Zur Sicherheit

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Von den Alpen bis zum Hindukusch, von der Kieler Förde bis in den Golf von Aden: Die Kräfte der Bundeswehr sind längst über den halben Globus

Tausche Nassfilmfotos gegen Kampfhubschrauber

| 5 Lesermeinungen

Kampfhubschrauber für Kundus hat jetzt der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Arnold, im Gespräch mit der F.A.Z. gefordert (siehe...

Bild zu: Tausche Nassfilmfotos gegen Kampfhubschrauber

Kampfhubschrauber für Kundus hat jetzt der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Arnold, im Gespräch mit der F.A.Z. gefordert (siehe unten). Und das Verteidigungsministerium hat bemerkenswerterweise dies am Montag keineswegs schlankwegs zurückgewiesen, sondern mitteilen lassen: Welches Mittel einzusetzen sei, entscheide der taktische Führer im Einsatz. Und, so die Botschaft weiter: Was der brauche, bekomme er. An diese Behauptung lassen einige Zweifel knüpfen; zumindest für die Vergangenheit stimmt sie nicht. Ein Beispiel: Im nachher bekanntgewordenen Einsatzbericht General Warneckes, der 2007 das deutsche Kontingent führte, sind Desiderata aufgeführt, die nicht oder viel später erst erfüllt wurden. Auch die Angabe des Generalinspekteurs Wolfgang Schneiderhan, der im Verteidigungsausschuss des Bundestages gesagt haben soll, er habe den Einsatz der Schützenpanzer „Marder“ nie untersagt, und mit den Mörsern lasse sich nicht nur Gefechtsfeldbeleuchtung verschießen, stimmt vielleicht im Wortsinn (den wir nicht prüfen können, denn der Ausschuss tagt nicht öffentlich), aber jedenfalls nicht in dem Sinn, dass es keinerlei politisch bestimmte Restriktionen aus der Heimat gebe. Es wäre übrigens auch gar nicht sinnvoll, keine politischen Vorgaben zu machen. Entscheidend ist, dass Auftrag und Mittel in Übereinstimmung zu bringen sein müssen. Und dass dieses Prinzip nicht in Streitereien zwischen Partei A und Partei B oder zwischen Generalinspekteur A und Teilstreitkraftinspekteur B zerrieben wird; von der Finanzausstattung gar nicht zu reden, die mitunter ja auch eine bequeme Ausrede darstellt.

Wie auch immer: Der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Thomas Raabe, hat auch Arnolds Hinweis auf mögliche Unterstützung durch Kampfhubschrauber der Verbündeten aufgegriffen. Der Reihe nach:

Aus der F.A.Z. vom 22. Juni: „Man kann es eigentlich nicht mehr verantworten, die Soldaten in ihre gefährlichen Missionen zu schicken, ohne ihnen den Schutz zu geben, der durch die überlegene westliche Technik möglich wäre“, sagte Arnold dieser Zeitung. Zwar könne notfalls Luftnahunterstützung durch Kampfflugzeuge der Verbündeten angefordert werden; indes wären „das eigentliche Mittel der Wahl“ nach Ansicht Arnolds „vor allem Kampfhubschrauber“. Die Bundeswehr erhält zwar zur Zeit neue Tiger-Kampfhubschrauber, die von der EADS-Tochter Eurocopter hergestellt werden. Neun Stück seien bereits vorhanden, sagte Arnold. Doch gebe es technische Probleme, die einen Transport nach Afghanistan derzeit verhinderten. Daher solle das Verteidigungsministerium Abhilfe schaffen, vorerst aber die Verbündeten bitten, „für ein paar Monate eine Handvoll Kampfhubschrauber für Kundus zu stellen“. Schließlich stelle die Bundeswehr ihrerseits Transportflüge und Aufklärungstornados für die gesamte Afghanistan-Schutztruppe Isaf.

Einen anderen, aber in die ähnliche Richtung deutenden Vorschlag hat die FDP-Verteidigungspolitikerin Elke Hoff im „Tagesspiegel“ gemacht: Angesichts der immer härteren Kämpfe auch in Nordafghanistan mangele es der Bundeswehr dort an Hubschraubern, Infanterie und Luft-Unterstützung in Gefechten, sagte Hoff nach einer mehrtägigen Reise durch das Land dem „Tagesspiegel“ vom Samstag. Zwar könnten die deutschen Isaf-Soldaten bei Bedarf Luftunterstützung von den US-Truppen anfordern. Für eine effektive Bekämpfung der Taliban müsse sich die Bundeswehr aber unabhängig machen. „Wir beschaffen für viel Geld gerade den Eurofighter“, sagte Hoff. „Die können das theoretisch auch.“ (AFP)

Sprecher Raabe sagte dazu am Montag vor der Bundespressekonferenz: Ob Kampfhubschrauber oder „schweres Gerät“ einzusetzen seien, das sollten die militärischen Führer vor Ort entscheiden. „Das, was wir zur Verfügung stellen können, wird geliefert.“ Bisher gebe es eine solche Forderung aber noch nicht. Zu bedenken sei, dass es eines gewissen Vorlaufs bedürfe. Beim Einsatz sei außerdem die Verhältnismäßigkeit der Mittel zu berücksichtigen, und auch der Eindruck, den solche Mittel auf die Bevölkerung machten. „Es ist mir nicht bekannt, dass in der militärischen Führung daran gedacht würde, Kampfhubschrauber einzusetzen.“ So weit, so gewohnt – wobei: den Satz, was man zur Verfügung stellen könne, werde geliefert, werden wir uns merken.

Dann ging Raabe aber doch noch auf die Hubschrauberfrage ein: Der Einsatz der deutschen „Tiger“ setze eine gewisse Ausbildungszeit für Mensch und Material voraus. Jedoch wären die im Einsatzland befindlichen CH-53, obwohl sie Transporthubschrauber seien, auch in der Lage, mit den Maschinengewehren aus den Türen auf den Boden zu wirken. Und außerdem stelle die Bundeswehr Transportflüge für ganz Afghanistan zur Verfügung. Wenn also umgekehrt die Deutschen dringend Kampfhubschrauber von den Verbündeten bräuchten, „kann man davon ausgehen, dass eine solche Fähigkeit zur Verfügung gestellt werden könnte“.

Damit wären also beispielsweise Apache-Hubschrauber gemeint, wie sie die Amerikaner und Briten in Afghanistan haben (wie sie unsere Fotos aus einem Stützpunkt im Süden des Landes zeigen). Aber dass die für einige Monate in Kundus stationiert würden, können wir uns denn doch nicht so recht vorstellen: Braucht man dafür doch noch etwas mehr als nur einen Parkplatz neben dem Hotel. Und für Luftnahunterstützung aus dem Süden oder Osten kommen schon wegen des Anmarschweges die Flugzeuge in Frage. Oder sollte die Debatte über Hubschrauber der Verbündeten den Hintergrund haben, dass sich beispielsweise die Amerikaner mit Kampfeinheiten stärker in Kundus engagieren wollen?

Bild zu: Tausche Nassfilmfotos gegen Kampfhubschrauber

 

(Fotos Stephan Löwenstein, 2008)


5 Lesermeinungen

  1. hhkfdieter sagt:

    Ein erfrischender Blogbeitrag,...
    Ein erfrischender Blogbeitrag, ohne „Hofrethorik“ und „GI-Verbeugungen“, mit eindeutiger Kritik, verständlicher Ironie und Blick für die realen Probleme der Bundeswehr im Einsatz.
    Entlarvt werden in dem Beitrag Herr Arnold als höchstens halbgebildeter „Sicherheitsexperte“, Frau Hoff als weniger kundige Besucherin des Einsatzgebietes und der Generalinspekteur als unentschlossener „Lavierer“, denn zum Einsatz schwerer Waffen in Afghanistan hat er nun wirklich nicht geraten, geschweige denn einen solchen Einsatz durchsetzen wollen – Durchsetzen ist seine Sache ohnehin wohl nicht.
    Der Sprecher des Verteidigungsministers „eiert“ höchst unprofessionell herum, ggf. hat sein Chef ihm den Text redigiert. ( siehe auch: https://www.md-office-compact.de/Minister-Teil3.htm )
    Der wichtige und richtige Satz lautet: „Entscheidend ist, dass Auftrag und Mittel in Übereinstimmung zu bringen sein müssen.“ Dazu muss man natürlich wissen, was man politisch will und dann auch machen muss. Die Finanzausstattung kann dann für diese Große Koalition – wie erlebt – kein Problem mehr sein ( vor allem wenn man im Verteidigungshaushalt die Prioritäten mutig richtig setzt).
    Dazu müsste aber noch vieles geleistet werden. Die Parlamentarier müssen die „Parlamentsarmee“ nicht nur im Munde führen, sondern ihrer Verantwortung für die Soldaten im Einsatz gerecht werden. Dazu gehört auch, dass sie ihre „Feigheit vor dem Wähler“ überwinden und die Bürger mutig und ehrlich über den Charakter des Einsatzes in Afghanistan informieren. Die Bundeswehr ist dort – wie die Soldaten der Verbündeten auch – im Kriegseinsatz. ( siehe auch: https://www.hansheinrichdieter.de/Klartext1,html )
    Wenn unsere Freiheit auch am Hindukusch verteidigt wird, dann brauchen wir dafür auch eine sicherheitspolitische Strategie und ein entsprechendes ressortübergreifendes Konzept. (siehe auch: https://www.hansheinrichdieter.de/Klartext2.html )
    Wenn die Volksvertreter dieser Verantwortung endlich gerecht werden, dann hört solch unsägliches „Gerede“ von Berufenen und ungeschickten „Gesandten“ hoffentlich auf. Dann würde vielleicht auch der Generalinspekteur den Mut finden, seiner Verantwortung als erster militärischer Berater diesbezüglich erkennbar nachzukommen.

  2. Der Beitrag ist wirklich gut....
    Der Beitrag ist wirklich gut.
    Wenn die Amis sich mit Bodentruppen in Kunduz engagieren wäre dies eine Bankrotterklärung der DEU Mission. Wir konnten uns bisher glücklich schätzen den Laden relativ allein(Lead-Nation) zu betreiben. Das aufzugeben würde uns allerdings in eine Reihe mit unseren ebenfalls gescheiterten Verbündeten wie Briten in Helmand, Italiener im Westen und Franzosen in Surabi stellen. Auch die viel gelobten Niederländer sähen ohne die Amis in Uruzgan schlecht aus.
    Bis jetzt führen wir den Norden – hoffen wir das es so bleibt und die richtigen Entschlüsse gefasst werden.
    pi

  3. stoltesa sagt:

    So, so, CH-53 mit Bord-MG als...
    So, so, CH-53 mit Bord-MG als Luft-Boden-Unterstützung. Warum ist da vor Herrn Raabe noch niemand anderes drauf gekommen? Vermutlich, weil nicht jeder Sprecher eines Verteidigungsministeriums seine militärische Halbbildung aus Hollywood-Produktionen bezieht.
    Nun sind die deutschen CH-53 Piloten ja wirklich gut (https://www.myvideo.de/watch/349399/Ch_53_Nazgul). Leider ist der Flieger aber so riesengroß und relativ betrachtet derart unbeweglich, dass sein Einsatz gegen Bodenziele und mit Maschinengewehren sowie Panzerfäusten bewaffnete Kämpfer ein Himmelfahrtskommando im wahrsten Sinne des Worte wäre. Mir fehlt jedes Verständnis für eine derartige Äußerung, wenn sie denn so gefallen ist.

  4. Lobo Malo sagt:

    Guter Artikel! Unseren...
    Guter Artikel! Unseren mittleren Transporthubschrauber – in diesen Gefilden und Temperaturen im langsamen Hoverflug traege wie eine Ente und nicht mit Nacht-/bzw Infrarot Optiken ausgestattet, sondern nur aushilfsmaessig angebrachten MGs an den Tueren und Heckrampe – wuerde nicht nur ein rasches Opfer von feindlichen Infantriewaffen werden, sondern auch keine zweckmaessige Kampfunterstuetzung geben koennen.
    Die „weise“ Entscheidung den brandneuen Kampfhubschrauber nicht – wie beispielsweise die Franzosen – mit einer lenkbaren und allen Optiken ausgestatteten Bordkanone am Bug auszustatten, sondern sich auch lange nach dem Zusammenbruch des WP und einem bekannten neuen Kriegsszenario fuer eine Panzerabwehr-Variante zu entscheiden, zeigt die Unfaehigkeit und mangelnde Weitsicht der damilig verantwortlichen militaerischen Berater. Insbesondere mehrere Generationen an Fuehrern der Heeresfliegertruppe – Namen moechte ich hier ersparen – haben auf ganzer Linie versagt. Heute haben wir ein hochtechnisiertes Geraet, dass immer noch nicht voll einsatzfaehig ist, da zwar der „Tiger“ fliegt aber noch keine „Krallen“ hat, da die Waffenanlage nicht ausreichend funktioniert, die gelenkten Panzerabwehrwaffen aus Geldmangel erst gar nicht beschafft wurden und man ohnehin das teure Spielzeug nicht opfern moechte. Vielleicht waere es doch besser gewesen eine Handvoll Apache AH-64 von den USA zu leasen (so wie es die NL gemacht haben) bzw. wie UK aus dem Tiger-Programm ausgestiegen ist und sich ebenfalls fuer den weitaus leistungsfaehigeren und kampferprobten AH-64 entschieden hat.
    Grundsaetzlich stimme ich der Auffassung zu, dass hier nur eine starke Komponente der Luftunterstuetzung helfen kann, die wir aber weder bei den Heeresfliegern noch bei der Luftwaffe verfuegbar haben. Die Aufklaerungstornados machen sicher einen hervorragenden Job – nur leider interessiert sich niemand fuer die gestochen scharfen Bilder, die immer nur veraltete Situationen zeigen und keine Echtzeitbilder liefern koennen, geschweige denn erkannte Ziele auch bekaempfen zu koennen. Jenseits der Frage nach der rechtmaessigkeit und geltenden ROEs sind unsere Tornados in Afghanistan absolut fehl am Platz und dienen der Luftwaffe lediglich als Tummelplatz der Selbstbestaetigung und Existenzberechtigung sowie als Massnahme der Buendnissolidariaet, die wir jedoch auch anders und besser haetten demonstrieren koennen.
    Die Aussage, dass dem militaerischen Fuehrer vor Ort (hier Kunduz) das gegeben wird, was er braucht, ist natuerlich ein zynischer Witz und damit wird jeder Misssatnd implizit dem Kommandeur vor Ort angehaengt, da er ja angeblich nicht die Kraefte und Mittel angefordert haette. Die Entscheidung, ob schweres Geraet wie Kampfpanzer, Schuetzenpanzer, Haubitzen oder Kampfhubschrauber in das Einsatzgebiet verbracht werden ist ein politische Entscheidung, die im BMVg vorbereitet und initiiert wird. Der alle sechs Monate wechselnde Fuehrer vor Ort ist da voellig machtlos.
    Wir Deutschen haben derzeit bezueglich unserer politischen und militaerischen Fuehrungsleistungen in Deutschland wenig Grund stolz oder zufrieden zu sein – im gegensatz zu den Maennern und Frauen im Einsatz, die wirklich eine Riesenlast schultern und diese fabelhaft tragen. Bravo!

  5. Schon die Überschrift ist ein...
    Schon die Überschrift ist ein großer Wurf! Und alle bisherigen Kommentare insbesondere zu diesem Thema beweisen, daß Stephan Löwenstein mit seinem Sicherheits-Blog offensichtlich eine Lücke entdeckt hat.
    Im Rahmen des Demokratie-Programmes der EU hatte ich von 1992 bis 1999 (zeitweiliger Abbruch aller Kontakte auch mit ehemaligen NATO-Offizieren) Gelegenheit zu vielen persönlichen Gesprächen mit russischen (ehemals sowjetischen) Offizieren, die in Afghanistan als Kommandeure von Hubschrauberverbänden oder als Angehörige der SpezNas (vergleichbar unserem KSK) dienten.
    Daß angesichts der Geographie und Größe des Landes sowohl Transport- als auch Kampfhubschrauber eine entscheidende Rolle bei jeder militärischen Operation spielen, ist einsichtig. Als die Mudschahedin von den Amerikanern eine gegen Hubschrauber wirksame Boden-Luft-Rakete (Stinger) erhielten, war für die Russen klar, daß der Afghanistan-Einsatz so schnell wie möglich beendet beendet werden mußte. – Daß auch eine Handvoll von Hubschraubern (die sowjetischen Hubschrauberzahlen in A. wird die NATO nie erreichen) im Einzelfall Leben retten und ein Gefecht entscheiden kann, bedarf keiner weiteren Begründung. Das Dilemma der verstärkten Luftunterstützung in einem Guerillakrieg wird aber in dem Strategiewechsel deutlich, den die Amerikaner gerade vollziehen: sie wollen wegen der unvermeidlichen Verluste bei Unbeteiligten die Feuerunterstützung aus der Luft so weit wie möglich einschränken, weil sie natürlich die Auswirkungen der „collateral damage“ auf ihre strategischen Ziele richtig einschätzen.
    Und damit sind wir bei dem Kerndefizit, auf das bereits Hans-Heinrich Dieter hinweist: eine Strategie – was wollen wir in Afghanistan erreichen ´- und eine Beurteilung der Kräfte und Mittel, die dafür realistischerweise eingesetzt werden müssen. Eine solche Beurteilung sollte sich auch auf die Erfahrungen anderer stützen, die am gleichen Ort vergleichbare Ziele verfolgt haben.
    Für die Kriege in Afghanistan liegt – leider nur in russischer Sprache – das von meinem Freund Aleksandr Savinkin herausgegebene Werk vor: Afganskiye uroki – wywody dlja budushewo w swete idejnowo nasledija A. E. Snesarewa (Moskau 2003). [Afghanische Lehren . Folgerungen für die Zukunft im Lichte des geistigen Erbes von A.E. Snesarew.] Die Verantwortlichen für die Fortführung dieses Krieges sollten die 896 Seiten dieses Buches lesen.

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