichnen?
Bitte teilen Sie mir auch die Zahl tatsächlicher Verleihungen mit, möglichst nach TSK aufgeschlüsselt.
Schließlich interessiert mich das Prestige, das diese Auszeichnung in der Truppe genießt. Vermutlich kann es sich nicht mit dem des früheren, im Zuge der Erhebung gegen Napoleon vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. 1813 gestifteten und 1870, 1914 und 1939 jeweils erneuerten Eisernen Kreuzes (E.K.) messen, wobei ich nicht verkenne, daß Stiftung und Neustiftungen des E.K. nur bei erklärter Gefahr für das Vaterland erfolgten.
Mit freundlichen Grüßen
…“
<p>Meines Erachtens ist die...
Meines Erachtens ist die Wahrnehmung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan in der Öffentlichkeit sehr unterschiedlich zu der offiziellen Haltung der Bundesregierung. Die Bevölkerung weiß doch längst, dass Afghanistan eine neue Dimension darstellt! Allenthalben hört man in den Medien, wie gespannt die Sicherheitslage schon jetzt im Norden ist. Durch Nachrichten aus den anderen Teilen Afghanistans ist bekannt, dass die Gesamtsituation kriegerisch geprägt ist und dass andere Truppenstellernationen täglich in Gefechte verwickelt sind. Unter diesen Nationen sind nicht nur die üblichen Einsatznationen, sondern auch kleinere Staaten, die nach deutscher Wahrnehmung normalerweise nicht mit abenteuerlicher Außenpolitik verbunden werden, wie die Niederlande oder Kanada. Die Bevölkerung weiß also bescheid. Zudem scheint es mir aus der Politik parteiübergreifend eine große Zahl kritischer Stimmen bezüglich der Haltung, insbesondere der Wortwahl der Bundesregierung zu geben.
Vor diesem Hintergrund komme ich zu der (vielleicht naiven) Hypothese, dass ein Umschwung der Bundesregierung hin zu einer offensiveren Politik und Wortwahl in Sachen Afghanistan für selbige nicht nennenswert schädlich oder schwierig wäre. Man könnte neue Notwendigkeiten sehr einfach mit den Taktiken und Erfahrungen unserer Nachbarländer begründen. Auch partei- und wahlkampftaktisch kann ich mir keine Situation vorstellen, in der eine militärische Entscheidung, z. B. Panzerhaubitzen oder Kampfhubschrauber mit entsprechend offensiven Einsatzbefehlen nach Afghanistan zu verlegen, für die CDU bzw. die SPD ernsthaft gefährlich werden könnte. Schließlich sind beide in der Verantwortung. Und gerade wegen der Empfindlichkeit und Fremdheit dieser Themen ist eine nennenswerte politische Ausschlachtung durch Gegner m. E. unwahrscheinlich.
Somit bleibt mir nichts, als die Politik der Bundesregierung als unprofessionell zu bewerten. Eine Schwäche, die sich fatal für die Soldaten auswirkt und die späteres Umlenken von Tag zu Tag schwerer macht. Das Feuergefecht in Kundus wäre ein guter Anlass für eine Umkehr gewesen. Ein neuer Anlass wird sich wahrscheinlich schneller bieten, als es der Bundesregierung gerade recht ist.